Hugo-Boss-Aktie: Konzern setzt trotz Angriffen aus Peking auf China!
Es ist ganz einfach: Wer Chinas Politik kritisiert, wird hart bestraft. Vielleicht erinnern Sie sich noch. Im Frühjahr habe ich hier an dieser Stelle über Chinas Machtspielchen in der Modebranche berichtet.
Peking sitzt am längeren Hebel
Zur Auffrischung: Damals hatten große westliche Modekonzerne ihre Kritik an den Zuständen in der chinesischen Provinz Xinjiang erneuert, aus der sie unter anderem Baumwolle für ihre Produkte beziehen. Dort sollen verifizierten Berichten zufolge Hunderttausende Angehörige des muslimischen Volksstamms der Uiguren in Umerziehungs- und Arbeitslagern festgehalten werden.
Der chinesischen Zentralregierung sind diese Anschuldigungen freilich ein Dorn im Auge. Und so kam es, wie es kommen musste. Die beteiligten westliche Konzerne – darunter Nike, Adidas, H&M sowie Hugo Boss – gerieten ins Fadenkreuz der Kommunistischen Partei.
Über die staatlich kontrollierten Social-Media-Plattformen startete Peking eine Boykott-Offensive gegen die ausländischen Modegiganten, an der sich schnell unzählige linientreue Bürger beteiligten. Die Zentralregierung weiß natürlich um die Abhängigkeit ausländischer Wirtschaftsakteure in China und setzt diese ganz bewusst als Druckmittel ein.
Beispiel Hugo Boss – Abhängigkeit von China nimmt zu
Das Unternehmen aus Metzingen erwirtschaftete im letzten Jahr 10 Prozent seiner Umsätze im Reich der Mitte – 3 Prozentpunkte mehr als 2019.
Gerade während der Corona-Krise war Hugo Boss auf China angewiesen. Schließlich erholte sich die Volksrepublik wesentlich schneller von den Pandemiefolgen als westliche Staaten. Entsprechend früher öffneten die Boss-Filialen in China. Das Reich der Mitte war also so etwas wie der rettende Anker in der Not. Das gilt freilich nicht nur für Hugo Boss, sondern auch für die anderen international aktiven Modekonzerne.
Kritik an Menschenrechtsverletzungen verstummt
Die Ausschöpfung der Vertriebschancen auf dem chinesischen Festland sei eine wichtige Priorität von Hugo Boss, auch weil die Bedeutung des Marktes in den nächsten Jahren voraussichtlich weiter zunehmen werde, heißt es im Jahresbericht des deutschen Unternehmens.
Kein Wunder also, dass Hugo Boss die starke Kritik an der Situation in Xinjiang nicht wirklich lange aufrechterhalten konnte. Inzwischen ist die Kritik angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung Chinas gar vollständig verstummt.
Boss will China-Umsatz mit neuer Managerin ankurbeln
Die Volksrepublik werde gar zu einem wichtigen Wachstumstreiber des Unternehmens, hatte der neue Konzernboss Daniel Grieder im August betont. Bis 2025 will Hugo Boss seinen Umsatz verdoppeln – vor allem durch die Dynamik des asiatisch-pazifischen Raums und durch einen Ausbau des Online-Geschäfts.
Der CEO rechnet für Asien-Pazifik mit einem jährlichen Wachstum im niedrigen Zehnprozentbereich. Der Fokus liege hier auf den Verbrauchern des chinesischen Festlandes.
Unterstützung hat sich der Konzern nun von einer erfahrenen Managerin geholt, die bereits für Levi Strauss, Swarovski und Adidas das China-Geschäft vorangebracht hatte: Judith Sun. Die Managerin leitet seit Anfang Oktober die Markenstrategie von Hugo Boss in China und soll das dortige Umsatzwachstum beschleunigen.
Mein Fazit für Sie
Wie viele andere Unternehmen steht auch Hugo Boss vor einer Zwickmühle. Auf der einen Seite kann man die untragbaren Zustände in Xinjiang nicht einfach vergessen. Auf der anderen Seite aber kann man auch nicht mehr auf China verzichten. Momentan sieht es danach aus, als ob sich Hugo Boss für die Wirtschaftlichkeit entscheidet.
Für viele Anleger ist das erst einmal positiv, wenngleich das Risiko weiterer Aktionen gegen den Konzern wie ein Damoklesschwert über der Aktie hängt.
Aber unabhängig davon ist Hugo Boss durchaus ein Konzern mit Potenzial. Kürzlich haben die Metzinger ihre vorläufigen Zahlen zum dritten Quartal 2021 vorgelegt. Kurzum: Das Unternehmen übertraf sowohl bei Umsatz als auch Ergebnis bereits wieder das Vor-Corona-Niveau. Vor allem in Europa lief wieder sehr gut. Auch deshalb hat man die Prognose für das Gesamtjahr 2021 nun erhöht.
Gepaart mit der mittlerweile ausgebauten Online-Präsenz dürfte das Wachstum auch in den kommenden Jahren stark bleiben.
Die Aktie könnte dementsprechend durchaus noch etwas Luft nach oben haben.