Warum diese deutsche IT-Aktie plötzlich im Rampenlicht steht
Würde ich Sie jetzt nach dem größten deutschen Software-Player fragen, wäre die Antwort bestimmt sehr schnell gefunden: SAP. Doch viele Deutsche hätten wohl Probleme damit, auch die dahinterliegenden Ränge zu benennen. Kein Wunder, schließlich gilt Deutschland nicht gerade als Eldorado für große börsennotierte IT-Konzerne.
Heute wollen wir uns auf einen Hinterbänkler konzentrieren und müssen dafür gar in die dritte deutsche Börsenliga (SDax) absteigen. Kurzum: Es geht um die Software AG. Das Traditionsunternehmen aus Darmstadt hat nämlich vor wenigen Tagen sein Schattendasein erst einmal überwunden und steht plötzlich wieder im Rampenlicht.
Kurswahnsinn bei Software AG
Wie Sie im Chart sehen können, verzeichnete die Software-AG-Aktie am Montagvormittag ein Plus von knapp 50 Prozent auf rund 30 Euro (Kursstand: 24.04.2023, 10:30 Uhr, Börse Stuttgart).
Die seit Sommer 2022 angehäuften Kursverluste waren damit wie auf einen Schlag fast getilgt. Frühere Höchstwerte blieben aber trotzdem weit entfernt. Im Januar 2018 war die Aktie noch mehr als 48 Euro wert.
Was macht die Software AG eigentlich?
Bevor wir uns die Hintergründe zur neuen Kurseuphorie anschauen, zunächst ein paar grundlegende Infos für Sie: Die Software AG bietet Firmenkunden ähnlich wie die SAP IT-Produkte und verbundene Dienstleistungen. Mit den Anwendungen der Software AG lassen sich Geschäftsprozesse analysieren und verwalten sowie die IT-Infrastruktur steuern.
Der Konzern greift hierfür unter anderem auf seine Hochleistungsdatenbank Adabas, seine Analyseplattform ARIS und seine B2B-Server webMethods zurück. Interessant und zukunftsfähig sind derweil auch die IoT-Lösungen – zum Beispiel für den Maschinenbau. Für jene Branche entwickelt die Software AG Produkte, um Anlagen zu vernetzen und Prozesse etwa mit Augmented Reality zu optimieren.
Silver Lake will mit hohem Aufschlag zugreifen
Aber warum hebt die Börse für die Aktie jetzt auf einmal so stark den Daumen? Nun, am Wochenende hat der US-Investor Silver Lake angekündigt, die Software AG übernehmen zu wollen. Demnach bietet der Investor satte 30 Euro je Anteilsschein. Das ist im Vergleich zum vorherigen Schlusskurs ein beachtlicher Aufschlag (20.04.2023: 19,7 Euro). Die Amerikaner bewerteten das Darmstädter Unternehmen also wesentlich höher, was die darauffolgende Kursexplosion erklärt.
Das Übernahmeangebot stehe unter Vorbehalt einer Mindestannahmeschwelle von 50 Prozent, heißt es von Silver Lake. Tatsächlich hatten die Amerikaner bereits im Februar 2022 Wandelanleihen der Software AG im Wert von 344 Millionen Euro gekauft, die nach der Umwandlung neun Prozent der ausgegebenen Aktien ausmachen würden. Und auch im Aufsichtsrat sitzen bereits zwei Vertreter des Großinvestors. Nun will Silver Lake sein Engagement bei der Software AG also festzurren.
Management und Großaktionär segnen Deal ab
Was an der Börse ebenfalls gut ankam: Sowohl Vorstand als auch Aufsichtsrat der Darmstädter wollen ihren Aktionären die Annahme des Übernahmeangebots empfehlen. Gleichzeitig unterstützt der bisherige Ankeraktionär, die Software-AG-Stiftung, die mögliche Übernahme und hat bereits einen Vertrag zum Verkauf von 25,1 Prozent ihrer Aktien an Silver Lake unterzeichnet.
Die Stiftung, die zuletzt rund ein Drittel der Software-AG-Aktien hielt, wird somit nach der geplanten Akquisition noch rund 5 Prozent der Anteile halten, welche einer Sperre unterliegen. Das Management und die Stiftung sehen also prinzipiell hohes Potenzial in der finanziellen Unterstützung aus den USA.
Silver Lake hatte in den letzten Jahren mit erfolgreichen Investments bereits einige IT-Firmen bei deren Wachstumsplänen unterstützt. Darunter: das auf Sicherheitssoftware spezialisierte Unternehmen Gen Digital (früher: Symantec), der Festplattenhersteller Seagate und die spätere Microsoft-Tochter Skype.
Software AG im Krisenmodus
Die Darmstädter jedenfalls können die Unterstützung derzeit gut gebrauchen. Denn der Kursabschwung, den Sie oben im Chart sehen können, kam nicht von ungefähr. Im letzten Jahr hatte das Unternehmen einen erheblichen Ergebniseinbruch hinnehmen müssen.
Unter anderem forciert das Management derzeit – ähnlich wie andere IT-Konzerne – den Ausbau von Cloud-Abo-Modellen, was kontinuierliche Erträge ermöglichen soll. Doch die Umstellung geht mit hohen Investitionen einher, die die Profitabilität schwer belasten. Zu diesen Investitionen zählt die im letzten Jahr erfolgte Übernahme des US-Datenintegrations-Spezialisten Streamsets für rund eine halbe Milliarde Euro.
Bereits an diesem Donnerstag (27. April) wird es übrigens neue Erkenntnisse geben. Dann will die Software AG nämlich ihre Quartalszahlen veröffentlichen. Finanzchefin Daniela Bünger wies im Vorfeld darauf hin, dass die ersten drei Monate bei den Prognose-Kennziffern die Markterwartungen erfüllt hätten. Auch bestätigte sie für sämtliche Kenngrößen die Prognosen für das Gesamtjahr 2023. Das Management hatte zuletzt zwar eine Umsatzsteigerung für das laufende Jahr in Aussicht gestellt, allerdings eine schwächere Gewinnmarge prognostiziert.
Mein Fazit für Sie
Die (mögliche) Übernahme durch Silver Lake hat die Software-AG-Aktie nach langer Zeit endlich wieder in den Fokus der Börse zurückgebracht. Jetzt heißt es abwarten, ob der Deal von der BaFin durchgewinkt und anschließend von den Aktionären abgesegnet wird. Beobachter sehen hierfür indes gute Chancen.
Silver Lake jedenfalls hat prinzipiell das Know-how und die Finanzkraft, um das zuletzt schwächelnde Wachstum der Darmstädter auf ein neues Level zu hieven und der Firma endlich zu mehr Einfluss zu verhelfen. Für die Software AG könnte also eine neue goldene Ära anbrechen, wenngleich die Herausforderungen mit Blick auf das starke Wettbewerbsumfeld im Bereich Firmen-IT und Cloud nicht zu unterschätzen sind.