HelloFresh-Aktie: Problemjahr 2023 – das sollten Sie wissen
Erinnern Sie sich noch an die Zeiten, in denen HelloFresh einer der deutschen Börsenstars war? Nun, das ist gar nicht so lange her, wie Sie im Chart sehen können (Kursentwicklung seit Anfang 2020):
Noch Ende 2021 hatte das Papier des Kochboxenversenders teils bei mehr als 90 Euro notiert. Heute, am 7. März 2023, sind es nur noch 21 Euro (Stand: 07.03.2023, 9:00 Uhr). Es ist eine beachtliche Talfahrt, die die Aktie in den letzten 15 Monaten hingelegt hat. Trotz kleinerer Aufwärtsimpulse liegt das Minus in diesem Zeitraum bei satten 77 Prozent.
Neben den allgemeinen Belastungsfaktoren rund um das makroökonomische Umfeld (Inflation, steigende Zinsen, Konjunkturangst etc.) ist vor allem das Ende der Corona-Maßnahmen ausschlaggebend für den Einbruch der HelloFresh-Aktie. Schließlich hatte das deutsche Unternehmen mit seinen Kochboxen massiv von der Pandemie und dem Stay-at-Home-Trend profitiert.
Wie hat sich HelloFresh in 2022 geschlagen?
Doch die Sonderkonjunktur ist nun Geschichte. Das heißt aber trotzdem nicht, dass HelloFresh jetzt auf dem Zahnfleisch geht. Zumindest im letzten Jahr hat sich das Unternehmen den Umständen entsprechend ziemlich solide geschlagen, wie das am Dienstag veröffentlichte neue Zahlenwerk zeigt. Die Aktie krachte am Dienstagvormittag trotzdem um mehr als 5 Prozent ein. Dazu aber gleich mehr.
Zunächst: Der Kochboxenversender steigerte im vierten Quartal 2022 seinen Umsatz um fast ein Fünftel (+18,6 %) auf knapp 1,9 Milliarden Euro. Im Gesamtjahr 2022 stiegen die Erlöse gar um rund 27 Prozent auf 7,6 Milliarden Euro. Aber: Bereinigt um die Währungseffekte wegen des im letzten Jahr schwachen Euros lagen die Umsätze nur bei rund 7,05 Milliarden Euro.
Beim Ergebnis ging es ebenfalls deutlich nach oben, zumindest im Schlussquartal. Das sogenannte AEBITDA (bereinigter Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) verbesserte sich in Q4 um 22,4 Prozent auf 160 Millionen Euro. Im Gesamtjahr jedoch fiel das operative Ergebnis um 9,5 Prozent auf 477 Millionen Euro. HelloFresh begründet den Rückgang vor allem mit höheren Kosten bei Zutaten, Kraftstoff und Personal. Zudem hatte der Konzern seine Marketingausgaben erhöht, um auch nach Ende der Corona-Maßnahmen relevant zu bleiben.
Preiserhöhungen und Kundenschwund
Dass HelloFresh trotz dieser Belastungen zumindest in Q4 sein Ergebnis erhöhen konnte, ist sogleich der wohl positivste Faktor des Zahlenwerks. Der Grund: HelloFresh hat die Preise kürzlich erhöht, weshalb der durchschnittliche Bestellwert in Q4 um 19 Prozent auf 63,7 Euro nach oben schoss.
Darüber hinaus lief das Schlussquartal jedoch nicht gerade berauschend. So fiel in Q4 die Zahl der aktiven Kunden um 1,5 Prozent auf 7,11 Millionen. Und auch die Anzahl der Bestellungen ging um 0,7 Prozent auf 29,28 Millionen zurück. Das ist ein mögliches Signal, dass viele Kunden wegen der hohen Inflation zurückhaltender werden.
2023: Prognose sorgt für Enttäuschung
Ohnehin liegt die Crux nicht unbedingt bei den 2022er-Zahlen, sondern vielmehr im Ausblick. Dieser fiel nämlich alles andere als rosig aus. So erwartet das Management für 2023 einen währungsbereinigten Umsatzanstieg von nur noch 2 bis 10 Prozent. Das wäre selbst im besten Falle das schwächste prozentuale Jahreswachstum in der Geschichte der 2011 gegründeten Firma.
Und auch beim Gewinn muss HelloFresh offenbar aufs Bremspedal drücken. So soll sich das AEBITDA bei 460 bis 530 Millionen Euro einpendeln. Verglichen mit den 477 Millionen im Jahr 2022 könnte HelloFresh im laufenden Jahr also einen Ergebnisrückgang erleiden. Das Management begründet die Prognose indes mit dem in vielen Märkten gedämpften Konsumumfeld und den weiterhin hohen Ausgaben gerade im Marketingbereich.
HelloFresh-Aktie: Mein Fazit für Sie
Die Zeiten des ungezügelten Wachstums bei HelloFresh sind vorbei. Das ist zwar nicht unbedingt eine neue Erkenntnis. Die neuen Zahlen und vor allem die Prognosen untermauern das Boom-Ende aber erneut.
Klar: Die Aktie ist jetzt signifikant günstiger als noch Ende 2021. Die Wachstumsperspektiven jedoch sind inzwischen gleichfalls wesentlich schwächer. Neben dem Ende der Corona-Sonderkonjunktur befeuert die hohe Inflation eine Konsumflaute – was für HelloFresh in einer doppelten Belastung resultiert.
Es bleibt nun abzuwarten, wie das Unternehmen darauf reagiert. Gut möglich, dass HelloFresh noch mehr Rabatte gewähren und noch mehr Geld in Werbung stecken wird, um die Kunden bei der Stange zu halten. Das wiederum würde allerdings die Gewinnmargen einschränken. Spannend ist, welche Kennzahl die Börse im laufenden Jahr priorisieren wird: den Profit oder die Kundenanzahl?
Was man dem Unternehmen zugutehalten sollte: Ein tiefgreifendes Desaster zeichnet sich bei HelloFresh meiner Meinung nach nicht ab. Noch immer vertrauen viele Millionen Kunden auf die Kochboxen und deren Vorteile. Auch ist das Unternehmen längst profitabel und verfügt über ein beachtliches Eigenkapital. Und nicht zuletzt halte ich das Geschäftsmodell von HelloFresh nach wie vor für zukunftsfähig.
Gerade die nun günstigeren Kurse könnten für Sie also einen interessanten Einstiegspunkt markieren, um auf langfristige Renditen zu setzen.