RWE: Kohlekraft als spannende Sondersituation
Beim deutschen Energieversorger RWE könnte sich aktuell eine kriegsbedingte Sondersituation abzeichnen, die man so sicher nicht erwartet hätte. Nämlich die Rückkehr zu Kohlekraft. Ja, eigentlich will man ja im Allgemeinen weg von schmutziger Energie aus Kohlekraft, aber…
Gas-Engpass verändert Kohlekraft-Abhängigkeit
Das große ABER kommt derzeit von drohenden Gas-Engpässen. Bedingt durch den Krieg gegen die Ukraine. So wird Kohlekraft vorübergehend als Energiequelle wieder an Bedeutung gewinnen – müssen.
Energieversorger wie beispielsweise RWE stellen sich kurzfristig bereits darauf ein. So stoppt der DAX-Konzern sogar sein Vorhaben, Kohlekraftwerke-Mitarbeiter in den Vorruhestand zu schicken. Statt früherer Rente, sollen diese nun weiter im Einsatz sein – und: Der Bereich wird sogar noch weiter personell aufgestockt.
Und das alles wegen Putin
All das aufgrund der Machenschaften eines mächtigen Mannes. Putins sinnloser und schlimmer Krieg gegen die Ukraine sowie damit einhergehende Sanktionen haben die Öl und Gaspreise ja bekanntlich stark anziehen lassen. Kürzlich drosselte Russland außerdem die ausgelieferten Mengen deutlich.
Damit bedarf es nun alternativer Energiequellen, um die Abhängigkeit russischer Lieferungen zu reduzieren sowie die Speicher für die bevorstehende Heizperiode im Winter zu füllen. Aber wie?
Kohlekraft „bitter, aber notwendig“
Wirtschaftsminister Habecks Plan diesbezüglich ist eindeutig: Bei der Gewinnung von Strom sollen Kohlekraftwerke wieder “stärker zum Einsatz kommen”. Auch wenn diese eigentlich bereits als Auslaufmodelle angesehen werden.
Das sei Habeck zufolge unterdessen „bitter, aber notwendig“, um den Verbrauch von Gas reduzieren zu können. Denn die Situation sei ernst. Russlands Staatskonzern Gazprom hatte zuletzt seine Gas-Lieferungen durch die Ostseepipeline Nord Stream deutlich gedrosselt.
RWE könnte davon profitieren
Das Comeback des Handels mit schmutziger Energie könnte das Geschäft von RWE als Kohlekraftwerksbetreiber überraschend beflügeln. Überraschend – weil der Fokus der gesamten Branche noch vor Kriegsbeginn auf regenerativen Energieformen lag, wie unter anderem Wind oder Solar. Grüner, sauberer Energie eben.
Anziehende Gaspreise drängten jedoch zur Suche nach raschen Alternativen. Diesbezüglich verwies RWE schon in seinem jüngsten Quartalsbericht darauf, Kohlewerke zu reaktivieren bzw. indes länger als ursprünglich angedacht am Netz zu halten.
Für den Versorger sowie seine Aktionäre resultiert daraus eine spannende Sondersituation. Denn kurzfristig bietet diese durchaus „neue“ Möglichkeiten in einem Konzernbereich, dessen Bedeutung innerhalb der letzten Jahre ganz bewusst gesunken ist.
Kohlekraft ändert nichts am Fahrplan
Eines ändert diese mögliche vorübergehende Sondersituation jedoch keineswegs: die strategische Ausrichtung des DAX-Konzerns. So werde der Ausbau des wichtigen Geschäftsbereichs rund um erneuerbare Energien weiter vorantreiben und man plane bis spätestens zum Jahr 2040 klimaneutral zu sein.
Der Anteil aus Kohlestrom sowie sonstigen Kohleprodukten am Unternehmensumsatz ging innerhalb des ersten Jahresviertels bei RWE von 20% auf 13% zurück. Zu den bedeutendsten Umsatztreibern gehörte insbesondere der Energiehandel sowie Umsätze im Segment „Offshore Wind“. In diesem generierte RWE allein im zurückliegenden Auftaktquartal dreimal mehr als im Vorjahreszeitraum. Generell steht Wind als Energieform klar im Fokus. Nicht umsonst brachte man kürzlich einen großen Onshore-Windpark in Schweden ans Netz.
Analysten heben Kursziel für RWE an
Analysten präsentieren sich zur Einschätzung hinsichtlich der RWE-Aktie reihenweise optimistisch! So habe ich unter anderem in einer aktuellen Ausgabe des „Frankfurter Börsenbriefs“ einen Bericht gelesen, den ich Ihnen noch einmal herausgesucht habe:
„Analysten setzen Kursziel hoch! Die rekordhohen Energiepreise spielen RWE in die Hände. Die Credit Suisse hat folglich ihr Kursziel von 40,50 auf 44,50 Euro angehoben und das ,Outperform‘-Rating bestätigt. Analysten sehen Potenzial für eine weitere Erhöhung der Jahresziele, ihre Gewinnschätzungen bis 2025 haben sie angehoben. Credit Suisse-Analysten schätzen RWE aufgrund der Kombination aus Gewinnpotenzial aus Strompreisen und relativ geringen politischen Interventionszielen als einen ihrer Branchenfavoriten ein…“
RWE bleibt extrem aussichtsreich
Das kurzfristige Kohlekraft-Comeback könnte RWEs Geschäfte ankurbeln. Der Konzern reagiert flexibel auf die unerwarteten kriegsbedingten Gegebenheiten. Auch wenn es sich dabei um schmutzige Energie handelt, hält man am Zukunftskurs hin zu grüner, erneuerbarer Energie sowie den Klimaneutralitätszielen weiterhin fokussiert fest. In meinen Augen eine absolut attraktive Depotbeimischung aus der ersten deutschen Börsenliga. Und in den Augen der Analysten ja scheinbar ebenfalls…
Blöd nur, dass RWE-Mitarbeiter in diesem Bereich nun von ihrer verfrühten Rente doch noch weiter entfernt sind als gedacht.