Kapitalanlage – Aktien oder Immobilien? Oder beide gleichzeitig?
Wieder hohe und weiter steigende Zinsen sind reines Gift für die Baubranche, da Investoren abgeschreckt werden. Die naheliegende Frage lautet also, ob derzeit Immobilien als Kapitalanlage sinnvoll sind. Und falls ja, in welcher Form – indirekt über Immobilien-Aktien (REITs) bzw. offene Fonds oder als Direkt-Investments. Am besten, wir schauen uns dies einmal an.
Baugenehmigungen im Sturzflug
Nach all den Jahren, in denen Milch und Honig flossen, nunmehr die drastische Wende. So sank im ersten Halbjahr die Zahl der Baugenehmigungen zwischen Pinneberg und Passau geradezu dramatisch um 27,2 Prozent (umgerechnet 50.600 Einheiten) im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Im Juni 2023 betrug der Rückgang sogar 28,5 Prozent im Vergleich. Schon jetzt ist klar, dass die Baubranche an Silvester wohl auf ein katastrophal schlechtes Jahr wird zurückblicken müssen.
Die Gründe liegen auf der Hand und sind so einfach wie plausibel. Nach der mehr als zehn Jahre währenden Niedrigst-Zins-Phase steigt der Geldpreis seit Beginn des vergangenen Jahres stark und schnell. Der damalige Push der Inflationsrate, der durch geradezu explodierende Energiepreise infolge des Ukraine-Kriegs massiv angefeuert wurde, zwang die Notenbanken zum Handeln. Sie setzten – gefühlt – unzählige Male ihre Leitzinsen herauf. Bei unzähligen Familien zerplatzen seitdem die Träume von den eigenen vier Wänden, bei Investoren rückte das Ziel, durch eine vermietete Immobilie die spätere Rente aufzubessern, in weite Ferne.
Massiver Zinsanstieg
Jüngst eine aufrüttelnde Meldung in der Presse: Der Preis für Baugeld (bei zehnjähriger Zinsbindung) marschiert stramm in Richtung 5 %. Nüchtern betrachtet ist dies nicht weiter tragisch. Denn die Zinsen liegen nunmehr auf ihrem langfristigen Durchschnittswert von ungefähr 4,5 bis 5,0 %.
Im Jahr 1994, einige Zeit nach der deutschen Einheit, war die Zinslage tatsächlich schlimm. In jenem Jahr kosteten Baufinanzierungen mit zehn Jahren Zinsbindung nahezu 9,0 Prozent. Der Sturzflug der Anleihen-Renditen und damit der Hypo-Zinsen begann vor 15 Jahren, als die Finanzmärkte in Folge der Lehman-Katastrophe richtig durchgeschüttelt wurden und die Notenbanken durch wiederholte und drastische Zinssenkungen für eine Liquiditätsschwemme sorgen mussten.
Zeitweise war Baugeld in Deutschland preiswerter als 1 %. Gebaut wurde, was die Betonmischer hergaben. Oft auch von Menschen, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation nie und nimmer hätten Wohneigentum erwerben dürfen und finanzieren können.
Immobilien-Investments? Ja, aber…
Bei uns in Deutschland scheint Immobilieneigentum symbolisch überfrachtet. So stehen die eigenen vier Wände, um nur einige Beispiele zu nennen, für Unabhängigkeit und Lebensqualität. Überdies – zunehmend in den vergangenen Jahren – für einen sorgenfreien Lebensabend, weil die bei einer entschuldeten Immobilie eingesparten Mieten die gesetzliche Rente aufbessert.
Bei selbstgenutzten Immobilien ist das viel zitierte Milchmädchen oft die Mutter dieses Gedankens. Denn mitunter vergessen wird, dass an Häusern und Wohnungen auf Dauer arg der Zahn der Zeit nagt. Renovierungen, Modernisierungen, Instandhaltungen und nicht zuletzt Umrüstungen auf modernere Energiestandards kosten erfahrungsgemäß viel Geld. Selbst bei schuldenfreien Objekten sind die erhofften Ersparnisse und das damit verbundene Zubrot zur Rente schnell verfrühstückt.
Aber Risiken gibt es auch vorher. Denn wer seinerzeit für – angenommen – 1,5 Prozent finanziert hat und nun zähneknirschend eine Anschlussfinanzierung für um die 5 Prozent akzeptieren muss, bei dem dürfte es an allen Ecken und Enden quietschen.
Investoren wiederum setzen (Mehrfamilien-)Häuser und Wohnungen in der Regel gleich mit stetigen Mieterträgen, Steuervorteilen und der Hoffnung, später – nach Ablauf der zehnjährigen Spekulationsfrist – ihre Objekte mit gutem Reibach und ohne Zugriff des Fiskus‘ verkaufen zu können. Aber auch das ist bisweilen mit Zeit, Geld und sogar Ärger verbunden.
Erfahrungsgemäß ist andauernd etwas zu reparieren, und Mieter werden zunehmend – auch dank ihrer Mitgliedschaft in irgendwelchen Mietervereinen – renitent. Merke: Eine Bundesanleihe ruft nicht mitten in der Nacht an, um sich über einen tropfenden Wasserhahn zu beschweren. Und mittlerweile ist der Nominalzins von Obligationen ähnlich hoch wie die Rendite gut vermieteter Immobilien.
Mangelnde Liquidität
Im Vergleich zu Anleihen, Aktien und Fonds haben „haptische“ Immobilien einen gravierenden Nachteil: Sie lassen sich nicht von heute auf morgen zu Geld machen. Ist der Erlös beim Verkauf von Wertpapieren innerhalb weniger Tage gutgeschrieben, so dauert die Veräußerung einer Immobilie erfahrungsgemäß etliche Monate – momentan angesichts teurer Finanzierungen oft sogar mehr als ein halbes Jahr. Wer, aus welchen Gründen auch immer, ziemlich schnell Geld benötigt, ist mit einer Immobilie nicht unbedingt gut bedient.
Wenn es also eine Immobilie zur Kapitalanlage sein soll, welche Möglichkeiten haben Anleger? Tatsächlich gibt es einige Alternativen.
Alternativen zu „direktem“ Immobilieneigentum
Wer bei seiner Vermögensstrategie Wert auf Immobilien legt, weil er regelmäßige Einnahmen will oder gar braucht, muss nicht gleich im halben Dutzend Wohnungen oder sogar Mehrfamilien-Objekte kaufen. Es geht auch ähnlich ertragreich, aber bequemer und sogar unter der Beachtung der Liquidität, sobald ein (Teil-)Verkauf dringend nötig ist. Diese Immobilien-orientierten Investments kommen infrage:
- Offene Immobilienfonds
- An der Börse notierte Immobilienaktien aus Deutschland, um Währungsrisiken auszuschließen
- US-amerikanische REITs (Real Estate Investment Trusts), die eine oft überdurchschnittliche Dividenden-Rendite bieten und die Gewinnbeteiligung in der Regel einmal im Quartal ihren Anlegern überweisen
- Immobilien-ETFs. Hier gibt es etliche am Markt, emittiert etwa von iShares, HSBC, Amundi oder Lyxor. Darin enthalten nicht nur reinrassige Immobilienaktien, sondern auch Immobilien-nahe Unternehmen wie Finanz- oder sonstige Dienstleister.
All dies sind mögliche Alternativen für Investoren, die eine vergleichsweise pflegeleichte Variante des Immobilienvermögens bevorzugen.