Kreuzfahrtschiffe: Wachstumsmarkt alternative Antriebe
In diesen Tagen reise ich durch Europa und suche für meine Börsendienste neue Hidden Champions – also versteckte Weltmarktführer aus der zweiten Reihe.
Beim Thema Reisen kommen Sie zum Beispiel fast zwangsläufig mit Amadeus IT in Berührung. Die Spanier sind Marktführer im Bereich Reise-Software. Wenn Sie eine Reise buchen, am Flughafen einchecken oder ein Hotel reservieren, arbeitet im Hintergrund sehr oft die Software von Amadeus IT.
Blicken wir heute auf einen anderen Boom-Bereich innerhalb der Reisebranche: In großen Schritten erholt sich die Kreuzfahrtbranche vom Corona-Schock und erreicht sogar neue Rekordzahlen. Nach dem katastrophalen Rückgang von 84% aufgrund der COVID-19-Pandemie sind die Buchungszahlen zwischen 2022 und 2024 rasant gestiegen. Für das Jahr 2025 wird im wichtigsten Einzelmarkt USA ein erneuter Anstieg um 4,5% auf 19 Millionen erwartet. Mit weltweit 35 Millionen Passagieren rechnet der internationale Kreuzfahrtverband CLIA. Längst haben die Zahlen das Niveau vor der Pandemie überschritten.
Glauben Sie deshalb aber nicht, dass nun alle Probleme gelöst wären. Eines betrifft die ökologischen Auswirkungen dieser Urlaubsform: Kreuzfahrtschiffe waren in der Vergangenheit – und sind es zu großen Teilen noch heute – extrem umwelt- und klimaschädlich. Doch eröffnet die Umstellung auf neue Antriebstechnologien auch für Sie als Anleger interessante Chancen.
Diesel und Schweröl sind immer noch Standard
Mehr als 99,5% der Schiffe in der zivilen Schifffahrt werden mit Marinediesel oder Schweröl betrieben. Die Abgase belasten nicht bloß die Umwelt, auch die Passagiere atmen auf Deck, je nach Windverhältnissen, häufiger dicke Luft ein. Immer mehr Hafenstädte beklagen zudem die Feinstaubbelastung durch einlaufende Ozeanriesen. Auch der Ausstoß an klimaschädlichem CO2 ist enorm. Es ist bei aller Beliebtheit nicht zu bestreiten: Die Kreuzfahrtbranche hat ein Problem.
Lediglich ein knappes halbes Prozent nutzt bereits alternative Antriebe wie Flüssiggas (LNG oder LPG), Methanol oder Wasserstoff. Doch allmählich denken die Reedereien um. 20 neue Kreuzfahrtschiffe werden 2025 vom Stapel gelassen, darunter die „MSC World America“ (MSC), die „Star Of The Seas“ (Royal Caribbean) oder „Mein Schiff Relax (Tui Cruises), alle mit LNG-Antrieb.
Wie profitieren Sie als Anleger vom Kreuzfahrt-Boom?
Börsennotierte Kreuzfahrtanbieter wie Carnival und Royal Carribean Cruises gehören zu den Marktführern. Längerfristig fast noch interessanter erscheinen jedoch Unternehmen, die alternative Schiffsantriebe liefern. Dazu zählt das Schweizer Unternehmen ABB, bei dem eines von vier Geschäftsfeldern die Antriebstechnik ist.
2023 präsentierte der Konzern ein völlig neues Antriebssystem namens ABB Dynafin. Es beruht auf einer emissionsfreien Batterie- und Brennstoffzellentechnologie. Hauptelement ist ein elektrischer Hauptmotor, der mit 30 bis 80 Umdrehungen pro Minute ein großes Rad antreibt.
Senkrecht davon gehen mehrere Schaufeln mit jeweils eigenem Motor und Steuerungssystem ab. Das sorgt für einen Vorwärtsschub und ermöglichst eine präzise Lenkung. Damit reduziert sich der Energieverbrauch laut ABB um bis zu 22%. Bis 2050 soll diese Technologie zudem den Ausstoß von Treibhausgasen um mindestens 50% senken.
Ein Technologiekonzern, der solche Antriebe liefert und daneben in Prozessautomation, Elektrifikation und Robotik führend ist, dürfte ein attraktives Investment sein. Die Aktie ist 2024 allerdings um über 30% gestiegen und mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 26 nicht mehr billig. Überteuert erscheint sie dennoch nicht. Warten Sie Kursrücksetzer ab, dann kann sich ein Einstieg bei ABB lohnen.