Nemetschek-Aktie: 2021 stark, 2022 megastark
Nemetschek war Anfang der Woche der Highflyer des deutschen Aktienmarktes. Am Dienstagvormittag schoss der Kurs zweistellig nach oben, trotz der allgemeinen Unsicherheiten infolge des Ukraine-Kriegs.
Tatsächlich ist Nemetschek so etwas wie ein deutscher Hidden Champion. Das Unternehmen dürfte vielen Bürgern immer noch kein Begriff sein – obwohl es einen interessanten Beitrag zur Zukunft leistet. Deshalb wollen wir uns die Münchner Firma heute mal etwas genauer anschauen.
Nemetschek digitalisiert Baubranche
Zunächst ein paar Fakten für Sie: Das Unternehmen wurde 1963 vom Bauingenieur Georg Nemetschek gegründet. Heute ist der MDax-Konzern ein führender europäischer IT-Anbieter für die Baubranche. Das Unternehmen entwickelt, produziert und vertreibt Softwarelösungen, die in allen Phasen und Bereichen innerhalb der Bauindustrie eingesetzt werden.
Im Mittelpunkt steht die sogenannte Bauwerksdatenmodellierung (BIM). Dabei handelt es sich um eine gigantische Datensammlung, die alle relevanten Informationen zu einem Bauwerk digital erfasst. Architekten können damit zum Beispiel exakte Pläne und Kalkulationen zu einem geplanten Bauwerk erstellen und anschauliche Computermodelle generieren.
Neben der Planung erleichtern die Nemetschek-Lösungen auch das Bauen und Nutzen von Gebäuden. Der Clou: Über die Software der Münchner können sich alle am Bauwerk beteiligten Akteure – vom Architekten über den Ingenieur, den Designer, den Statiker, den Stahlbauer, den Immobilienbetreiber bis hin zum Facility Manager – vernetzen und ohne großen Aufwand auf die exakt gleiche Datensammlung zurückgreifen. Das spart Kosten und sorgt unterm Strich für mehr Effizienz.
Starkes Wachstum in 2021
Kein Wunder also, dass der Bedarf nach solchen Digitallösungen in den letzten Jahren durch die Decke geschossen ist. Inzwischen nutzen etliche Kunden rund um den Globus das Angebot von Nemetschek.
Das Unternehmen jedenfalls trifft den Nerv der Zeit. Das zeigt auch die jüngste Jahresbilanz, die Nemetschek am Dienstag veröffentlichte und den eingangs erwähnten Kursrausch auslöste. Demnach steigerte das Unternehmen seinen Umsatz im Jahr 2021 um 14,2 Prozent auf 681,5 Millionen Euro.
Das operative Ergebnis verbesserte sich um 28,8 Prozent auf 222 Millionen Euro. Unterm Strich verdiente Nemetschek 134,6 Millionen Euro – ein Plus von knapp 39 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Dividende soll übrigens um 30 Prozent auf 39 Cent je Aktie erhöht werden.
Prognose für 2022 über Erwartungen
In der Baubranche gebe es noch immer einen niedrigen Digitalisierungsgrad, sagte Nemetschek-Chef Yves Padrines im Rahmen der Bilanzpräsentation. Dadurch sichere sich der Konzern riesige Wachstums- und Ertragspotenziale. Optimistische Signale also, die sich auch in der Prognose wiederfinden.
Für das laufende Jahr erwartet Nemetschek ein Umsatzwachstum von 12 bis 14 Prozent. Die operative Gewinnmarge vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen soll sich zwischen 32 und 33 Prozent einpendeln. Der Ausblick liegt damit über den zuvor veröffentlichten Erwartungen der Analysten (via dpa-AFX). Das treibt die Aktie freilich an.
Abo-Verträge und neue Technologien machen Hoffnung
Alles in allem gibt es derzeit zwei Punkte, die meiner Meinung nach für Nemetschek sprechen. Erstens: Das Unternehmen stellt sein Geschäftsmodell sukzessive auf Abo-Verträge um. Diese sogenannten Software as a Service (SaaS)-Modelle bescheren Nemetschek planbare Umsätze und verringern somit das wirtschaftliche Risiko. Im Jahr 2021 waren die Abo-Verträge bereits mit einem Umsatzplus von 48 Prozent der Hauptwachstumstreiber.
Zweitens: Nemetschek investiert in innovative Start-ups, um Zugriff auf wichtige Technologien zu bekommen. Dabei geht es beispielsweise um Digitale Zwillinge, die Künstliche Intelligenz, Machine Learning sowie Virtual Reality. Nemetschek kann dadurch seinen Kunden noch effizientere Softwarelösungen anbieten. Das gilt übrigens nicht nur für Baubranche.
Mega-Potenzial Unterhaltungsbranche
So entwickelt das Unternehmen über seine Tochter Maxon inzwischen auch 3D-Animationssoftware für die Videospiel- und Filmindustrie. Namhafte Kunden wie der Spieleentwickler Blizzard Entertainment, der Unterhaltungskonzern Disney und das Fernsehnetzwerk ABC vertrauen auf die Lösungen der Münchner.
Nemetschek hat damit einen weiteren starken Wachstumsmarkt in petto. Kein anderer Konzernbereich konnte in 2021 so stark wachsen wie das Segment Media & Entertainment (Umsatzplus: 29,8 %).
Mein Fazit für Sie
Nemetschek ist ein Vorreiter bei der digitalen Transformation der Baubranche. Hinzu kommen der Ausbau der in der Softwarebranche mittlerweile üblichen Abo-Verträge und das lukrative Geschäft mit der Unterhaltungsindustrie. Das alles verschafft dem Unternehmen bzw. der Aktie erhebliches Potenzial.
Als Anleger sollten Sie jedoch auch die Risikofaktoren kennen. Durch sein Engagement in der Baubranche ist Nemetschek stark konjunkturabhängig. Immerhin: Dank der Abo-Verträge kann man kurzfristigen Einbrüchen nun besser entgegenwirken. Zudem sind die Folgen des Ukraine-Kriegs für das Unternehmen derzeit noch nicht abschätzbar. Der Softwareanbieter stellte deshalb seine starke Prognose unter Vorbehalt.
Langfristig aber dürfte die Aktie trotz des neuerlichen Aufschwungs immer noch Luft nach oben haben. Nemetschek trifft einfach den Nerv der Zeit – und der heißt: Digitalisierung.