LNG-Aktien, US-Wahl: Ist die Trump-Hoffnung gerechtfertigt?

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Quelle: EIA (https://www.eia.gov/dnav/ng/hist/n9133us2m.htm)

Sie sehen die Entwicklung der US-Exporte von Flüssigerdgas (LNG) seit Mitte der 1990er-Jahre. Deutlich zu erkennen ist das massive Wachstum der Exporte in der zweiten Hälfte der Zehnerjahre und der zusätzliche Wachstumsschub nach dem Corona-Schock bzw. infolge des Ukraine-Kriegs. Heute jedenfalls sind die USA der größte LNG-Lieferant der Welt, noch vor Australien und Katar.

Donald Trump hatte LNG-Boom mit initialisiert

Verantwortlich für den Boom ist auch Donald Trump. Der ehemalige Präsident hatte während seiner Amtszeit eine rasche Expansion und Deregulierung der LNG-Branche in den USA begünstigt, vor allem um das maximale Verkaufs- und Exportpotenzial aus dem heimischen Schiefergas (Fracking) herauszuholen.

Trumps Nachfolger Joe Biden hatte den Boom dann zunächst laufen lassen, stoppte Anfang 2024 aus Umweltgründen aber alle ausstehenden Exportgenehmigungen für Flüssigerdgas, was später wiederum von einem Trump-nahen Bundesrichter gekippt wurde.

US-Wahl: Experten sehen Risiken für LNG-Branche unter Trump

Nun stellt sich angesichts der unmittelbar bevorstehenden Wahl die alles entscheidende Frage: Wie ginge es mit der LNG-Branche weiter, sollte Trump tatsächlich noch einmal ins Oval Office einziehen? Hierzu hat die Nachrichtenagentur Reuters vor wenigen Tagen einen interessanten Bericht veröffentlicht, der sich auf renommierte Experten stützt.

Kurzum: Die Annahme, dass die US-LNG-Branche von einer erneuten Präsidentschaft Trumps nur profitieren würde, könnte zu einfach gedacht sein. Reuters zitiert hierfür Erica Downs, die an der Columbia University im Bereich der globalen Energiepolitik forscht. Die Expertin betonte vor allem die China-Strategie des Republikaners. Trump hatte im Wahlkampf mehrmals eine noch aggressivere Haltung gegenüber der Volksrepublik angemahnt und Zölle in Höhe von 60 % auf chinesische Importe angedroht.

Vergrault Trump die Chinesen als LNG-Käufer?

Sollte Trump tatsächlich eine solch massive Zollsanktion gegen China verhängen, dürften die Chinesen umgehend Gegenmaßnahmen forcieren und dabei möglicherweise die LNG-Lieferungen in den Fokus nehmen, so Downs. Diese zählen immerhin zu den wertvollsten Exporten der USA nach China.

Hintergrund: China hatte 2023 etwa 4 % der LNG-Exporte der USA abgenommen. Hinzu kommen laut dem Reuters-Bericht umfangreiche Langfristverträge, die chinesische Akteure mit den Amerikanern geschlossen haben – mit einem Gesamtvolumen von 28 Millionen Tonnen pro Jahr. Das wäre in etwa das Siebenfache der letztjährigen Käufe.

Laut Erica Downs von der Columbia University könnte China angesichts der unter Trump möglicherweise massiv steigenden Zölle erstens von weiteren Vertragsschließungen mit den Amerikanern im LNG-Bereich absehen. Zweitens könnte China bestehende LNG-Lieferungen einfach an andere Länder durchleiten.

Diese Re-Exporte würden es China ermöglichen, die zusätzlichen Kosten der Zölle zu umgehen und gleichzeitig die Flexibilität der US-amerikanischen LNG-Verträge zu nutzen, um wirtschaftliche Nachteile zu minimieren. Dies könnte jedoch die Handelsbeziehungen zwischen den USA und China weiter belasten und die Risiken für US-amerikanische Exporteure erhöhen.

Interessant ist, dass Trump als Präsident damals bereits die Zölle für chinesische Produkte erhöht hatte, woraufhin die Chinesen wiederum ihre Zölle nach oben schraubten und schließlich auch die LNG-Lieferungen aus den USA temporär einfroren.

Mein Fazit für Sie

Meiner Meinung nach würde die Wahl Trumps den Erdgas-Boom in den USA inklusive LNG zunächst wohl deutlich beflügeln. Die Unternehmen dürften unter Trump nicht nur mehr Erdgas fracken, sondern auch den Bau zusätzlicher LNG-Exportterminals an den Küsten beschleunigen.

Auf der anderen Seite ist die von Reuters zitierte Warnung, die übrigens auch von der Beratungsfirma Rapidan Energy geäußert wurde, nicht von der Hand zu weisen. Die Chinesen wissen ganz genau, wie sie die USA empfindlich treffen könnten, sollte Washington tatsächlich das 60-%-Zoll-Schwert schwingen.

Das Revival der fossilen Energieträger in den USA, deren Produktionswachstum sich Trump im Wahlkampf mit Blick auf die Arbeitsplätze und Konjunkturchancen ganz oben auf die Agenda geschrieben hatte, dürfte China mit aller Macht versuchen auszubremsen. Das Reich der Mitte jedenfalls hätte wohl alle Möglichkeiten, auf die LNG-Lieferungen aus den USA zu verzichten und sich dann Partnern zuzuwenden, die wohl sehr gerne mehr von ihrem Flüssigerdgas nach China verkaufen würden – darunter Katar und Russland.

Es bliebe abzuwarten, inwieweit ein neuer intensiver LNG-Konflikt die entsprechenden US-Aktien wie Cheniere Energy, Venture Global LNG oder Energy Transfer in Mitleidenschaft ziehen würde. So könnte sich zum Beispiel die Planungssicherheit verschlechtern, wenn China als Abnehmer zögerlicher würde. Auch könnte sich der Wettbewerbsdruck verschärfen, wenn andere Lieferanten mehr in den Fokus rücken würden. Hinzu käme eine möglicherweise höhere Preisvolatilität, die sich nicht immer positiv auf die Gewinnmargen und Investitionsentscheidungen der Rohstoff-Anbieter auswirken muss.

Ob die Alternative, also Kamala Harris, für diese Unternehmen eine bessere Wahl wäre, ist jedoch eher unwahrscheinlich. Harris dürfte den eher LNG-skeptischen Kurs von Joe Biden fortsetzen oder gar verstärken und im Oval Office ordentlich Druck von Klima-NGOs bekommen, die ihr im Wahlkampf noch tatkräftig zur Seite standen und grün-orientierte Wähler mobilisierten.