Deutschlands Wirtschaft vor Erholung und Herausforderungen
- Inflation sinkt – EZB setzt Zinswende fort
- Aufschub von Großprojekten als Risiko für Ostdeutschland
- Überkapazitäten beim Flüssiggas
- Rückzug der Luftfahrtunternehmen belastet deutschen Flugverkehr
- Chinas Aufstieg – eine Herausforderung für deutsche Qualitätsprodukte
- Krankenhausreform bringt strukturelle Veränderungen
- Ausblick: Was bedeutet Trumps Wahlsieg für Deutschland und die EU?
- Fazit und Ausblick
Deutschlands Wirtschaftsleistung wird in diesem Jahr um 0,1 % sinken und bleibt damit stark unter Druck.
Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen erreicht den höchsten Stand seit der letzten Weltwirtschaftskrise 2010. Hinzu kommt, dass der bevorstehende Wahlkampf zur Bundestagswahl weitere wirtschaftspolitische Maßnahmen erschwert. Größere Impulse sind aktuell nicht zu erwarten, da die Koalitionspartner unterschiedliche Ansätze zur wirtschaftlichen Stärkung verfolgen.
Für die kommenden beiden Jahre prognostizieren Experten jedoch ein moderates Wachstum von 0,8 % bzw. 1,3 %, das vor allem auf eine leichte Erholung des Konsums durch höhere Reallöhne zurückzuführen ist. Auch die stabilisierte Zinslage dürfte das Bruttoinlandsprodukt stützen.
Inflation sinkt – EZB setzt Zinswende fort
Europaweit fiel die Inflation im September 2024 auf 1,7 %, und in Deutschland lag sie mit 1,6 % sogar darunter. Zum Vergleich: Vor zwei Jahren erreichte die Inflation historische Spitzen von bis zu 8,8 %. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat mit ihren Zinsschritten ihr Ziel einer stabilen Inflationsrate von etwa 2 % erreicht und kann somit schrittweise Zinssenkungen einleiten. Der Leitzins, der letztes Jahr noch bei 4,0 % lag, wurde in drei Schritten auf aktuell 3,25 % gesenkt, und für Dezember erwarten Experten eine weitere Senkung. Die Zinsentwicklung 2025 wird stark davon abhängen, ob die Inflation stabil bleibt. Sollte die Wirtschaft im Euroraum weiterhin stagnieren, könnte die EZB durch Zinssenkungen gezielt Konjunkturimpulse setzen, um Investitionen zu fördern.
Aufschub von Großprojekten als Risiko für Ostdeutschland
Obwohl eine investitionsfreundliche Zinspolitik Großprojekte erleichtern könnte, zeigt der jüngste Aufschub des Intel-Projekts in Magdeburg, dass Unternehmen auch weiterhin vorsichtig agieren. Intel verschiebt den Bau einer neuen Chipfabrik um mindestens zwei Jahre. Die bereits zugesagten Subventionen von 9,9 Mrd. Euro bleiben ungewiss, da das Gesamtprojekt über 30 Mrd. Euro kostet. Dieser Rückschlag könnte die Entwicklung des ostdeutschen Wirtschaftsstandorts beeinträchtigen.
Überkapazitäten beim Flüssiggas
Die Energiekrise und der Ukraine-Krieg führten zu massiven Investitionen in die Flüssiggas-Infrastruktur, um eine stabile Versorgung zu gewährleisten. Deutschland baute schnell mehrere LNG-Terminals, darunter das zukünftige größte Gasimportterminal in Wilhelmshaven und weitere schwimmende Terminals auf Rügen. Inzwischen zeichnet sich jedoch ein Problem der Überkapazität ab, das die Regierung vor politische Herausforderungen stellt. Die entstandenen Strukturen könnten langfristig teuer werden und verdeutlichen die Notwendigkeit eines effizienteren Energiemanagements.
Rückzug der Luftfahrtunternehmen belastet deutschen Flugverkehr
Der Rückzug internationaler Billigfluglinien wie Ryanair aus Deutschland sendet ein negatives Signal für den Standort. Ryanair zieht sich aus mehreren deutschen Städten zurück, und Eurowings streicht über 1.000 Flüge ab 2024, was Standorte wie Köln/Bonn und Hamburg hart trifft. Diese Entscheidungen sind vor allem auf gestiegene Steuern und Abgaben zurückzuführen. So wurde im Mai 2024 die Luftverkehrssteuer um 25 % erhöht, was die Ticketpreise deutlich verteuert. Während der Luftverkehr europaweit das Vorkrisenniveau übertrifft, liegt die Auslastung in Deutschland nur bei 83 % des Vor-Corona-Wertes.
