Boeing macht wieder Schlagzeilen – Aktie mit moderatem Minus

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Boeing und die FAA – das war mal die Geschichte einer tiefen, vielleicht etwas zu tiefen Verbundenheit.

Boeing und die FAA – es war einmal …

Die US-Luftfahrtaufsichtsbehörde und der letztverbliebene große Flugzeughersteller der Vereinigten Staaten arbeiteten zeitweise in so blindem Vertrauen zusammen, dass die FAA die Angaben von Boeing kaum überprüfte, sondern weitgehend hinnahm. Sicherheitsbedenken existierten praktisch nicht, Testverfahren wurden ganz auf die Bedürfnisse des großen Arbeitgebers von Seattle abgestimmt, allzu kritische Nachfragen gab es nicht. Vielfach wurden sicherheitsrelevante Hinweise nicht allzu ernst genommen, die Dinge stattdessen locker genommen und einfach durchgewunken.

Diese problematische Praxis kam ans Licht, nachdem 2018 und 2019 zwei fabrikneue Boeing-Maschinen desselben Typs abstürzten – und beide Unfälle auf ein umstrittenes Softwaresystem zurückgeführt werden konnten, für das die Piloten nicht hinreichend geschult worden waren. Entwickelt von Boeing, genehmigt von der FAA wurde die Boeing 737 Max zum Desaster für den Hersteller. Hatte man sich in der Vergangenheit mit hoher Ingenieurskunst einen Namen gemacht, stand bei Boeing seit den 1990ern vermehrt Profitstreben über Sicherheit – und das rächt sich nun auf tragische Weise.

Probleme mit 737 Max reißen nicht ab

Weltweit durften die 737 Max bekanntlich fast zwei Jahre lang nicht abheben, ehe die Flugerlaubnis wieder erteilt wurde. Reihenweise schichteten Airlines ihre Aufträge um, bestellten ihre Jets bei Airbus und stornierten bei Boeing. Auf einigen Reiseportalen kann man bis heute Flüge mit der 737 Max aktiv ausschließen – und das als Laie. Dass Touristen rund um den Globus den Flugzeugtyp überhaupt kennen, mit dem sie möglicherweise reisen, ist neu. Für Boeing ist das eine gefährliche Entwicklung.

Denn obwohl die 737 Max inzwischen wieder rund um den Globus abhebt, reißen die Sicherheitsmängel nicht ab. Eine Behörde schaut nun ganz genau auf die Abläufe bei Boeing: die FAA. Die Luftaufsichtsbehörde will sich nicht noch einmal nachsagen lassen, den heimischen Industrieriesen auf Kosten der Sicherheit der Passagiere zu supporten und bei Mängeln ein Auge zuzudrücken. Diese Zeiten sind erst einmal vorbei – zumal Boeing und seine Maschinen auch regelmäßig neue Gründe zur Beanstandung liefern. Erst Anfang Januar verlor ein Jet im Steigflug ein türgroßes Rumpfteil. Nur durch einen glücklichen Zufall kam dabei niemand ernsthaft zu Schaden.

Probleme mit Sauerstoffmasken: FAA lässt tausende 737 überprüfen

Nun schlägt die FAA erneut Alarm. Ein Problem mit der Sauerstoffversorgung im Notfall sorgt dieser Tage für Schlagzeilen. Weil offenbar mangelhaftes Klebematerial zum Einsatz kam, können die Sauerstoffmasken verrutschen – betroffen sind erneut Flugzeuge der 737-Flotte, sowohl ältere wie auch neuere Modelle werden überprüft, insgesamt 2.600 Maschinen sind betroffen von der Anordnung der FAA.

Bereits am gestrigen Montag hat Boeing für Aufsehen gesorgt: Der Konzern hatte eingeräumt, die US-Regierung im Vorfeld der beiden Abstürze von 2018 und 2019 betrogen zu haben. Seinerzeit hatte Boeing eine gezielte Schulung der Piloten für den Umgang mit der neuen Software als nicht notwendig bezeichnet. Dadurch sollten zusätzliche Kosten für die Airlines eingespart und die 737 Max attraktiver gemacht werden.

Boeing räumt Betrug ein – neue Geldbuße droht

Nach den Abstürzen wurde Boeing angehalten, ein Compliance- und Ethik-Programm umzusetzen. Auch das ist offenbar nicht geschehen, wie sich im Zuge der Ermittlungen zu dem Zwischenfall Anfang Januar herausstellte. Voraussichtlich wird Boeing nun erneut zu einer Strafzahlung von mehr als 240 Millionen Dollar verdonnert – und muss knapp eine halbe Milliarde in Sicherheits- und Compliance-Programme investieren.

Dass die Boeing Aktie in dieser Handelswoche bisher dennoch nur geringfügige Verluste einfliegt, liegt wohl vor allem darin begründet, dass zahlreiche Anleger längst reißaus genommen haben: Seit Beginn des Jahres hat die Boeing Aktie bereits rund ein Viertel an Wert eingebüßt.

Analysten bleiben gelassen

Analysten bewerten das jüngste Schuldeingeständnis und die zu erwartende Geldstrafe zudem als überschaubar – und sehen Potenzial für einen Turnaround. Die Probleme seien inzwischen eingepreist, zudem kommt die Mehrheitsübernahme von Spirit Aerosystems bei Analysten gut an.

Sowohl die US-Investmentbank JP Morgan als auch die kanadische Großbank RBC haben am Montag ihre Einschätzungen aktualisiert – und dabei sowohl die Kaufempfehlungen als auch das Kursziel, das beide Experten bei 210 Dollar ansetzen, bestätigt. Zuletzt war die Boeing Aktie für rund 185 Dollar zu haben.