Hamburger Hafen: Schwächer als die Konkurrenz

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Die Schiffe kommen, und zwar sehr viele auf einmal: Nach dem tagelangen Stau am Suezkanal, verursacht durch die Havarie des Megafrachters „Ever Given“, sind derzeit hunderte Schiffe unterwegs und steuern die großen Umschlaghäfen Europas an. Auch in Bremen und Hamburg bereitet man sich auf das erhöhte Arbeitsaufkommen vor und rechnet mit Überstunden, um die zahlreichen Frachter abzufertigen.

Aufschwung zum Jahresende

Es ist ein bisschen das Kontrastprogramm zum Einbruch des Vorjahres. Der fiel zwar nicht so schlimm aus wie in Folge der globalen Finanzkrise 2008, was vor allem auch darin begründet lag, dass sich die asiatischen Volkswirtschaften – allen voran China – schneller und stärker erholen konnten als erwartet. Ab der zweiten Jahreshälfte und insbesondere im Schlussquartal wurden die globalen Handelsströme wieder deutlich stärker frequentiert.

Deutsche Exporteure freuten sich über gute Geschäfte, zugleich stieg die Konsumlust der Europäer auf asiatische Importprodukte rund um Weihnachten. Für das erste Quartal verzeichneten die Autobauer Daimler und BMW Rekordabsätze in China.

Hamburg schwächer als die Konkurrenz

Doch der Hamburger Hafen konnte von dem Aufschwung nur mäßig profitieren. Hier wurde lediglich der Einbruch abgefedert: In der Hansestadt wurden im Jahr 2020 insgesamt rund 8,6 Millionen Container umgeschlagen, das sind 600.000 weniger als noch im Vorjahr.

Hamburg schwächelt insbesondere im Direktvergleich zur Konkurrenz: Während der Hamburger Hafen einen Rückgang um 8 Prozent verzeichnete, lag das Minus für Bremen und Rotterdam im Pandemiejahr 2020 bei lediglich 2 Prozent, während der niederländische Wettbewerber Antwerpen sogar ein Plus von 1 Prozent verbuchen konnte.

Hapag Lloyd verdreifacht Nettogewinn

Während die Umschlaghäfen unter der Pandemie gelitten haben, konnten Reedereien profitieren. So verzeichnete etwa die ebenfalls in Hamburg ansässige Hapag Lloyd für 2020 ein operatives Ergebnis von 1,3 Milliarden Euro und damit 62 Prozent mehr als 2019. Der Nettogewinn konnte gar verdreifacht werden.

Das schlägt sich auch im Aktienkurs nieder: Allein in den vergangenen sechs Monaten konnte die Hapag Lloyd Aktie um schwindelerregende 175 Prozent zulegen. Mit mehr als 140 Euro notierte das Papier zuletzt deutlich höher als die von den meisten Analysten ausgegebenen Kursziele, die sich eher im Bereich um 100 Euro befinden. Trotz des starken Jahresauftakts halten die meisten Experten das Kurspotenzial für begrenzt und raten tendenziell zum Halten oder Verkaufen der Aktie, zurzeit aber nicht zum Zukauf.

Hamburger Hafen: Teuer und ineffizient?

Dass andere Häfen glimpflicher davonkamen als Hamburg, liegt wohl nicht zuletzt an der Betreiberstruktur. In den großen niederländischen Häfen, aber auch in Bremerhaven sind Reedereien selbst beteiligt. Zudem arbeiten niederländische Häfen sowohl kostengünstiger als auch effektiver als Hamburg, wo die Umschlagkosten vergleichsweise hoch ausfallen bei insgesamt geringerer Produktivität.

Um dem Trend entgegenzuwirken, will man in Hamburg künftig stärker auf Automatisierung setzen. Mehr Maschinen, weniger Menschen sollen die Effizienz erhöhen und die Kosten senken, wenngleich man einen Arbeitskampf mit den unter anderem bei Verdi vernetzten Beschäftigten zu vermeiden bemüht ist.

Blockade des Suezkanals: Zwischenfall mit Langzeitfolgen?

Kurzfristig aber wird man jede Hand brauchen, die mit anpacken kann, um die Ladungen der hunderten von Schiffen in Empfang zu nehmen, die sich gerade auf dem Weg nach Europa befinden. Die dramatischen Auswirkungen der Blockade des Suezkanals könnte sich auch langfristig auf die Frachtschifffahrt auswirken. Hier wurde ein empfindliches Nadelöhr drastisch sichtbar, eine Sollbruchstelle des Welthandels wurde offengelegt.

Längst wird über Alternativrouten etwa über die immer häufiger eisfreie Route durch die Arktis spekuliert. Der Zwischenfall in Ägypten könnte auf die Branche somit weitreichende und langfristige Auswirkungen haben. Ob der Hamburger Hafen davon letztlich wird profitieren können oder weiter unter Druck gerät, wird sich nicht zuletzt anhand der Weichenstellungen entscheiden, die dort nun in Konsequenz der Pandemieerfahrung getroffen und umgesetzt werden.