Lufthansa startet durch – Aktie bleibt in Turbulenzen

Inhaltsverzeichnis

Wer in dieser Woche weitere Strecken von A nach B zurücklegen musste, dem waren ein eigenes Auto und starke Nerven zu wünschen. Schließlich befanden sich gleich mehrere Verkehrssektoren einmal mehr im Arbeitskampf.

Streiks trüben Stimmung bei Bilanzvorstellung

Streiks führten zum Stillstand im ÖPNV einiger Regionen, bei der Bahn im ganzen Land sowie an ausgewählten Flughäfen, wobei vor allem die Lufthansa von Arbeitsniederlegungen betroffen war und zahlreiche Flüge streichen musste.

Dies trübte ein wenig die Stimmung am Parkett, als Lufthansa-Chef Carsten Spohr am Donnerstag durchaus erfreuliche Zahlen vorlegen konnte. Die Bilanz für das zurückliegende Jahr fällt überraschend stark aus. Die von der Pandemie besonders heftig gebeutelte Lufthansa verzeichnete eins der besten Jahre ihrer Unternehmensgeschichte.

Hohes Passagieraufkommen trotz gestiegener Ticketpreise

Denn die große Reiselust der Passagiere ließ sich auch durch gestiegene Ticketpreise nicht schmälern. Stattdessen flogen die Traditionsairline wie auch ihre Tochtergesellschaften regelmäßig mit starker Auslastung. So konnte die Lufthansa ihren Nettogewinn im Vergleich zum Vorjahr nahezu verdoppeln auf nunmehr rund 1,7 Milliarden Euro. Das bereinigte Ebit lag bei fast 2,7 Milliarden Euro. Es ist der dritthöchste Gewinn in der Geschichte des Unternehmens.

Bei den Fluggastzahlen verzeichnet der Konzern ein Plus von 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf insgesamt 120 Millionen Passagiere in 2023. Ein besonderes Sahnehäubchen in den Details der Geschäftsbilanz: Zum ersten Mal überhaupt in der Geschichte der Lufthansa-Gruppe waren alle Einzelairlines profitabel, es gab kein „schwarzes Schaf“ mehr in den eigenen Reihen, dessen Verluste anderweitig kompensiert werden müssten.

Lufthansa plant Investitionen in Flottenmodernisierung und Übernahmen

Neben eigenen Anstrengungen, um das Geschäft nach dem pandemiebedingten Einbruch wieder ans Laufen zu bringen, profitiert die Lufthansa davon, dass die Luftfahrtbranche aktuell insgesamt gut läuft. Auch andere Fluggesellschaften konnten zuletzt mit starken Zahlen bei der Gewinn- und Passagierentwicklung überzeugen.

Ausruhen will man sich dementsprechend auf den aktuellen Erfolgen auch in Frankfurt nicht. Für die kommenden Jahre plant die Lufthansa große Investitionen in eine Modernisierung der Flugzeugflotte. Außerdem soll mit Ita Airways ein weiterer kleinerer Konkurrent übernommen werden, zurzeit wartet das Vorhaben auf die Freigabe der EU-Kommission. Das Kapazitätsangebot soll, wenn es nach Vorstandschef Spohr geht, schon bald das Vorkrisenniveau wieder erreichen.

Nach Bodenpersonal: Auch Kabinengewerkschaft stimmt für Streiks

Da passen die laufenden Streiks eher nicht so gut ins Bild. Die Konzernführung der Lufthansa fürchtet bereits um ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit, wenn enttäuschte Passagiere ihr Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Gruppe verlieren und zur Konkurrenz abwandern. Jeder Streiktag verursacht zudem hohe Kosten für das Unternehmen.

