Lufthansa-Aktie: Q1-Zahlen – die Zukunft bleibt nebulös!
Als Lufthansa-Chef Carsten Spohr vor mehr als einem Jahr vor die Presse trat und die Bilanzzahlen zum desaströsen Corona-Jahr 2020 vorstellte, war die Verzweiflung geradezu spürbar:
„Ich hätte mir nie vorstellen können, dass ich einmal morgens um 10 Uhr in einem menschenleeren Terminal stehe, in dem normalerweise Hochbetrieb herrscht und einen operativen Verlust von 5,5 Milliarden Euro verkünden muss, einen Rückgang des Umsatz um zwei Drittel, der Passagiere um drei Viertel und der Belegschaft um ein Fünftel.“
Q1 2022: Lufthansa macht Fortschritte beim Umsatz
Doch nun, nach zwei Jahren Katastrophe, scheint die Lufthansa endlich wieder auf Kurs zu sein. Vielleicht haben Sie es auch schon in den Medien gelesen: Der Lufthansa-Konzern konnte im ersten Quartal 2022 seinen Umsatz im Vergleich zum coronabedingt sehr schwachen Vorjahreszeitraum auf 5,4 Milliarden Euro verdoppeln.
Das sieht auf den ersten Blick zwar hervorragend aus. Doch die alte Stärke ist noch immer in weiter Ferne. Schauen Sie: Im ersten Quartal 2019 hatte man noch satte 7,8 Milliarden Euro erlöst. Die neuen Zahlen liegen also rund 30 Prozent unter dem Vor-Corona-Niveau.
Trotzdem gab sich Manager Spohr nun alle Mühe, ordentlich Optimismus zu streuen. Man hake die Krise jetzt mental ab und gehe wieder in die Offensive, so der Lufthansa-Boss anlässlich der Quartalsbilanz am Donnerstag. Tatsächlich macht der Konzern nicht nur beim Umsatz immerhin Fortschritte.
Verlust stark eingegrenzt
In Q1 2022 erzielte man einen operativen Verlust von 591 Millionen Euro. Zum Vergleich: Im Vorjahresquartal hatte jene Kennziffer noch mit rund einer Milliarde im Minus gelegen. Die Corona-Pandemie bremse die Nachfrage immer weniger, und der Ukraine-Krieg trübe die Reiselust bislang nicht, konstatierte Spohr. Von Woche zu Woche stiegen die Neubuchungen – bei den Geschäftsreisenden, aber ganz besonders bei Urlaubs- und Privatreisen.
Zwischen Januar und Ende März beförderte der Luftfahrtkonzern 13 Millionen Fluggäste. Das waren mehr als viermal so viele wie im Auftaktquartal 2021, allerdings immer noch weniger als die Hälfte im Vergleich zu Q1 2019 (29,3 Mio.).
Fracht-Geschäft als Hoffnungsschimmer
Interessant: Die Corona-Krise hat in der Bilanz der Lufthansa einen tiefen Graben entstehen lassen, was sich auch anhand der Q1-Zahlen zeigt. Während das Passagiergeschäft einen Verlust von 1,1 Milliarden Euro einflog, gab es bei der Frachtsparte einen Rekordgewinn von einer halben Milliarde Euro.
Die Lufthansa begründet den Gewinnregen im Cargo-Geschäft mit den immer noch gestörten weltweiten Logistikketten. Dadurch bleibe die Nachfrage nach Frachtkapazitäten hoch. Tatsächlich hatte die Lufthansa während der Pandemie ihre Frachttochter mit Investitionen gestärkt. Davon profitiert der Konzern nun.
Ähnlich stark zeigte sich in Q1 indes das Wartungsgeschäft, dessen Ergebnis ebenfalls nach oben ging. Der Grund: Immer mehr Airlines rund um den Globus fahren derzeit ihre Geschäfte hoch und sind nun wieder deutlich mehr auf Reparaturdienste angewiesen.
Zukunft bleibt nebulös
Doch trotz alldem Optimismus: Für die Lufthansa und deren Aktie bleiben große Unsicherheitsfaktoren. Zwar will der Konzern im laufenden Jahr sein Flugangebot auf 75 Prozent des Vorkrisenniveaus von 2019 erhöhen. Eine konkrete finanzielle Prognose veröffentlichte die Airline-Gruppe am Donnerstag aber nicht.
Die Lufthansa begründet das mit den zuletzt stark gestiegenen Kerosinpreisen. Diese werde man an die Fluggäste weitergeben. Entsprechend erwartet man für 2022 signifikant höhere Ticketpreise. Das könnte im schlimmsten Falle dazu führen, dass potenzielle Kunden angesichts der Teuerung in nahezu allen Lebensbereichen von Flugreisen absehen. Zumindest für das Privatkundengeschäft wäre das ein weiterer Tiefschlag.
Mein Fazit für Sie
Die Lufthansa scheint sich allmählich von den schweren Corona-Einbrüchen zu erholen. Auf Vorkrisenniveau ist man allerdings noch lange nicht. Hinzu kommen der Ukraine-Krieg und die hohe Inflation, die sich negativ auf die Kundennachfrage auswirken könnten. Und nicht zuletzt ist die Pandemie noch längst nicht zu Ende. Vor allem im Herbst und Winter könnte es hier erneut zu negativen Überraschungen kommen, die den Flugverkehr abermals unter Druck setzen könnten.
Eine Dividende will das Unternehmen übrigens weiterhin nicht auszahlen. Das hat zum einem mit dem Konzernverlust zu tun. Zum anderen schließt der noch geltende Vertrag über die staatliche Stabilisierung der Lufthansa eine Dividende aus, solange der Wirtschaftsstabilisierungsfonds an dem Konzern beteiligt ist.
Immerhin: Die Lufthansa konnte die Corona-Krise nutzen, um Strukturen zu verschlanken und effizienter zu werden. Dadurch hat sich der Konzern fit für die Zukunft gemacht.
Unterm Strich aber ist die Lufthansa-Aktie meiner Meinung nach weiterhin ein Spiel mit dem Feuer. Zwar ist das Papier im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit immer noch deutlich günstiger zu haben. Die Risikofaktoren aber erweisen sich als dichter Nebel, der die Sicht enorm einschränkt.
Lufthansa-Boss Spohr wird hierzu auf der Hauptversammlung am Dienstag (10. Mai) laut vorab veröffentlichtem Redetext eine treffende Aussage machen: „Klar ist aber, dass man als Anteilseigner eines Luftfahrtunternehmens (weiter) starke Nerven braucht.“