Chinas Aufstieg – eine Herausforderung für deutsche Qualitätsprodukte
Die Qualität chinesischer Produkte, insbesondere im Automobilsektor, hat zugenommen und könnte den deutschen Markt unter Druck setzen. Um wettbewerbsverzerrende Subventionen einzudämmen, hat die EU Strafzölle auf chinesische Automobilimporte erhoben. Diese liegen je nach Hersteller zwischen 7,8 % für in China hergestellte Teslas und 35,3 % für SAIC-Fahrzeuge, wobei letzterer ein wichtiger Partner von Volkswagen ist. Chinesische Hersteller umgehen die Zölle zunehmend durch europäische Produktionsstätten und Kooperationen. Stellantis etwa hat 20 % der Anteile des chinesischen Herstellers Leapmotor erworben und wird künftig auch in Polen produzieren. Deutsche Premiumhersteller kämpfen derweil um Marktanteile und sind gezwungen, die Preise anzupassen, um sich gegen die günstiger werdenden chinesischen Alternativen zu behaupten.
Krankenhausreform bringt strukturelle Veränderungen
Die im Oktober 2024 verabschiedete Krankenhausreform strebt eine Konzentration spezialisierter Dienstleistungen an, um sowohl Qualität als auch Effizienz im Gesundheitssektor zu steigern. Ein Transformationsfonds von 50 Mrd. Euro soll über die nächsten zehn Jahre in neue Strukturen investieren. Dies bedeutet jedoch auch, dass Kliniken zunehmend auf ambulante Versorgungsleistungen setzen werden. Etwa 71 % der Kliniken sehen sich finanziellen Risiken ausgesetzt, und zahlreiche Häuser können nur durch Sanierungsmaßnahmen weitergeführt werden. Private Investoren bleiben angesichts der langen Unklarheit über die Reform zurückhaltend. Viele Kliniken haben daher Kapital aus kommunalen Quellen erhalten, um die Versorgung in der Fläche sicherzustellen.
Ausblick: Was bedeutet Trumps Wahlsieg für Deutschland und die EU?
Die Nachricht von Donald Trumps erneuter Wahl zum Präsidenten der USA birgt für deutsche und europäische Investoren potenzielle Auswirkungen. Trump ist bekannt für seinen protektionistischen Kurs, der unter anderem durch höhere Zölle und strikte Handelsregulierungen gekennzeichnet ist. Sollte die USA erneut eine „America First“-Politik verfolgen, könnten europäische Exportsektoren, besonders die Automobil- und Maschinenbauindustrie, direkt betroffen sein. Verschärfte Handelsbedingungen und mögliche Zölle könnten diese Schlüsselbranchen unter Druck setzen.
Darüber hinaus könnte Trump die Handels- und Sicherheitsbeziehungen innerhalb der NATO neu verhandeln wollen, was Deutschland möglicherweise dazu zwingt, größere Verteidigungsbudgets bereitzustellen. Dies würde weitere Herausforderungen für den deutschen Haushalt und Investitionsspielräume im Inland bedeuten. Auch geopolitische Spannungen mit China könnten sich unter Trump intensivieren, was wiederum europäische Unternehmen betrifft, die stark mit beiden Nationen verflochten sind.
Für Investoren könnte sich dies mittel- bis langfristig auf den Euro-Dollar-Kurs und die Attraktivität deutscher Exportwerte auswirken. In der Summe gilt es, mögliche protektionistische Schritte und deren Einfluss auf deutsche Unternehmen im Auge zu behalten.
Fazit und Ausblick
Zusammenfassend zeigt sich, dass Deutschlands Wirtschaft sich in einer Phase der Stabilisierung und der Herausforderung befindet. Trotz der schwachen Wachstumszahlen und der hohen Insolvenzraten bieten sich durch die sinkenden Inflationsraten und die vorsichtige Zinspolitik der EZB Chancen auf eine allmähliche Erholung. Die nächste Phase hängt stark von den politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen im Inland und in der EU ab. Langfristig wird auch die internationale Wettbewerbsfähigkeit, insbesondere gegenüber China, eine entscheidende Rolle für den Wohlstand spielen. Die Entwicklungen im Gesundheits- und Energiesektor verdeutlichen zudem den Anpassungsdruck, der auf Deutschland lastet, um seine Strukturen zukunftsfähig zu gestalten.
Mein Analysten-Team und ich werden für Sie die Lage in Deutschland genau beobachten und Ihnen künftig interessante Unternehmen vorstellen, die sich in diesem herausfordernden Umfeld behaupten.