Shell-Aktie: Klima-Dilemma – so will sich der Konzern reinwaschen!
Klimaschutz und Shell: zwei Begriffe, die in den letzten Jahrzehnten nur schwer miteinander zu vereinbaren waren. Schließlich gilt der Öl- und Gasriese als einer der größten gewerblichen Klimasünder des Planeten.
Schauen Sie: Laut einer wissenschaftlichen Studie des amerikanischen Climate Accountability Institute sind seit 1965 lediglich 20 Konzerne für 480 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent verantwortlich. Das entspricht in etwa 35 Prozent der weltweiten Emissionen.
Einer dieser 20 Konzerne ist Shell. Der Datenauswertung zufolge verantwortet das Unternehmen allein 2,34 Prozent der Emissionen und liegt damit auf Platz 7 – immerhin hinter Saudi Aramco, Chevron, Gazprom, ExxonMobil, National Iranian Oil sowie BP.
Shell und das Klima-Dilemma
Doch die Zeiten, in denen die Konzerne ohne große Widerstände Profit über Klimaschutz stellen konnten, sind vorbei. Vielleicht erinnern Sie sich noch: Vor gut einem halben Jahr wurde Shell in Den Haag dazu verurteilt, seinen CO2-Ausstoß bis 2030 deutlich zu verringern. Klar: Das Urteil ist höchst umstritten und längst noch nicht abschließend rechtskräftig. Dennoch hat es Signalwirkung.
Für Shell ist es ein Dilemma und ein Rennen gegen die Zeit. Auf der einen Seite benötigt der Konzern die fossilen Brennstoffe, um in den nächsten Jahren weiterhin wirtschaftlich relevant zu bleiben. Auf der anderen Seite muss Shell seine Engagements bei ökologischen Technologien voranbringen. Ansonsten drohen dem Unternehmen empfindliche Sanktionen.
Für Sie als Anleger ist das alles andere als eine Randnotiz
Denn: Nur über eine nachhaltige Transformation kann Shell längerfristig lebensfähig bleiben. Natürlich hat das der Konzern längst erkannt. So will man sich beispielsweise im Bereich der Offshore-Windparks engagieren, aber auch Wasserstoff, Biokraftstoffe und Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität angehen.
Einfach wird das natürlich nicht. Für die nötigen Investitionen plant Shell Milliardenausgaben, die man nicht zuletzt mit den üppigen Aktionärsrenditen abwägen muss. Als Anleger sollten Sie das unbedingt auf dem Schirm haben.
Beispiel Wesseling: Big Oil ohne Oil
Wie einschneidend der Umbau des Shell-Konzerns inzwischen ist, zeigt übrigens ein Beispiel aus Deutschland. In Wesseling bei Köln betreibt das Unternehmen eine der größten Ölraffinerien Europas. Nun soll das Werk umgestaltet werden – in Richtung Nachhaltigkeit.
Ab 2025 will Shell die Verarbeitung von Rohöl in Wesseling einstellen. Stattdessen sollen dort unter anderem Wasserstoff oder Biokraftstoffe produziert werden. Erst im Juli hatte der Konzern an dem Standort eine 10-Megawatt-Anlage zur Herstellung von grünem Wasserstoff in Betrieb genommen – der größte Wasserstoff-Elektrolyseur Europas. Jährlich sollen damit bis zu 1.300 Tonnen des klimaschonenden Energieträgers hergestellt werden können.
Doch das soll nur der Anfang sein: Shell plant für Wesseling weitere große Elektrolyseure sowie eine Anlage, in der aus grünem Strom und Biomasse synthetische Flugkraftstoffe und Rohbenzin produziert werden können.
Erst mal zweigleisig
Am benachbarten Standort in Köln-Godorf, der zusammen mit Wesseling den sogenannten „Energy and Chemicals Park Rheinland“ (früher: „Rheinland Raffinerie“) bildet, soll die Ölraffinerie indes auch nach 2025 weiterhin in Betrieb bleiben.
Sie merken: Shell fährt im Ruhrgebiet also erst einmal zweigleisig, was aus ökonomischer Sicht sicherlich naheliegend ist.
Mein Fazit für Sie
Als einer der größten gewerblichen Klimasünder der Welt steht Shell derzeit wie nie zuvor unter Druck. Erst vor wenigen Tagen hat der Konzern deshalb seine Klimaziele verschärft und will bereits bis zum Jahr 2030 seine CO2-Emissionen um 50 Prozent senken. Das bedeutet, dass der Konzern noch weit mehr Geld in Erneuerbare Energie investieren und sich noch schneller von Gas- und Ölprojekten trennen muss.
Dadurch dürften dem Konzern mittelfristig erhebliche finanzielle Belastungen entstehen. Diese Übergangszeit wird die Aktie die nächsten Jahre prägen. Sie als Anleger sollten in Sachen Shell also eher langfristig denken. Früher oder später dürften die ökologischen Assets des Konzerns etabliert und wirklich profitabel sein. Dann könnte Shell sogar zu einem der wichtigsten Player des Klimaschutzes werden.