Glücksspiel Staatsvertrag – Die Zocker kommen
Seit 1. Juli 2021 gilt in Deutschland der neue Glücksspiel Staatsvertrag. Die Anbieter von Online-Zocks wittern Morgenluft. Ob das deren Aktien tatsächlich hilft?
Glücksspiel – Auch in Deutschland ein Milliarden-Markt
So verrückt wie die Briten sind die Deutschen zweifellos nicht. Auf der anderen Seite des Ärmelkanals wettet fast jeder – auf alles Mögliche und scheinbar auch Unmögliche. Gern auf Sportergebnisse – den Ausgang von Fußball-, Cricket-oder auch Rugby-Spielen. Und auch Pferde- oder Windhundwetten sind bei den Briten traditionell so beliebt wie warm-labbrige Tomaten sowie Ham & Eggs zum Frühstück.
Die US-Amerikaner wiederum zocken gern auf Spiele oder Ereignisse rund um die NFL (National Football League) – Skurriles inklusive. Im September des Jahres 2019 zum Beispiel standen sich die beiden NFL-Teams Buffalo Bills und New England Patriots gegenüber. Buchmacher nahmen in den Wochen zuvor Wetten an, ob während des Spiels ein Dildo auf den Rasen fliegen würde – das war nämlich in den Jahren zuvor schon dreimal passiert. Wer darauf setzte, erwartete eine Buchmacher-Quote von 1,71. Wir dagegen wettete, erhielt eine Quote von 2,00.
Glückspielmarkt Deutschland
Von solchen Verrücktheiten sind Deutschlands Wett-Eiferer noch um einiges entfernt. Dennoch mögen es die Menschen zwischen Pinneberg und Passau offenbar, ihr Glück zu versuchen. Im vergangenen Jahr setzte die Glücksspiel-Branche in Deutschland und 50 Milliarden Euro um – der Löwenanteil entfiel auf Lotto & Co., stationäre Casinos und Spielautomaten.
Doch da Internet-Glücksspiele nun weitgehend legal sind, werden sich insbesondere ausländische Unternehmen ein ordentliches Stück vom Kuchen abschneiden (wollen). Entweder, indem sie den staatlichen Lotteriegesellschaften Marktanteile und somit Umsätze abnehmen. Oder aber, weil aufgrund der Freigabe der Gesamtmarkt wächst und das Plus überwiegend auf die Anbieter von Internet Glücksspielen entfällt.
Ob dies alles stressfrei abläuft, sei einmal dahingestellt. Denn „der neue Online-Casino-Markt bietet viele Chancen. Gleichwohl sind aber auch die Risiken nicht zu übersehen“, erklärt Timo Weber, Gründer von GambleBase.
Wer sind denn nun die großen, zugleich börsennotierten Anbieter von Internet-Zockereien, die wohl mit Wucht auf den deutschen Markt drängen werden? Und wie sind deren Aktien einzuschätzen?
Welche Glücksspiel Aktien haben Potenzial?
Die Aktien einiger Unternehmen, falls diese denn im deutschen Glücksspiel-Markt Fuß fassen, könnten durchaus profitieren. Einige werde ich jetzt beispielhaft nennen, ohne dabei allerdings allzu sehr in die Tiefe zu gehen. Zudem möchte ich Ihnen meine Meinung zu den gleich folgenden Werten nicht vorenthalten. Im Einzelnen:
Bet-at-home (WKN: A0DNAY): Das Unternehmen hat vor wenigen Tagen die Prognose für das laufende Geschäftsjahr erhöht, konkret den „Brutto-Wett-und-Gaming-Ertrag“. Nach zuvor geschätzten 45 bis 50 Millionen Euro sollen nunmehr 52 bis 54 Millionen Euro erlöst werden. Begründet wird dies mit den positiven Impulsen der FIFA Fußballweltmeisterschaft auf das Sportwett-Geschäft. Meine Meinung: Kein Kauf, denn der Einmaleffekt „FIFA-WM“ dürfte schon bald verpufft sein.
888 Holdings (WKN: A0F640): In den vergangenen zwölf Monaten hat sich der Aktienkurs geviertelt. Längst vorbei die Euphorie während der Coronazeit, in der viele Menschen ihre Wohnungen nicht verlassen konnten oder wollten. Was die Aktie angeht: Greife nie in ein fallendes Messer. Deshalb für mich kein Kauf.
Full House (WKN: A0D8KQ): Endlich eine Zocker-Aktie, mit der Investoren längerfristig Geld verdienen konnten. In den vergangenen zehn Jahren immerhin knapp 140 Prozent kumuliert. Die kürzere Performance sieht allerdings nicht so blendend aus. Auf Sicht der vergangenen zwölf Monate beträgt das Minus knapp 22 Prozent, im laufenden Jahr steht die Aktie sogar mit nahezu 40 Prozent knietief in den roten Zahlen.
Meine Meinung: Spekulanten können jetzt zugreifen. Seit dem historischen Kurs-Hoch bei rund 12,5 US-Dollar haben die Papiere vorübergehend mehr als die Hälfte eingebüßt. Die Trendwende nach oben scheint mittlerweile gelungen. Bei Kursen um die 7,30 Dollar scheinen behutsame Käufe angemessen.
Flutter Entertainment (WKN: A14RX5): Der irische Glücksspiel- und Sportwettenanbieter ist im dritten Quartal des laufenden Geschäftsjahres deutlich gewachsen. Die Prognose für das gesamte Jahr wurde spürbar erhöht. Der Turnaround scheint also gelungen, was auch das drastisch gefallene Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) seit dem Jahr 2020 signalisiert. Damals hatten wir noch ein KGV von knapp 520, für das kommende Jahr schätzen Analysten im Konsens nur noch 30. Meine Meinung auch hier: spekulativ durchaus kaufenswert.