Die kann man sich angesichts der starken Bilanz aber durchaus leisten – und aus Sicht der Gewerkschaften sind die Forderungen nach höheren Löhnen gerade wegen der starken Geschäftsentwicklung auch mehr als berechtigt. Immerhin hatten sie den Konzern durch die Krisenjahre getragen und nun auch ihren Beitrag zum Durchstarten nach der Pandemie geleistet. Nicht wenige hatten damals mit Jobverlust oder anderen harten Einschränkungen zu kämpfen. Dass sie nun ihren Anteil am neuerlichen Unternehmenserfolg auch auf der Lohnabrechnung sehen möchten, erscheint nachvollziehbar.

Zuletzt legte das Bodenpersonal der Lufthansa die Abläufe an mehreren deutschen Flughäfen lahm, doch schon bald drohen auch erneute Arbeitsniederlegungen beim Kabinenpersonal. Die Gewerkschaft Ufo hat sich vor wenigen Tagen ebenfalls für Streiks ausgesprochen, auch sie verlangt höhere Löhne für ihre Tarifbeschäftigten.

Erste Dividende seit 2018 angekündigt

Bereits vom Erfolg profitieren sollen zudem die Anleger: Erstmals nach 2018 soll für 2023 wieder eine Dividende ausgeschüttet werden. Insgesamt sollen 20 bis 40 Prozent des bereinigten Konzerngewinns an die Anteilseigner ausgezahlt werden, was dem Vor-Corona-Niveau entspricht. Der Vorstand hat für Anfang Mai eine Ausschüttung von 30 Cent je Aktie angekündigt. Das ist etwas weniger, als von Analysten erwartet worden war.

An der Frankfurter Börse, wo die Lufthansa Aktie im MDax gelistet ist, ging es für das Papier nur kurzfristig aufwärts, ehe es seinen Abwärtstrend der vergangenen Wochen fortsetzte. Seit Beginn des Jahres hat der Kurs zweistellige Verluste eingefahren. Wenig erfreulich aus Anlegersicht ist unter anderem der Ausblick für das laufende Jahr – denn obwohl erneut mit einem hohen Fluggastaufkommen gerechnet wird, dürfte sich ein so steiler Anstieg der Ticketpreise erst einmal nicht wiederholen. Zudem hat sich das Frachtgeschäft erwartungsgemäß schwächer entwickelt, das zu den großen Profiteuren während der Pandemiejahre gezählt hatte.

Stagnierende Entwicklung erwartet – Anleger enttäuscht

Für 2024 prognostiziert Spohr daher einen operativen Gewinn auf dem Niveau des Vorjahres. Die angebotenen Passagierkapazitäten sollen rund 94 Prozent des Vorkrisenniveaus 2019 erreichen – zuvor war man bei der Lufthansa noch von einer Steigerung auf 95 Prozent im Jahr 2024 gegenüber 2019 ausgegangen, ein leichter Dämpfer also, nachdem im Vorjahr im Schnitt rund 84 Prozent des Vorkrisenniveaus an Kapazitäten angeboten werden konnten.

Dabei liefen innereuropäische sowie transatlantische Strecken bereits deutlich besser und erreichten jeweils 90 Prozent und mehr, während sich die Reiserouten nach Ostasien erheblich schleppender entwickelten. Vor allem Destinationen in China und Japan werden noch nicht wieder so zahlreich angeflogen wie vor der Pandemie.

Analysten zwischen Pessimismus und Euphorie

Dass der Höhepunkt der Geschäftsentwicklung bei den Airlines bereits erreicht sein könnte, davon geht unter anderem das Bankhaus Metzler aus. Dessen Analyst sah die Branche zuletzt „nahe am Optimum“ und stufte die Lufthansa Aktie von „buy“ auf „hold“ herab.

Andere Experten zeigten sich weniger pessimistisch. So beließ die Deutsche Bank ihre Einstufung unverändert auf „buy“ mit einem Kursziel von 11 Euro und auch die Schweizer Großbank UBS bestätigte ihre Kaufempfehlung mit Kursziel 15 Euro – was mehr als einer Verdoppelung des derzeitigen Kursniveaus entsprechen würde.