Thyssenkrupp will U-Boot-Tochter an die Börse bringen
Das, was es zuletzt zu Thyssenkrupp zu lesen gab, war alles andere als erbaulich. Noch im Januar titelte die Börsenzeitung „Thyssen-Aktionäre auf den Barrikaden“.
Hauptversammlung noch im Streit mi den Aktionären
Auslöser war die bevorstehende Hauptversammlung des Stahlkonzerns. Das im Vorjahr gegebene Versprechen, endlich ins Handeln zu kommen und das Image des „Ankündigungsweltmeisters“ abzulegen, wurde vom Vorstand im vergangenen Geschäftsjahr allenfalls ansatzweise eingelöst.
Kritik hatte sich damals zum einen am weiterhin ausstehenden Portfolioumbau festgemacht. Zum anderen blieb aber auch die operative Leistung im vergangenen Geschäftsjahr erneut hinter den Erwartungen zurück. Unterm Strich stand da ein Konzernverlust von 1,5 Milliarden Euro. Dennoch soll eine Dividende von 0,15 Euro je Aktie ausgeschüttet werden – eine Entscheidung, die bereits im Vorjahr bei Teilen der Aktionäre für Unmut gesorgt hatte.
Aktie seit Jahresbeginn bereits um 85 Prozent im Plus
Wenn Sie nun aber, nur wenige Wochen später, einen Blick auf den Aktienkurs des Essener Konzerns werfen, werden Sie sich wundern. Mehr als 85 Prozent hat der Aktienkurs seit Jahresanfang zugelegt und ist damit einer der besten Aktien auf den deutschen Kurszetteln. „Woran liegt das?“, werden Sie sich fragen.
Die Antwort findet sich weniger in Essen als in Kiel. Dort nämlich ist die Thyssenkrupp Marine Systems, kurz TKMS, angesiedelt, eine 100 prozentige Tochter von Thyssenkrupp und Spezialist für den U-Boot-Bau. Und U-Boote stehen, wie alles Militärische, gerade hoch im Kurs. Dies liegt an der massiv gestiegenen Nachfrage nach U-Booten. Nach Angaben eines Firmensprechers ist TKMS bis Anfang der 2040er-Jahre ausgelastet.
Profitabler Auftrag der Marine
Allein im Dezember letzten Jahres hatte der Haushaltsausschuss des Bundestags den Bau von vier weiteren U-Booten der modernen Klasse 212CD für die deutsche Marine bewilligt. Das Auftragsvolumen der Boote liegt bei 4,7 Milliarden Euro. Und dass TKMS mit dem Auftrag auch gehörig verdienen wird, steht außer Frage.
Dass sich die Thyssenkrupp-Aktie ausgerechnet jetzt so gut entwickelt, liegt an einer strategische Entscheidung des Thyssenkrupp-Vorstands: Dieser plant nämlich, seine Marine-Sparte noch im Kalenderjahr 2025 als eigenständiges Unternehmen an die Börse zu bringen. „Dafür bereiten wir auch eine außerordentliche Hauptversammlung vor“, sagte Thyssenkrupp-Vorstandschef Miguel López unlängst in einem Interview.
Thyssenkrupp will die Mehrheit behalten
Das Ruder am U-Boot-Unternehmen will der Industriekonzern aber nicht aus der Hand geben. Vielmehr ist vorgesehen, TKMS-Aktien auszugeben, die die Thyssenkrupp-Aktionäre direkt in ihr Depot gebucht bekommen. Damit behält Thyssenkrupp die Mehrheit, also mindestens 51 Prozent der Stimmrechte.
Dies zeigt einmal mehr, dass die Summe der Einzelteile mehr sein kann als das Ganze. Aktionäre sollten aber im Auge behalten, dass die Muttergesellschaft schon seit langer Zeit keine Gewinne mehr erzielen konnte. Und auch, dass der letzte Börsengang aus dem Thyssenkrupp-Konzern, die Wasserstofftochter nucera, ziemlich übel gescheitert ist. Mehr als zwei Drittel ihres Wertes hat nucera seit dem Börsengang vor nicht ganz zwei Jahren eingebüßt. In Essen gibt es immer noch viel zu tun.