IPO-Kandidat HelloFresh wagt neuen Anlauf

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Noch ziert sich der deutsche Leitindex DAX einen Fuß über die vor allem psychologisch wichtige Marke von 13.000 Zählern zu setzen, obwohl das Börsenbarometer auch im gestrigen Handelsverlauf wieder ein neues Allzeithoch bei 12.996 Punkten markieren konnte.

In dieser Woche starten wir in die neue Berichtssaison, womit die eher nachrichtenarme Zeit der letzten Wochen beendet ist. Und traditionell fällt damit eigentlich auch der Startschuss für die Jahresendrally, doch was ist anno 2017 schon noch traditionell?

Dennoch dürften ab Wochenmitte die ersten Q3-Zahlen aus den USA für neue Impulse am Parkett sorgen. Als erstes öffnen dabei wie gewohnt die großen US-Banken ihre Bücher. Am Donnerstag legen Citigroup und JPMorgan Chase ihre Bilanzen zum beendeten dritten Quartal vor. Am Freitag ziehen die Bank of America und Wells Fargo nach.

IPO-Kandidat HelloFresh wagt neuen Anlauf

Grundsätzlich sind die Rahmenbedingungen für weiter steigende Aktienkurse weiterhin gut. Die Zinsen bleiben noch für eine lange Zeit auf einem historisch niedrigen Niveau, die Weltwirtschaft wächst grundsolide ohne heiß zu laufen.

Auch die Bewertungen von Aktien haben noch keine astronomischen Höhen erreicht. Und das Wichtigste: Die Innovationskraft der Unternehmen ist ungebrochen hoch, was uns auch in den nächsten Jahren weitere neue Wachstumsbranchen garantiert.

Dabei gibt es auch immer wieder interessante Börsenneulinge zu entdecken. Heute erreichte uns die Meldung über den geplanten Börsengang von HelloFresh. Seit über zwei Jahren munkelt man nun schon über einen möglichen bevorstehenden Börsengang des Kochboxen-Anbieters aus Berlin.

2015 hatte man schon einmal einen Anlauf unternommen. Nun aber liefert HelloFresh offenbar endgültig die Zutaten zum Börsendebüt. HelloFresh bietet sogenannte „Kochboxen“ für Verbraucher an: Pakete mit vorbereiteten Zutaten und einem Rezept, die im Abonnement erhältlich sind.

Mehrheitsgesellschafter von HelloFresh ist übrigens die Start-up-Schmiede Rocket Internet, die den 2011 gegründeten Konzern nun an die Börse bringen will. HelloFresh strebt an den regulierten Markt (Prime Standard) der Frankfurter Wertpapierbörse.

Wie am Morgen bekannt wurde, soll das geplante Angebot eine Kapitalerhöhung von 250 bis 300 Mio. Euro umfassen. Die Erlöse aus dem IPO will das Unternehmen in das bestehende Geschäft sowie den Aufbau neuer Geschäftszweige investieren.

„Der Börsengang ist für uns der nächste logische Schritt, um unser Geschäft weiter auszubauen, unsere Position als führender globaler Anbieter zu sichern und unsere langfristige Wachstumsstrategie mit Nachdruck fortzusetzen“, sagt Dominik Richter, Mitgründer und CEO von HelloFresh.

Die Berliner müssen zeigen, dass ihr Geschäftsmodell Substanz hat

Bevor Ihnen angesichts des vermeintlich nahenden IPOs aber das Wasser im Mund zusammenläuft, sollte ein Blick in die Bilanz des Unternehmens nicht vernachlässigt werden. Denn Geldverdienen ist bei HelloFresh derzeit noch nicht angesagt.

Die bereinigte EBITDA-Marge betrug im zweiten Quartal 2017 minus 7,4%. Ziel der Berliner ist es nun, innerhalb der nächsten 15 Monate ein ausgeglichenes EBITDA und auf mittelfristige Sicht eine bereinigte EBITDA-Marge von 12 bis 15% zu erreichen.

Im zweiten Quartal hat HelloFresh eigenen Angaben zufolge einen Umsatz in Höhe von über 230 Mio. Euro erzielt. Für das erste Halbjahr stehen Erlöse von 435,4 Mio. Euro in den Büchern.

Das Unternehmen beschäftigt rund 2.000 Mitarbeiter und ist neben Deutschland unter anderem auch in Großbritannien, den Niederlanden, Belgien, Österreich und den USA tätig. Im zweiten Quartal lieferte HelloFresh insgesamt 33,7 Mio. Mahlzeiten an die etwa 1,3 Mio. aktiven Kunden aus.

Die Konkurrenz schläft nicht – AmazonFresh „versorgt“ bereits Berlin, Potsdam und Hamburg

Der Börsenkandidat sieht sich selbst als führender globaler Anbieter von personalisiertem, frischem Essen. Doch die Konkurrenz schläft nicht. Vor allem die aus Übersee nicht! Berühmtestes Beispiel: Amazon. Von einem kleinen Bücherversandhandel ist das Unternehmen in gut 20 Jahren zum weltweit größten Onlinehändler gewachsen. Nun macht sich der Internetgigant in immer mehr Bereichen breit, so auch in der Lebensmittelbranche.

Jüngst hat Amazon die Biolebensmittelkette Whole Foods übernommen. Seither hat das Management die Preise dort teilweise um mehr als 40% gesenkt, was zur Folge hat, dass seitdem noch deutlich mehr Kunden den Weg in die Whole-Foods-Supermärkte finden.

Für Amazon dürfte dabei aber vor allem eines im Vordergrund stehen: Die Perfektionierung der Logistikkette. Für Amazon dürfte es ein Leichtes sein, sich Vorteile bei Lebensmittelbestellungen im Internet zu verschaffen.

Und bei Amazons Lieferdienst AmazonFresh erhält man schon längst den kompletten Einkauf, ob Obst und Gemüse, Backwaren, Fleisch- und Fischwaren sowie Bioprodukte, bequem nach Hause. Zwar ist in Deutschland das Liefergebiet von AmazonFresh bisher auf Berlin, Potsdam und inzwischen auch Hamburg beschränkt, doch hier wird man schnell an einer Ausweitung arbeiten.

Blue Apron-IPO hat gezeigt, wie es nicht laufen sollte

Und wir bleiben bei den US-Unternehmen. Ende Juni 2017 hat in Übersee das HelloFresh-Pendant Blue Apron den Sprung auf das Börsenparkett gewagt.

Nur kurze Zeit später hatten die Amerikaner Kundenverluste eingestanden und vor einem weiter schwachen Geschäft gewarnt, was den Kurs der Blue Apron-Aktie steil auf Talfahrt geschickt hatte, von welcher sich das Unternehmen seither nicht erholen konnte.

Lassen sich daraus Rückschlüsse auf den Börsengang von HelloFresh und eventuell auch auf die Folgen für den Rocket Internet-Kurs ziehen? Darüber kann man nur spekulieren. Jetzt sind wir erst einmal auf die neue Berichtssaison gespannt. Und über alle weiteren IPO-News zu HelloFresh halte ich Si auf dem Laufenden.