Lufthansa Aktie: Staat steigt aus, Kurs bricht ein
Es ist selten genug und allein deswegen schon eine Meldung wert: Steuerzahler dürfen ausnahmsweise mal jubeln, der Staat hat ein gutes Geschäft gemacht.
Lufthansa will Staatsbeteiligung schnell loswerden
Gemeint ist die öffentliche Beteiligung an der Lufthansa, die im vergangenen Jahr durch die pandemiebedingte Luftfahrtkrise innerhalb kürzester Zeit von der prosperierenden Traditionsairline zum Beinahe-Pleite-Kandidaten abrutschte. Was folgte, ist bekannt: Staatsmilliarden, Abstieg in den MDax – davon muss sich der stolze Kranich erst einmal erholen.
Tatsächlich hat Vorstandschef Carsten Spohr von Anfang an darauf gepocht, die Staatshilfen so schnell wie möglich zurückzuzahlen. Er selbst hatte sich eine Frist bis zur Bundestagswahl Ende September gesetzt, Beobachter kritisierten dies jedoch als übereilt und unnötig.
Steuerzahler macht Millionengewinn
Nun wird der Bund seinerseits aktiv – und trennt sich von rund 5 Prozent seiner Lufthansa-Anteile. Damit sinkt der verbleibende staatliche Anteil am Unternehmen von 20 auf nur noch 15 Prozent. Aufgekauft hatte die Bundesregierung die Lufthansa Aktien im vergangenen Jahr im großen Stil zum Schnäppchenpreis von gerade einmal 2,56 Euro, nun werden sie ein ganzes Stück teurer wieder veräußert.
Die Staatskasse verbucht auf diese Weise ein Plus von bis zu etwa 200 Millionen Euro – zumindest für den Moment. Kurz vor der Bundestagswahl liest sich so etwas natürlich besonders gut, zumal wenn der amtierende Finanzminister sich anschickt, künftig als Kanzler der Regierung anzugehören.
Bund dürfte bei Kapitalerhöhung nachkaufen
Am Kapitalmarkt geht man allerdings davon aus, dass die erzielten Gewinne (auch) dazu verwendet werden sollen, sich von staatlicher Seite bei der von der Lufthansa bereits geplanten und angekündigten Kapitalerhöhung wieder einzukaufen, etwa um den 15-prozentigen Restanteil auf stabilem Niveau zu halten.
Zur Rettung der größten deutschen Fluggesellschaft und eines Großteils der von ihr gebotenen Arbeitsplätze hatten die Bundesregierung sowie Österreich, Belgien und die Schweiz, wo die Lufthansa jeweils Tochtergesellschaften unterhält, insgesamt 9 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt – zum Teil in Form von stillen Einlagen, zum Teil als Kredite oder eben durch den Erwerb von Aktien.
Anleger haben das Nachsehen
Die Lufthansa zahlt hierfür nicht nur saftige Zinsen, sondern darf darüber hinaus weder Boni noch Dividenden ausschütten, solange staatliche Hilfen in Anspruch genommen werden. Umso mehr liegt es im Interesse des Konzerns, die öffentliche Beteiligung schnell wieder loszuwerden.
Bei alledem haben Lufthansa Anleger das Nachsehen: Durch den massenhaften Verkauf der bislang in staatlichem Besitz befindlichen Aktien rauschte der Kurs zu Wochenbeginn bereits in die Tiefe, die anstehende Kapitalerhöhung verwässert die Anteile der einzelnen Anleger zusätzlich.
Reisebranche im Krisenmodus: Buchungszahlen bleiben hinter Erwartungen zurück
Nicht einmal der Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung sorgt derzeit für positive Impulse. Zwar sind die Deutschen von der Reiselust gepackt, in den Sommermonaten gönnten sich viele den Urlaub, der letztes Jahr noch durch die Pandemiebeschränkungen ins Wasser gefallen war. Doch ausbleibende Buchungen von Geschäftsreisen sowie weiterhin eher mittelprächtige Buchungen im touristischen Bereich haben zuletzt die Erwartungen auch bei der Lufthansa spürbar gedämpft.
Zwar fokussiert sich die Airline zunehmend auf Urlaubsdestinationen, stößt hier jedoch auf einen bereits ziemlich gesättigten Markt: Urlaubsflieger im Billigsegment gibt es in Europa zuhauf, einige davon zählen selbst zum Lufthansa-Konzern. Kostspielige Tickets für Fernreisen sind zudem weiterhin nicht besonders begehrt, viele Reisende fühlen sich verunsichert und setzen auf Reiseziele in und um Europa. Die weitreichenden Einreisebeschränkungen in den USA verschärfen die Lage aus Sicht der Lufthansa zusätzlich.
Lufthansa Aktie im Tiefflug
Anleger wurden von den staatlichen Veräußerungsplänen kalt erwischt: Die Lufthansa Aktie rauschte zum Wochenauftakt in den Keller und befindet sich dort nun auf dem tiefsten Stand des bisherigen Jahresverlaufs knapp oberhalb von 8,80 Euro im Seitwärtsmodus.
Analysten gehen mehrheitlich davon aus, dass sich die Lufthansa Aktie auch in nächster Zeit nicht erholen, sondern gegebenenfalls sogar noch tiefer absacken könnte. Mehrheitlich raten die Experten daher zum Verkauf des Papiers – ein Rat, dem zumindest der Bund nun offenbar erst einmal gefolgt ist.