Volkswagen senkt Absatzprognose – Anleger senken Aktienkurs

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Durchwachsene Nachrichten gab es zuletzt aus Wolfsburg. Am selben Tag, an dem Mercedes-Benz mit soliden Quartalszahlen punkten konnte und Analysten sich voll des Lobes für die Stuttgarter zeigten, legte Europas größter Autokonzern Volkswagen eine Zwischenbilanz vor, die weit weniger Anlass zur Freude bereithielt.

Umsatz und Gewinn gesteigert – aber unter Erwartungen

Zwar konnten Umsatz und Gewinn gesteigert werden, verfehlten aber zum Teil deutlich die Erwartungen der Analysten. So kletterte der Quartalsumsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um gut 15 Prozent von 69,5 auf nunmehr 80 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis vor Sondereinflüssen stieg zugleich von 4,7 auf 5,6 Milliarden Euro, lag damit zwar knapp ein Viertel über dem Vorjahreswert, blieb aber unter den Markterwartungen.

Alarmierend bewerteten Börsianer zudem den Netto-Cashflow, der im Kerngeschäft Automobile auf 226 Millionen Euro zurückfiel. Auch das Ergebnis nach Steuern fiel schwächer aus als im Vorjahreszeitraum.

Ambitioniertes Absatzziel kassiert

Zudem musste Konzernchef Oliver Blume auch ein Jahresziel kassieren: Das bisherige Absatzziel von weltweit rund 9,5 Millionen Autos wird in diesem Jahr nicht zu halten sein. Stattdessen rechnet der Konzern nun mit 9 bis maximal 9,5 Millionen Fahrzeugen, die weltweit im Verlauf des Jahres an die Kunden ausgeliefert werden.

Damit reagierte der Vorstand auf die schwächelnden Absatzzahlen im ersten Halbjahr. Diese hatten mit 4,4 Millionen Autos zwar 13 Prozent über den ersten 6 Monaten des Vorjahres gelegen, entwickelten sich aber ausgerechnet in China rückläufig. Der wichtigste Einzelmarkt entwickelt sich für den VW-Konzern zunehmend zur Problemzone.

China-Problem und Elektro-Ladenhüter

Bei der Aufholjagd in der Volksrepublik haben die Wolfsburger bereits aufgegeben. Man hat offenbar eingesehen, dass man scheitern wird an dem ursprünglichen Ziel, größter Autobauer in China zu werden. Stattdessen begnügt man sich nun mit einem Platz in den Top 3.

Das China-Problem ist eng verknüpft mit einer anderen großen Sorge der Wolfsburger: Im Bereich Elektromobilität hakt es gewaltig. Die wenigen Elektromodelle, die bereits auf dem Markt sind, finden kaum Kundschaft. Wer sich für den Kauf eines Stromers interessiert, greift stattdessen meist zu Tesla, dem Pionier und Marktführer im Segment Elektromobilität.

VW bekommt keinen Fuß auf den chinesischen Elektro-Boden

Chinesische Käufer orientieren sich zudem meist an heimischen Herstellern. Allen voran BYD konnte seine Marktposition in den vergangenen Monaten deutlich ausbauen und setzt sich zunehmend von Volkswagen ab. Im ersten Halbjahr haben die Wolfsburger in China insgesamt 971.000 Autos verkauft, über alle Antriebsarten hinweg. BYD kam im selben Zeitraum bereits auf mehr als 1 Million ausgelieferter Fahrzeuge.

Auch die Rechnung „Value over Volume“ geht nicht auf. Eigentlich sollte der Fokus stärker auf der Rendite und weniger auf den reinen Verkaufszahlen liegen, doch ausgerechnet im Pkw-Geschäft ist die operative Rendite zuletzt gesunken von 10 auf nur noch 6,7 Prozent. Zur Erklärung verweist der Konzern auf gestiegene Produktionskosten.

Kooperationen mit China-Partnern werden ausgeweitet

Die operative Rendite der Kernmarke VW soll bis 2026 auf 6,5 Prozent gesteigert werden. Im vergangenen Jahr lag der Wert bei 3,6 Prozent. Um die ambitionierten Ziele zu erreichen, plant der Konzern Einsparungen und Effizienzsteigerungen in einem Volumen von rund 10 Milliarden Euro.

Um das Chinaproblem in den Griff zu bekommen, sollen zudem Kooperationen mit dortigen Herstellern gestärkt werden. Die Kernmarke soll künftig mit Xpeng zusammenarbeiten, um die Bereiche Elektromobilität, Software und autonomes Fahren voranzutreiben. Die ebenfalls zum Konzern gehörende Premiummarke Audi erweitert zudem ihre Kooperation mit dem chinesischen Partner SAIC.

VW Aktie unter Druck – Anleger entsetzt, Analysten zuversichtlich

VW hat insgesamt dringenden Nachholbedarf in Sachen E-Mobilität und muss vor allem in China die Bedürfnisse und Wünsche seiner Kundschaft besser verstehen. Autokäufer in der Volksrepublik ticken anders als in Europa oder den USA. Die engere Zusammenarbeit mit ortsansässigen Partnern sollte dabei hilfreich sein.

Anleger reagierten unterm Strich wenig erfreut auf die Halbjahresbilanz und trennten sich im Anschluss von der VW Vorzugsaktie, die zum Wochenausklang hin deutlich Federn lassen musste. Optimistischer zeigten sich dagegen einige Analysten. Unter anderem garniert die Deutsche Bank ihre aktuelle Kaufempfehlung mit einem Kursziel von satten 190 Euro. Zuletzt war das Papier für rund 120 Euro zu haben.