Lufthansa nach Rekordverlust: Wie geht es weiter?

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Für die Luftfahrtbranche war 2020 ein Katastrophenjahr. Die Lufthansa, eine traditionsreiche und stolze Airline, musste im Frühjahr durch staatliche Mittel vor der Pleite gerettet werden und verbucht mit einem minus von 6,7 Milliarden Euro das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte.

Krisenbilanz nach Katastrophenjahr

Der operative Verlust belief sich auf 5,5 Milliarden Euro, nachdem im Vorjahr noch ein Gewinn von 1,2 Milliarden Euro erwirtschaftet werden konnte. Der Umsatz brach um 63 Prozent ein auf 13,6 Milliarden Euro. Zeitweise blieb nahezu die gesamte Flotte am Boden.

Auf das Gesamtjahr betrachtet wurde etwa ein Drittel der Flüge des Vorjahres realisiert, das Passagieraufkommen schrumpfte auf ein Viertel zusammen auf 36,4 Millionen. Kräftig profitieren konnte einzig die Frachtsparte Lufthansa Cargo, die mit einem Betriebsgewinn von 772 Millionen Euro den besten Wert ihrer Geschichte erzielte.

Ungewisse Zukunft

Für 2021 rechnet die Lufthansa erneut mit einem Verlust, allerdings in geringerem Umfang als 2020. Im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019 sollen in diesem Jahr etwa 40 bis 50 Prozent der Flüge abheben. Genauere Prognosen sind allerdings schwierig, da Passagiere aufgrund der sich ständig verändernden Reisebestimmungen verunsichert sind und ihr Buchungsverhalten grundlegend verändert haben.

Wurden Flugreisen früher mit einem Vorlauf von 6 bis 8 Monaten gebucht, entscheiden sich mittlerweile die meisten Menschen recht kurzfristig, etwa 14 Tage vor dem Start, für ein Ticket. Dementsprechend vage sind die Planungsmöglichkeiten der Airlines für die Urlaubssaison in den Sommermonaten: Ob weitgehende Impfungen die Lage entspannen oder neuartige Mutationen die Welt noch einmal erheblich zurückwerfen in der Pandemiebekämpfung, ist aus heutiger Sicht nicht abzusehen.

Branche rechnet mit langsamer Erholung

Dennoch setzt die Branche große Hoffnungen in die fortschreitenden Impfkampagnen. Zwar haben bislang nur einzelne Airlines, etwa die australische Qantas, angekündigt, nur noch geimpfte Personen befördern zu wollen. Doch zumindest eine Testpflicht dürfte sich nach Einschätzung von Lufthansa-Chef Carsten Spohr wohl durchsetzen, um eine erneute Ausbreitung des Virus per Flugzeug zu unterbinden. Dass sich das Coronavirus in so rasantem Tempo weltweit hatte ausbreiten können, war in erster Linie auf die internationalen Flugverbindungen zurückzuführen.

Eine Rückkehr zum Vorkrisenniveau wird jedenfalls noch dauern, Spohr rechnet erst in fünf Jahren wieder mit vergleichbaren Zahlen. Doch insgesamt wird sich wohl einiges verändern, und darauf hat die Lufthansa bereits reagiert und begonnen, entscheidende Weichen neu zu justieren.

Lufthansa reagiert mit Strukturmaßnahmen

Belegschaft und Flotte sollen deutlich verkleinert werden. Rund ein Fünftel der Beschäftigten hat den Konzern bereits verlassen. Weltweit schrumpfte ihre Zahl von 140.000 auf 110.000, allein in Deutschland wurden die vormals 70.000 Stellen bereits auf 62.000 reduziert. Weitere Personalkürzungen könnten folgen, von 10.000 zusätzlichen Stellenstreichungen im Jahr 2021 ist bereits die Rede.

Darüber hinaus wird die Flugzeugflotte ausgedünnt und schrittweise modernisiert. Lediglich 650 der bislang rund 800 Maschinen sollen wieder in Betrieb genommen werden, große und kerosinintensive Modelle wie der Riesenjumbo A380 werden ausgemustert und durch kleinere Jets mit geringerem Treibstoffverbrauch ersetzt.

Der Kranich setzt auf Urlaubsziele

Auch Streckennetz und Zielgruppe werden verändert. Der Fokus rückt vermehrt auf die Mittelstrecke und touristische Ziele. Die Lufthansa geht – ebenso wie viele andere Beobachter – davon aus, dass Geschäftsreisen auch über die Pandemie hinaus nicht mehr das Vorkrisenniveau erreichen werden, da viele Unternehmen ihre digitale Infrastruktur ausgebaut und optimiert haben. Videokonferenzen haben sich bewährt, sie sparen Zeit, Geld und Aufwand für die Firmen. Spohr kalkuliert daher auch langfristig mit einem deutlichen Rückgang der Nachfrage bei Business-Class-Flügen.

Gerade Geschäftsreisende waren für die höherpreisige Lufthansa bislang eine starke Einnahmequelle: Sie machten rund 30 Prozent der Passagiere aus, sorgten aber für 45 Prozent des Umsatzes. Viele von ihnen werden nach der Pandemie wohl nicht zurückkehren. Die Lufthansa rechnet mit einem dauerhaften Rückgang in dem Segment um 10 bis 20 Prozent. Die Verkleinerung des Business-Class-Angebots könnte die Folge sein.

Konsolidierung der Luftfahrtbranche erwartet

Stattdessen richtet die Lufthansa ihren Fokus nun verstärkt auf Urlaubsziele und baut ihre Verbindungen in den Mittelmeerraum kräftig aus. Damit macht sie sich allerdings selbst Konkurrenz, denn die klassischen Touristenverbindungen in Mittelstreckenentfernung sind eigentlich das Metier der Lufthansa-Töchter Eurowings, Swiss und Austrian.

Perspektivisch rechnen Branchenbeobachter in Folge der Corona-Krise mit einer Beschleunigung der Konsolidierung am Markt. Pleiten, Übernahmen und Fusionen von Fluggesellschaften dürften in den kommenden Jahren erheblich an Fahrt aufnehmen. Mit der konsequenten Umstrukturierung von Flotte, Flugplan und Belegschaft stellt sich die Lufthansa nun für die ungewisse Zukunft auf und untermauert ihren Anspruch, auch über die Pandemie hinaus zu den weltweiten Top-Airlines gehören zu wollen.

Lufthansa Aktie: Kursziel angehoben, Verkaufsempfehlung bestätigt

Trotz erheblicher Unsicherheiten: Anleger zeigten sich in den vergangenen Wochen optimistisch und verhalfen der Lufthansa Aktie auf Monatssicht zu einem Kursplus von 7 Prozent. Damit bewegt sich das Papier nach starken volatilen Ausschlägen auch auf Jahressicht wieder in der Gewinnzone.

Analysten lobten in ersten Reaktionen die laufenden Restrukturierungsmaßnahmen und hoben dabei insbesondere die reduzierten Personalkosten und die Umsatzentwicklung hervor, die die Erwartungen übertroffen habe. Mehrere Experten hoben daraufhin das jeweilige Kursziel für die Lufthansa Aktie an, dennoch raten die meisten auch weiterhin zum Verkauf des Papiers. Nach einem deutlicheren Plus an den Vortagen gab die Lufthansa Aktie daraufhin zum Wochenschluss merklich nach und ging knapp unter 12 Euro ins Wochenende.