Nachhaltige Investments: Wirklich sauber oder doch dreckig?
Nachhaltiges Investieren liegt im Trend. Für das zweite Quartal wird das Vermögen, das in ETFs und Fonds mit Nachhaltigkeitsfokus liegt, mit einem Wert von 2.300 Milliarden US-Dollar angegeben. Das ist mehr Geld als alle 40 DAX-Unternehmen zusammen wert sind.
Laut Nachrichtenmagazin SPIEGEL investierten deutsche Anleger jeden zweiten Euro in grüne Anlagen. Am Ende des ersten Halbjahres seien mehr als 360 Milliarden Euro angelaufen, „ein Zuwachs von 240 Milliarden Euro in nur einem Jahr“. Das bedeutet, dass jeder Deutsche knapp 4.500 Euro in Nachhaltigkeitsfonds gesteckt habe, sei es über Aktien, Lebensversicherungen oder die betriebliche Altersvorsorge.
Asset-Manager wie Blackrock oder DWS setzen wie Privatanlegerinnen und Privatanleger ebenfalls den Fokus mehr und mehr auf das Thema Nachhaltigkeit.
Bei allen Befürwortern und Trendsettern werden jetzt jedoch vermehrt kritische Stimmen laut.
Ehemalige Nachhaltigkeitschefs von Blackrock und DWS packen aus
„Wir dürfen den Klimaschutz nicht dem Markt überlassen, das System ist kaputt“, sagt beispielsweise Tariq Fancy, ehemaliger Chefanlagestratege für nachhaltige Investments beim weltgrößten Vermögensverwalter Blackrock. Den Finanzunternehmen wirft er Greenwashing vor, also das Vorspielen von umweltfreundlichen und verantwortungsbewusstem Image ohne Grundlage.
Desiree Fixler, ehemalige Nachhaltigkeitschefin von DWS, kritisiert fehlende Standards in der Branche und bezeichnet Greenwashing als „gefährlichen, schädlichen Betrug“.
Dass Nachhaltigkeit zum Problem wird, hat unterschiedliche Gründe. Zum einen lässt sich Nachhaltigkeit schwer messen. Deshalb kommen verschiedene Analysefirmen auch auf unterschiedliche Werte.
Zum anderen verfügen große Unternehmen über mehr Ressourcen und mehr Geld, um ihre eigene Nachhaltigkeitsbilanz aufzuhübschen. Das verzerrt den Markt und ist zum Nachteil vieler kleinerer Firmen mit geringerer Finanzstärke.
Bessere Performance: Nur ein Traum
Darüber hinaus werben grüne Anlagen mit dem Versprechen, dass nachhaltige Firmen langfristig besser performen als Firmen, die nachhaltige Aspekte außen vor lassen. Das ist jedoch wissenschaftlich gar nicht belegt. Tatsächlich performen aktuell unethische Branchen, wie Tabak, Alkohol oder Glücksspiel, deutlich besser.
Zudem sollten Sie sich folgendes bewusst machen: Selbst wenn nachhaltige Firmen langfristig höhere Gewinne machten, sind diese an der Börse entsprechend höher bewertet und deshalb nicht automatisch ein Garant für eine hohe Rendite.
Zusätzlich verdient dieser Aspekt Beachtung: Durch den Kauf von Aktien wird eigentlich nur Geld zwischen Investorinnen und Investoren getauscht, was nicht direkt in die Firmen fließt, sondern zu einer höheren Bewertung führt. Das ist grundsätzlich vorteilhaft, weil höher bewertete Unternehmen leichter Kapital aufnehmen können.
Letztendlich profitieren die Unternehmen jedoch nur indirekt vom angelegten Geld. Der Nachhaltigkeits-Effekt wäre größer, wenn direkt in ein nachhaltiges Projekt investiert werden würde.
Trotz Kritik sind nachhaltige Investments natürlich auf keinen Fall schlecht. Anlegerinnen und Anleger, die aus moralischen Gründen beispielsweise die Rüstungs- und Ölindustrie ablehnen oder an die Zukunft von Wasserstoff-Energie glauben, sollten weiter in entsprechende Unternehmen, Fonds oder ETFs investieren. Dass nachhaltige Investments eine höhere Rendite bringen und Anlegerinnen und Anleger zudem der Umwelt etwas Gutes tun, ist jedoch leider fragwürdig.