Machtkonzentration auf Agrar-Markt: Mega-Deal angekündigt!
Es sind vier Buchstaben, die unsere Welt maßgeblich prägen: ABCD. Klar, das sind die ersten vier Buchstaben des Alphabets. Sie stehen aber auch für vier konkrete Konzerne, die in der breiten Öffentlichkeit zwar kaum bekannt sind, deren Einfluss aber umso gigantischer ist:
- Archer Daniels Midland
- Bunge
- Cargill
- Dreyfus
Bei diesen Unternehmensgruppen handelt es sich um die mächtigsten Agrarkonzerne der Welt. Diese vier Konzerne verarbeiten landwirtschaftliche Rohstoffe, handeln damit und transportieren die Erzeugnisse rund um den Globus. Zu den Assets gehören Häfen, Hochseeschiffe, Eisenbahnen, Raffinerien, Ölmühlen, Silos und Fabriken. ABCD kommt zusammen auf einen Weltmarktanteil von 70 Prozent, dominiert damit den globalen Agrarhandel und im Endeffekt auch die Versorgung der Menschen und Tiere mit Lebensmitteln.
Agrar-Giganten: Bunge will mit Glencore-Tochter Viterra fusionieren
Nun deutet sich auf diesem Markt eine weitere Machtkonzentration an. Im Mittelpunkt stehen der US-Konzern Bunge und die ebenfalls auf das Agrargeschäft spezialisierte Glencore-Tochter Viterra. Die beiden Unternehmen wollen nämlich fusionieren.
Konkret sollen die Viterra-Aktionäre rund 65,6 Millionen Bunge-Aktien mit einem Gesamtvolumen von 6,2 Milliarden Dollar sowie etwa 2 Milliarden Dollar in bar erhalten. Bunge soll im Gegenzug 9,8 Milliarden Dollar an Schulden von Viterra übernehmen. Insgesamt soll der Deal also einen Wert von circa 18 Milliarden Dollar haben.
Sollte die Fusion gelingen, würde Bunge zusammen mit Viterra näher an die Marktführer Archer Daniels Midland sowie Cargill herankommen und insgesamt den Einfluss des ABCD-Oligopols abermals intensivieren.
Nach Firmenangaben ist Bunge in mehr als 40 Ländern engagiert, verfügt über rund 300 Anlagen und generierte im abgelaufenen Geschäftsjahr einen Umsatz von 67 Milliarden US-Dollar. Viterra kommt in 37 Ländern auf etwa 320 Produktionsstätten und einen Umsatz von 54 Milliarden Dollar. Zusammengerechnet sind Bunge und Viterra für etwa 24 Prozent der weltweiten Maisausfuhren und 21 Prozent der Sojabohnenexporte verantwortlich.
Glencore-Aktie steigt nach Ankündigung
Die Viterra-Muttergesellschaft Glencore jedenfalls hat den Deal energisch vorangetrieben. Konzernboss Gary Nagle hatte immer wieder betont, dass das Agrargeschäft nicht zum Kernbereich des Bergbaukonzerns gehöre, der sich lieber auf die Förderung und den Handel mit Metallen und fossilen Energierohstoffen konzentrieren wolle.
An der Börse wurde die Fusionsankündigung deshalb honoriert. Die Glencore-Aktie stieg daraufhin deutlich an, wie Sie im Chart sehen können (grüner Pfeil, Stand: 15.06.2023, 9:00 Uhr):
Quelle: www.aktienscreener.com
Viterra konnte zwar 2022 wegen der Verwerfungen auf dem internationalen Agrarmarkt infolge des Ukraine-Kriegs von höheren Preisen profitieren und einen Milliardengewinn einfahren. In den Jahren zuvor war es für die Glencore-Tochter aber nicht gerade rosig gelaufen. Der Schuldenberg ist enorm.
Sojabohnen und Rapsöl: Bunge setzt auf Biosprit-Boom
Die Fusion jedenfalls soll neues Potenzial freisetzen und millionenschwere Synergien schaffen. Bunge hat unter anderem das Geschäft mit Sojabohnen und Rapsöl im Visier. Diese Rohstoffe sind wichtig zur Produktion von Biokraftstoffen, die in den nächsten Jahren mit Blick auf die Klimaziele und den Erhalt der Verbrennerfahrzeuge in vielen, gerade asiatischen Volkswirtschaften weiter an Bedeutung gewinnen dürften.
Bunge ist bereits heute der weltweit größte Produzent und Verarbeiter von Pflanzenölen. Durch Viterra würden die US-Amerikaner diese Machtstellung abermals ausbauen.
Mein Fazit für Sie: zu viel Macht?
Ein Selbstläufer ist die Fusion aber nicht. Rund um den Globus dürften Wettbewerbshüter mit Argusaugen auf den geplanten Deal schauen. Beispielsweise haben bereits die kanadischen und argentinischen Kartellbehörden intensive Untersuchungen angekündigt. Allein in Argentinien würde der kombinierte Konzern rund 40 Prozent der Verarbeitungskapazität für Ölsaaten auf sich vereinen.
Ohne Frage: Der Deal steht auf dünnem Eis. Bis es am Ende Klarheit gibt, ob die Transaktion stattfinden darf, könnten laut Experten mitunter Jahre ins Land ziehen. Denn die Folgen dieser Fusion auf den weltweiten Agrarmarkt und damit auch für uns Lebensmittelkunden könnten schlicht gravierend sein. So würde sich die Preissetzungsmacht im ohnehin stark konsolidierten Markt für landwirtschaftliche Rohstoffe auf noch weniger Akteure konzentrieren.
Verengt man den Blick rein auf die Aktien von Glencore und Bunge, wäre der Deal meiner Meinung nach aber ein positiver Schritt. Glencore würde sich einer weiteren Schuldenbaustelle in seinem Portfolio entledigen, um sich noch stärker auf Metalle im Bereich der Energiewende konzentrieren zu können. Bunge wiederum hätte durch die dann noch stärkere Vormachtstellung bei Rohstoffen für Biokraftstoffe einen lukrativen Wachstumshebel in der Hand.