Lehman Brothers-Effekte: Auch 15 Jahre danach noch präsent
Auf den Tag genau 15 Jahre ist es nun her. Damals war es ein Montagmorgen, der die Finanzwelt erschütterte und dessen Nachwirkungen bis heute zu spüren sind: Die US-Regierung hatte sich dazu entschieden, Lehman Brothers pleitegehen zu lassen.
Jahrelange globale Krise nach Lehman-Pleite
Was folgte, war ein globaler Dominoeffekt: Bankenpleiten und Fusionen, verlorenes Vertrauen, Kunden, die massenweise Geld von den Konten abzogen, Kreditausfälle, staatliche Rettungsaktionen. In den USA folgte eine beispiellose Immobilienkrise, weil Hausbesitzer ihre Kredite nicht mehr bedienen konnten. In Europa gerieten zahlreiche Staaten in wirtschaftliche Schieflage. Besonders dramatisch war damals die Lage in Griechenland, das mehrfach vor der Staatspleite stand und mit der verhassten Troika aus Vertretern von Europäischer Union, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds über Hilfsmilliarden und Reformbedingungen verhandeln musste.
Es kam zu etlichen Zusammenschlüssen von Geldhäusern, und zu einer Liste von Banken, die als „systemrelevant“ eingestuft wurden: Sie sind so groß, dass sie nicht pleitegehen dürfen – andernfalls droht das gesamte globale Finanzsystem zu kollabieren. Um die Risiken einzudämmen, werden inzwischen regelmäßig sogenannte Stresstests durchgeführt, um herausfordernde Szenarien zu simulieren und die Widerstandskraft der Banken darauf zu testen. Unter anderem müssen höhere Eigenkapitalquoten nachgewiesen werden, insgesamt sind die einst entfesselten Finanzmärkte wieder etwas strengeren Regulierungen unterworfen.
„Too big to fail“ – eher Regel als Ausnahme
Dennoch warnen Ökonomen immer wieder davor, dass aus der Finanzkrise, die vor 15 Jahren ihren Anfang nahm, zwar Konsequenzen gezogen wurden – aber längst nicht alle bekannten Fallstricke ausgeräumt werden konnten.
So wurde in Europa zwar ein Abwicklungsmechanismus entwickelt, der im Falle einer Bankenschieflage greifen soll, um weitere Dominoeffekte zu vermeiden. Doch als im Frühjahr die Schweizer Großbank Credit Suisse tatsächlich in Not geriet, wurde der Mechanismus geflissentlich ignoriert. Stattdessen sprang einmal mehr praktisch über Nacht der Staat zur Seite und forcierte den Zusammenschluss mit der konkurrierenden UBS. Im Ergebnis sind damit erneut zwei große Geldhäuser zu einer Mega-Bank fusioniert, die noch stärker „too big to fail“ ist, als es UBS und Credit Suisse zuvor bereits waren.
EZB hebt Leitzins erneut an – höchstes Zinsniveau seit Lehman-Pleite
Wie einschneidend die Lehman-Pleite als Referenzpunkt bis heute ist, zeigt sich auch immer wieder im Tagesgeschehen an der Börse. So stand bei Dax-Anlegern in dieser Woche die neuerliche EZB-Zinsentscheidung ganz oben auf der Agenda. Wie von den meisten erwartet, blieben die Notenbanker ihrer bisherigen Linie treu und erhöhten den Leitzins in der Eurozone abermals um 0,25 auf nun 4,5 Prozent. Es ist die zehnte Anhebung in Folge – und der Leitzins steht damit auf dem höchsten Niveau seit der Lehman-Pleite.
Die nie dagewesene Ära der Niedrig- und Nullzinspolitik, die damals ausgelöst wurde und für mehr als ein Jahrzehnt vor allem die Aktienmärkte in Schwung hielt, ist endgültig beendet. Die zuletzt tendenziell sinkende, aber immer noch viel zu hohe Inflation im Euroraum einzudämmen, hat aus Sicht der EZB Priorität. Dennoch rechnen viele Beobachter damit, dass die Währungshüter nunmehr eine Pause bei den Zinsschritten einlegen könnten, um die Wirtschaft nicht zu sehr zu belasten – immerhin befindet sich mit Deutschland die größte Volkswirtschaft der Eurozone mitten in einer Rezession, deren Ende noch nicht in Sicht ist.