RWE-Aktie: Warum der Titel aktuell ein Drahtseilakt ist

RWE-Aktie: Warum der Titel aktuell ein Drahtseilakt ist
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Die Hauptversammlungen von RWE waren in den letzten Jahren stets turbulent. Und auch in diesem Jahr bekam das Management auf dem (virtuellen) Aktionärstreffen am Freitag den Missmut einiger Investoren ab. Wie Sie bestimmt schon ahnen, geht es dabei vor allem um die weitreichende Transformation, die den Essener Traditionskonzern vom Klimasünder zum Vorreiter der Energiewende machen soll.

Tatsächlich forciert RWE seit einigen Jahren die Abkehr von der fossilen Kohle bei gleichzeitigen Milliardeninvestitionen insbesondere in die Windkraft. Doch nicht nur den Klimaschützern, auch einigen Aktionären geht das offenbar nicht schnell genug.

RWE-Aktie unter Druck: Sind auch die hohen CO2-Emissionen schuld?

Im Mittelpunkt steht der strauchelnde Aktienkurs des Unternehmens: Wie Sie im Chart sehen können, hat der Dax-Titel zwischen den Hauptversammlungen 2023 und 2024 rund -19,5 % an Wert eingebüßt, in der Spitze gar circa -26 % (Stand: Schlusskurs vom 03.05.2024, Börse Stuttgart):

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Einige Aktionäre, darunter die einflussreiche Fondsgesellschaft Deka Investment, sehen für den schwächelnden Kurs nicht nur die inzwischen niedrigeren Energiepreise verantwortlich, sondern auch die hohen CO2-Emissionen von RWE. „Schaffen Sie zeitnah eine Lösung für Ihre Kohleaktivitäten“, sagte Ingo Speich, bei der Deka für Nachhaltigkeitsthemen zuständig. Am Kapitalmarkt werde die unvorteilhafte Klimabilanz des Energiekonzerns von immer mehr Investoren als Risiko angesehen.

Kohleausstieg: Aktionäre fordern noch mehr Tempo

Immerhin: RWE hatte in Abstimmung mit der Politik das Laufzeitende seiner Kohlengagements bereits von 2038 auf 2030 vorgezogen – mit Unterstützung des Steuerzahlers. Als Entschädigung für entgangene Gewinne erhält RWE milliardenschwere Staatshilfen, die inzwischen auch von der EU genehmigt wurden. Deka-Vertreter Speich begrüßte nun zwar den vorgezogenen Ausstieg, doch forderte im gleichen Atemzug noch mehr Tempo bei der Transformation.

Die sehr hohen CO2-Emissionen belasteten sowohl die Klimabilanz als auch den Aktienkurs, monierte Speich. Das Management solle deshalb prüfen, ob ein Abstoßen der Kohleengagements vor 2030 sinnvoll erscheine. Andere Vertreter institutioneller Investoren äußerten sich auf der Hauptversammlung indes ähnlich.

Kohle-Stiftung im Gespräch

Eine Möglichkeit, die auch Speich prinzipiell als Lösung in den Raum stellt, wäre eine sogenannte Kohle-Stiftung. Konzernboss Markus Krebber wies auf der Hauptversammlung auf ein entsprechendes Modell hin, das im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung in Erwägung gezogen wird. Das heißt: Sollten sich Konzern und Bundesregierung hierauf einigen, würden die Braunkohleanlagen von RWE inklusiver der Mitarbeiter in eine staatlich gestützte Stiftung übergehen.

Dass die Politik einen solchen Plan aktuell absegnen würde, hält RWE-Chef Krebber aber eher für unwahrscheinlich – wohl auch, weil im Endeffekt der Steuerzahler wohl wieder zur Kasse gebeten werden müsste. Aktionärsvertreter wie Ingo Speich jedenfalls fordern das Management trotzdem auf, gegenüber der Politik den ersten Schritt zu machen und tragbare Lösungen für einen noch schnelleren Kohleausstieg aktiv voranzubringen.

RWE-Boss betont Öko-Investitionen

Krebber hingegen verwies auf der Hauptversammlung vor allem auf die Aktivitäten rund um die Erneuerbaren Energien. Allein zwischen 2024 und 2030 will RWE weltweit rund 55 Milliarden Euro netto investieren, um die Windkraft, aber auch die Solarkraft, Speicherlösungen und Wasserstoffkapazitäten massiv auszubauen und letztendlich profitabler zu machen.

Aktuell verfüge das Unternehmen über ein grünes Erzeugungsportfolio von etwa 35 Gigawatt (GW), so Krebber auf der Hauptversammlung. Zusätzliche 100 Projekte mit einer kumulierten Kapazität von mehr als 8 GW seien im Bau. Bis 2030 soll das Portfolio insgesamt bei 65 GW liegen.

Mein Fazit für Sie

Für RWE ist es ein Drahtseilakt: Auf der einen Seite laufen immer mehr Investoren Sturm und fordern noch mehr Tempo beim Kohleausstieg. Auf der anderen Seite befürchtet der Konzern langwierige Verhandlungen mit dem Bund und dem Land Nordrhein-Westfalen – die möglicherweise mit finanziellen Zugeständnissen vonseiten RWE begleitet werden müssten. Nicht zuletzt muss das Unternehmen auch die verbliebenen Mitarbeiter im Kohlegeschäft bestmöglich schützen, um belastenden Konflikten mit den Gewerkschafften vorzubeugen.

Rein aus Investorensicht wiederum wäre ein schnelles Abstoßen der Kohleaktivitäten meiner Meinung nach durchaus zu begrüßen. RWE könnte dann seine Rolle als Vorreiter der Energiewende wesentlich besser akzentuieren. Dadurch würde der „Ballast der Vergangenheit“ abgeworfen werden, was die Zukunftsbewertung des Konzerns verbessern sowie der Aktie neue Fantasie und letztendlich Zuspruch auch vonseiten neuer Aktionäre verschaffen könnte.

Berücksichtigen Sie als Anleger trotzdem, dass der Titel auch in einem solchen Szenario weiterhin abhängig von den Entwicklungen der Energiepreise sein würde. Inzwischen sorgen die niedrigeren Strompreise jedenfalls für Unsicherheit. Nach dem Mega-Nettogewinn 2023 (4,5 Mrd. Euro) soll der Überschuss im laufenden Jahr wegen der nachlassenden Verwerfungen auf dem Energiemarkt nur noch etwa halb so hoch sein, hatte RWE im März betont.