Vonovia schluckt Deutsche Wohnen – diesmal wirklich
Megafusion am Immobilienmarkt: Vonovia und Deutsche Wohnen wollen fusionieren. Darauf haben sich beide Unternehmen verständigt und die Entscheidung Anfang der Woche bekanntgegeben.
Europas Nr. 1 soll in Deutschland entstehen
Durch den Zusammenschluss der größten und der zweitgrößten Wohnbaugesellschaft Deutschlands entstünde der größte Immobilienkonzern Europas. Gemeinsam verwalten beide Unternehmen mehr als eine halbe Million Mietwohnungen. Ihre Marktmacht ist allerdings relativ: Zwar wären sie nach der Fusion der mit Abstand größte Einzelplayer am Markt, hielten aber dennoch gerade einmal rund 2,5 Prozent des Gesamtbestands der Mietwohnungen in der Bundesrepublik.
Beide Konzerne sehen sich immer wieder der Kritik von Mieterverbänden und Verbraucherschützern ausgesetzt, die ihnen Gewinnstreben zu Lasten der Mieterinnen und Mieter vorwerfen, beispielsweise durch drastische Mieterhöhungen oder die Umlage von hohen Sanierungskosten.
Zugeständnisse an Berliner Mieter
Besonders stark vertreten sind die Gesellschaften in der Hauptstadt: Die Deutsche Wohnen hat hier mit 110.000 Wohneinheiten etwa 70 Prozent ihres Gesamtbestands, Vonovia kommt auf 40.000 Berliner Wohnungen. Weil gerade in Berlin das Thema Wohnen seit Jahren politisch hochbrisant ist und immer wieder weit oben auf der Agenda im Roten Rathaus steht, zeigten sich die Konzerne nun versöhnlich: Um lediglich 1 Prozent jährlich solle die Miete in der Hauptstadt in den kommenden drei Jahren angehoben werden, ließ man verlautbaren.
Sanierungsmaßnahmen und Neubauprojekte sollen in größerem Stil als bisher vorangetrieben werden. Zudem bieten die Konzerne dem Senat den Kauf von 20.000 Wohnungen an. Berlin hatte einen Großteil der einstigen kommunalen Wohnbestände einst vergleichsweise günstig verkauft und beklagt nun einen Mangel an bezahlbaren Sozialwohnungen, da für viele dieser Objekte die entsprechende Bindefrist inzwischen abgelaufen ist.
Was ist mit dem Rest der Republik?
Den Berliner Haushalt konnte der Verkauf der kommunalen Immobilien nur sehr kurzzeitig stabilisieren, das Bundesland ist hoch verschuldet. Der Rückkauf von 20.000 Wohneinheiten dürfte sich als Minusgeschäft erweisen, die politisch Verantwortlichen werden aber wohl dennoch dankend zustimmen, um die Wohnungsmisere in der Hauptstadt zumindest einigermaßen in den Griff zu bekommen.
Mieterschutzverbände bemängeln unterdessen, dass die Zusagen, die Vonovia und Deutsche Wohnen diesbezüglich getroffen hätten, sich allein auf Berlin bezögen und somit nicht automatisch auch für andere Regionen gelten würden – obwohl gerade Vonovia auch in Nordrhein-Westfalen stark vertreten ist.
Fusionspläne bereits zweimal gescheitert
Von Seiten der Kartellbehörden, die den Fusionsplänen noch zustimmen müssen, erwarten die Vorstände indes wenig Gegenwind – gerade im Hinblick auf den deutschen Wohnungsmarkt, der insgesamt weitgehend in der Hand von kleineren privaten oder größeren öffentlichen Eigentümern ist.
Bereits in der Vergangenheit hatte Vonovia zweimal mit dem Gedanken gespielt, den stärksten Konkurrenten zu übernehmen. Eine Offerte vor rund fünf Jahren wurde von Seiten der Deutsche Wohnen als feindlich bezeichnet und zurückgewiesen, erneute Pläne einige Jahre später verliefen bereits vor einem konkreten Angebot im Sande.
Synergieeffekte im dreistelligen Millionenbereich erwartet
Nun aber ist man sich in Gesprächen auf Ebene der Unternehmensführungen offenbar bereits einig geworden. Man agiere stärker partnerschaftlich, weniger als Konkurrenz. Zudem hätten sich die Geschäftsfelder und Strategien in den vergangenen Jahren stark aufeinander zu bewegt, sodass beide Seiten nun von einem Zusammenschluss auch wirtschaftlich stark profitieren dürften. Die Rede ist von Synergieeffekten von rund 105 Millionen Euro pro Jahr.
Das Übernahmeangebot von Vonovia beläuft sich nun auf 52 Euro je Aktie, plus 1 Euro Dividende – insgesamt kommen so gut 18 Milliarden Euro zusammen, die zumindest teilweise über eine Kapitalerhöhung bei Vonovia refinanziert werden sollen.
Aktien: Deutsche Wohnen legt zu, Vonovia gibt nach
Die Reaktion an der Börse folgte prompt: Aktien der Deutsche Wohnen schossen am Dienstag nach Bekanntwerden der Meldung um gut 18 Prozent in die Höhe und notieren seither auf dem Angebotsniveau von 52 Euro. Anteilsscheine von Vonovia gaben hingegen um rund 6 Prozentpunkte nach, konnten ihre Verluste am Mittwoch jedoch wieder eindämmen und lagen auf Wochensicht zuletzt rund 3 Prozentpunkte im Minus. Zusammen bringen es die beiden Konzerne auf einen Börsenwert von rund 48 Milliarden Euro, der Wert ihrer Immobilienbestände wird auf insgesamt etwa 80 Milliarden Euro geschätzt.
Mit einer Zustimmung von mindestens 50 Prozent der Aktionäre wird gerechnet – zumal mehrere größere Investoren ohnehin an beiden Konzernen beteiligt sind, wie beispielsweise der US-Vermögensverwalter Blackrock. Stimmen Anleger und Aufsichtsbehörden zu, soll der Zusammenschluss bereits im August über die Bühne gebracht werden.