Vonovia: Das Comeback nimmt Form an
Zwischen März 2022 und Juli 2023 hatte die US-Notenbank Fed den Leitzins um 5,25 Prozentpunkte auf 5,25 bis 5,50% erhöht. In Europa ging die EZB einen ähnlich radikalen Weg, um die ausufernde Inflation zu bekämpfen. Diese historische Serie an Zinserhöhungen hat kaum eine Branche so sehr belastet wie den Immobiliensektor. Inzwischen ist die Inflation jedoch auf dem Rückzug.
Fed-Chef Jerome Powell stellte bei der letzten Sitzung im vergangenen Jahr für dieses Jahr drei Zinssenkungen in Aussicht. Diese Zinswende spielt Immobilien-Unternehmen wie Vonovia in die Karten. Die Aktie der größten deutschen Wohnungsbaugesellschaft hat die Wende an der Börse geschafft, ist aber nach wie vor unterbewertet.
Größter Immobilienkonzern Europas
Das in Bochum ansässige Unternehmen entstand im Jahr 2015. Die Deutsche Annington, wie die Firma damals noch hieß, wurde nach dem Zusammenschluss mit GAGFAH in Vonovia umbenannt. Noch im selben Jahr stieg das Unternehmen in den DAX auf. Im Oktober 2021 folgte die Übernahme der Mehrheitsanteile der Deutsche Wohnen.
Dadurch wurde Vonovia zum größten Wohn-Immobilienkonzern Europas. Das Unternehmen hat sich auf die Verwaltung von privaten Wohnungen spezialisiert. Insgesamt besitzt Vonovia fast 550.000 Wohnungen. Neben dem Heimatmarkt Deutschland verfügt Vonovia auch über Bestände in Österreich und Schweden.
Der massive Zinsanstieg hat auch dem Branchenprimus zu schaffen gemacht. Darauf reagierte der Konzern mit Wohnungsverkäufen. In den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres erzielte Vonovia dadurch Erlöse von rund 3,7 Mrd. Euro.
Für das Gesamtjahr 2023 rechnet das Management mit einem operativen Gewinn in der Mitte der anvisierten Spanne von 1,75 bis 1,95 Mrd. Euro. In diesem Jahr dürfte das Ergebnis aufgrund höherer Steuern und Zinsen leicht unter dem Niveau des vergangenen Jahres liegen.
Aktie notiert klar unter dem Buchwert
Vor wenigen Tagen platzierte Vonovia erstmals erfolgreich eine Anleihe in Großbritannien. Die Anleihe mit 12-jähriger Laufzeit war mehr als achtfach überzeichnet. Mit der ihm zufließenden Liquidität will der Konzern Finanzierungen, die ab 2025 fällig werden, ablösen.
Die starke Nachfrage zeigt, dass der Kapitalmarkt bereit ist, wieder in die angeschlagene Branche zu investieren. Von sinkenden Zinsen profitiert Vonovia massiv, da Finanzierungs- kosten dadurch deutlich zurückgehen.
Gerade in Deutschland werden viel zu wenige Wohnungen gebaut. Das knappe Angebot sorgt vor allem in Metropolen für steigende Preise. Vonovia als größter Anbieter von Wohnraum profitiert von dieser Entwicklung.
Trotz der Kurs-Erholung seit den Tiefs im Mai des vergangenen Jahres notiert der DAX-Titel noch immer mehr als 50% unter seinem Allzeithoch und über 40% unter dem Net Asset Value (NAV), also dem Buchwert des Immobilien-Portfolios. Damit bleibt die Vonovia-Aktie nach meinen Analysen interessant. (Redaktionsschluss: 22.01.2024 um 18:20 Uhr)