BGH-Urteil: VW kann nächstes Dieselkapitel abschließen

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Es sind gleich zwei Schlagzeilen, mit denen Volkswagen zum Wochenauftakt einmal mehr für Schlagzeilen sorgt: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat an diesem Montag ein Grundsatzurteil zum Thema Schadenersatz für getäuschte Dieselfahrer gefällt und die eigenen Händler machen dem Konzern immer mehr Druck wegen technischer Mängel beim neuen Golf.

Doch der Reihe nach: Die für die breite Öffentlichkeit wesentlich bedeutsamere der beiden Meldungen ist das Urteil des BGH. Dieses entspricht weitgehend den Einschätzungen der Vorinstanzen und unterstreicht den Anspruch der Dieselkunden auf Schadenersatz.

Schadenersatz ja – aber nicht in voller Kaufpreishöhe

Wer vor Bekanntwerden des Skandals um manipulierte Abgaswerte 2015 ein Dieselfahrzeug im guten Glauben erworben hat, damit ein besonders umweltfreundliches und langlebiges Auto zu fahren, soll nun Geld zurückbekommen von Volkswagen. Allerdings wird nicht der volle Kaufpreis erstattet, sondern die bereits gefahrenen Kilometer werden angerechnet.

Für die Kläger ist das Urteil dennoch ein großer Erfolg: Sie müssen sich nicht mit einem vergleichsweise mickrigen Betrag zufriedengeben, den Volkswagen einst seinen Kunden angeboten hatte, um die Causa schnell vom Tisch zu bekommen.

VW bietet Kunden Einmalzahlung an

Letzteres liegt allerdings weiterhin im Interesse des Konzerns. Man hatte in Wolfsburg mit dem Urteil offenbar bereits gerechnet. Unmittelbar im Anschluss kündigte das Unternehmen an, auf die betroffenen Kunden mit dem Angebot einer Einmalzahlung zugehen zu wollen, sodass die Angelegenheit zügig geregelt werden kann und nicht jahrelang durch etliche Instanzen gefochten werden muss.

Es ist wohl davon auszugehen, dass ein nicht unerheblicher Anteil der geprellten Dieselfahrer auf das neuerliche Angebot eingehen wird, das sich nun an den Vorgaben des BGH orientieren und somit wesentlich höher als bislang ausfallen dürfte. Bereits früh im Zuge des Skandals hatten sich Kunden in Europa und Deutschland als Autokäufer zweiter Klasse gefühlt, da Volkswagen seinen US-Kunden großzügige Schadenersatzsummen zudachte, während hiesige Verbraucher leer ausgehen sollten. Doch damit hat sich Volkswagen offensichtlich verkalkuliert.

VW Aktie: Anleger nicht überrascht

Immerhin: Auch an den Aktienmärkten zeigten sich Anleger wenig überrascht von dem heutigen Urteil, die VW Aktie notierte im Anschluss nur leicht im Minus. Der Dieselskandal hatte seinerzeit die Aktie beispiellos abstürzen lassen und dem zeitweise weltgrößten Automobilhersteller einen herben Imageschaden zugefügt. Bereits vorige Woche war der Prozess gegen hochrangige VW-Manager, darunter den früheren VW-Markenvorstand und heutigen Konzernchef Herbert Diess, eingestellt worden. Der Vorwurf der Marktmanipulation ließ sich offenbar nicht stichhaltig nachweisen. Damit und mit dem heutigen BGH-Urteil sind zwei wesentliche Kapitel in der Aufarbeitung des Skandals abgeschlossen.

Leichter wird es für Volkswagen jedoch erst einmal nicht: Die Corona-Pandemie trifft die Autobranche hart. Hinzu kommen technische Mängel ausgerechnet mit der neuesten Generation des Kassenschlagers Golf, die wohl vor allem auf Software- und Elektronikprobleme zurückzuführen sind – also jene Bereiche, die als zukunftsweisend für die gesamte Branche gelten.