RTL Group – Bauer streamt Frau

Inhaltsverzeichnis

Bereits seit dem Jahr 2007 betreibt die in Köln und Luxemburg beheimatete Bertelsmann-Tochter RTL Group ihren eigenen Streamingdienst – der allerdings jahrelang unter dem Radar der meisten Zuschauer lief. Das hat sich geändert. Dennoch legt die Aktie den Rückwärtsgang ein.

Offensive nach Namenänderung

Erst mit der Umbenennung zu TVNOW im März 2016 bemühte sich RTL ernsthafter um das Publikumsinteresse. Richtig in die Offensive geht man seit einer weiteren Umbenennung zu RTL+ im November 2021.

Diese Offensive zahlt sich bislang aus: Während Platzhirsch Netflix zuletzt seinen ersten Kundenrückgang seit über einer Dekade vermelden musste, kann die RTL Group in ihren Zahlen für das erste Quartal des Geschäftsjahres 2022 vor allem dank einer Zusammenarbeit mit der Deutsche Telekom-Plattform MagentaTV einen Anstieg der Nutzerzahlen bei RTL+ um 84,6 Prozent auf gut 3,17 Millionen verbuchen.

Neben vielen Eigenproduktionen trug auch die verstärkte Investition in hochwertige internationale Programme, etwa durch eine im Februar 2022 getroffene exklusive Vereinbarung mit Warner Bros. Entertainment, dazu bei. Der niederländische Streamingdienst „Videoland” konnte seine Kundenzahl immerhin um 12,9 Prozent auf fast 1,14 Millionen ausbauen, womit sich im Streaming-Geschäft insgesamt ein Wachstum um 58,2 Prozent auf 4,31 Millionen zahlenden Kunden ergibt.

Hohes Umsatzwachstum dank Zukäufen

Primär aufgrund des Zukaufs des Hamburger Verlags Gruner + Jahr und der vollständigen Übernahme des TV-Senders Super RTL (an dem die RTL Group bis 2021 gemeinsam mit Disney beteiligt war) wuchs der Konzernumsatz um 11,3 Prozent auf gut 1,56 Milliarden Euro. Das organische Wachstum der RTL Group betrug 4,4 Prozent und speiste sich in erster Linie aus den stark gestiegenen Werbeeinnahmen. Diese zogen um 11,2 Prozent auf 829 Millionen Euro an, wobei man vor allem in den Niederlanden und in Frankreich gut abschnitt.

Die britische Tochter Fremantle, die für die Produktion nationaler und internationaler TV-Programme zuständig ist, wuchs um 6,5 Prozent auf 461 Millionen Euro und konnte im März einen dreijährigen Vertrag mit Hollywood-Legende Angelina Jolie abschließen, die sich als Schauspielerin, Regisseurin und Produzentin einbringen will. Der Umsatz mit dem Streaming-Geschäft stieg um 23,1 Prozent auf 64 Millionen Euro und macht damit weiterhin nur einen kleinen Anteil am Gesamtgeschäft aus.

Bekräftigte Prognose trotz Unsicherheiten

Obwohl es viele Unsicherheitsfaktoren wie den Ukraine-Krieg und die hohe Inflation gibt, bekräftigt das Management der RTL Group seinen Ausblick für das Geschäftsjahr 2022 – allerdings unter der Voraussetzung, dass sich die Pandemielage nicht verschlechtert und die Wirtschaft auf Erholungskurs bleibt. Beim Jahresumsatz wird ein Anstieg um 11 bis 12 Prozent auf 7,4 Milliarden Euro angestrebt, das organische Wachstum soll 5 bis 6 Prozent betragen.

Das bereinigte operative Ergebnis (EBITA) soll mit 1,15 Milliarden Euro auf dem Vorjahresniveau bleiben, wobei Streaming-Start-up-Verluste mit etwa 250 Millionen Euro negativ zu Buche schlagen und damit stärker als 2021.

Langfristig erwartet das Management bis zum Jahr 2026 eine Steigerung der Kundenzahl im Streaming-Geschäft auf 10 Millionen bei einem Umsatz von 1 Milliarde Euro. Damit soll 2026 auch die Profitabilitätsschwelle dieses Geschäftszweigs überschritten werden.

In einem schwächeren Marktumfeld sinkt die im MDAX notierte Aktie der RTL Group im Vormittagsgeschäft um zeitweise über 5 Prozent auf etwa 42 Euro.