HelloFresh-Aktie: Hunger nach Wachstum – Aktie zu günstig?

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Es ist die alles entscheidende Frage: Ist HelloFresh eine Eintagsfliege oder kann der Kochboxenversender auch nach der Corona-Pandemie weiterwachsen? Viele Beobachter jedenfalls äußerten immer wieder Zweifel an der langfristigen Perspektive des Berliner Konzerns.

Nun hat HelloFresh seine Kritiker endlich in die Schranken verwiesen. Am späten Mittwochnachmittag legte die Dax-Firma ihre Zahlen zum ersten Quartal 2022 vor. Kurzum: An der Börse kam das Zahlenwerk hervorragend an. Die HelloFresh-Aktie legte im frühen Handel am Donnerstag um 8 Prozent zu (Stand. 28.04.22, 10:00 Uhr). Für das Papier, das seit Herbst 2021 um mehr als 50 Prozent abgewertet hat, war das so etwas wie ein Befreiungsschlag.

HelloFresh: Umsatz in Q1 2022 über den Erwartungen

Aber schauen Sie sich die Zahlen einmal selbst an: HelloFresh konnte in Q1 seinen Umsatz um satte 26 Prozent auf einen Rekordwert von 1,92 Milliarden Euro verbessern. Das sei etwas mehr gewesen, als der Markt erwartet hatte, so die Berliner Firma.

Gleichzeitig stieg die Zahl an aktiven Kunden um 17 Prozent auf 8,5 Millionen. Die Anzahl der Bestellungen schoss um 18 Prozent auf 34,5 Millionen nach oben. Und der durchschnittliche Bestellwert verbesserte sich um knapp 12 Prozent auf 55 Euro.

Management befeuert Wachstumsmotor

HelloFresh investierte in den letzten Monaten viel Geld in Marketing, Produktionsausbau und in die Expansion in neue Märkte. Das heizte das Wachstum im ersten Quartal massiv an. Vor allem in den USA florierte das Geschäft der Berliner.

Erst kürzlich verkündete der Konzern seinen offiziellen Markteintritt in Japan. Im laufenden Jahr will man dort einen Umsatz im einstelligen Millionenbereich erzielen. Zusätzlich wolle man 2022 in ein bis zwei komplett neue Märkte expandieren, betonte Firmenboss Dominik Richter im Rahmen einer Telefonkonferenz mit Journalisten.

Interessant für Sie als Anleger ist auch die Entwicklung der Marketingausgaben: 2020 hatte HelloFresh noch relativ wenig Geld in Werbung gesteckt. Das Geschäft lief damals wegen der Ausgangsbeschränkungen und dem Stay-at-Home-Trend praktisch von alleine. Inzwischen muss HelloFresh deutlich mehr investieren, um im Gespräch zu bleiben:

  • Marketingkosten Q1 2020: 118 Mio. Euro
  • Marketingkosten Q1 2021: 217 Mio. Euro
  • Marketingkosten Q1 2022: 336 Mio. Euro

Einbußen beim Profit

Das alles drückt natürlich auf die Profitabilität des Unternehmens. In den drei Monaten bis Ende März 2022 fiel das bereinigte operative Ergebnis (AEBITDA) wegen höherer Kosten um knapp 38 Prozent auf 99,3 Millionen Euro.

Unterm Strich verdiente HelloFresh noch 27 Millionen Euro – nach 101,6 Millionen im Vorjahr. Viele Analysten hatten allerdings einen noch wesentlich größeren Profitrückgang erwartet.

Prognose unverändert

Die Prognose für das Gesamtjahr ließen die Berliner übrigens unangetastet. So rechnet der Kochboxenversender nach wie vor mit einem operativen Ergebnis zwischen 500 und 580 Millionen Euro. Zum Vergleich: Jene Profitkennzahl hatte 2021 bei 528 Millionen Euro gelegen. HelloFresh könnte also beim Ergebnis trotz des Einbruchs in Q1 im Gesamtjahr zulegen. Der Umsatz soll indes zwischen 20 und 26 Prozent wachsen. Das wäre in jedem Falle deutlich weniger als in den Pandemiejahren 2020 (+111 %) und 2021 (+61 %).

Übrigens: Natürlich hat auch HelloFresh auf die grassierende Inflation reagiert und seine Preise nach oben geschraubt. Allerdings habe man die Preise weniger stark angehoben als viele Konkurrenten, betonte Richter. Der Firmenchef begründete das mit der starken Liquidität seines Konzerns. Auch diese Strategie dürfte zum Kundenwachstum beigetragen haben.

Mein Fazit für Sie: Aktie unterbewertet?

Die Wachstumsmaschine HelloFresh läuft weiter – jedoch nicht mehr so stark wie in den letzten beiden Jahren. Trotzdem reagierte der Markt positiv auf das Zahlenwerk. Das hat auch mit der immensen Abwertung der Aktie in den letzten Monaten zu tun.

HelloFresh darf weiterhin darauf hoffen, dass man die Corona-Sonderkonjunktur – mit Abstrichen – in die Post-Pandemie-Zeit überführen kann. Viele Menschen sind inzwischen auf den Geschmack gekommen und schätzen die Vorteile der Kochboxen, unabhängig von Ausgangsbeschränkungen und Stay-at-Home.

Zwar muss der Konzern Einbußen bei der Profitabilität hinnehmen. Um das Wachstum weiterhin forcieren zu können, ist das jedoch unumgänglich. Die Analysten jedenfalls sind entsprechend positiv gestimmt. Die britische Investmentbank Barclays etwa sieht ein Kursziel von 90 Euro. Das wäre im Vergleich zum Kursniveau von Freitagmittag (40 Euro) mehr als eine Verdoppelung (Stand: 29.04.2022, 12:00 Uhr).

Aber auch andere Experten sehen die Abwertung der Aktie in den letzten Monaten als übertrieben an. Das durchschnittliche Kursziel der Analysten liegt laut Marketscreener bei knapp 70 Euro.

Mit etwas Geduld könnten Sie mit der Aktie also lukrative Renditen erzielen. Derzeit spricht jedenfalls vieles dafür.