Macron gewinnt, Dax verliert
Was ist da los an den Börsen? Macron wird neuer französischer Präsident. Das Schreckgespenst einer rechten Le Pen ist verjagt. Doch der Dax fällt unter 12.700 Punkte.
Die Menschen jubeln, die Börse noch nicht
Ich gebe zu, ich habe gestern Abend mitgefiebert. Schon gegen 19.30 Uhr hat das belgische Fernsehen eine erste Hochrechnung veröffentlich: 60 zu 40 für Macron. In Frankreich ist das verboten. Erste Zahlen dürfen erst um 20 Uhr veröffentlicht werden.
Und die kamen dann auch. Im TV-Sender France 2 wurden die letzten Sekunden rückwärts gezählt, genauso im Sprechchor auf dem Platz vor dem Louvre. Dann brach unter den Tausenden Menschen der Jubel los.
Jünger als Napoleon
Hier war deutlich zu spüren: Das ist ein historischer Moment. Auch in den amerikanischen Medien wird der Sieg von Macron als historisch bezeichnet.
So jung ist noch kein Mensch in der Geschichte Frankreichs Präsident geworden. Napoleon war 40 als an die Macht kam. Vor einem Jahr hat Macron erst seine Bewegung En Marche! gegründet.
Aus der Bewegung muss schnell eine Partei werden
Die muss sich jetzt schnell zu einer richtigen Partei formieren. Und das ist das Problem. Da kann auch die perfekte Inszenierung des gestrigen Wahlabends nicht darüber hinwegtäuschen: Nach der Wahl ist vor der Wahl.
Aufgrund des veralteten französischen Wahlsystems stehen schon im Juni Parlamentswahlen an.
Parlamentsmehrheit für Macron im Juni nicht sicher
Auch wenn es die Macron-Bewegung schafft, auf die Schnelle in jedem Wahlbezirk einen Kandidaten aufzustellen, ist eine Parlamentsmehrheit nicht sicher. In Frankreich sind Koalitionen nicht üblich, Kompromisse und Dialogfähigkeit im Gegensatz zu Deutschland nicht besonders ausgeprägt.
Vielleicht kann es der junge Macron als Präsident besser machen. Genau deshalb reagiert die Börse ernüchtert – nachdem der Dax allerdings auf ein neues Rekordhoch gestiegen ist.
Macron hilft Le Pen – in fünf Jahren
Und dann gibt es noch einen weiteren Punkt, die ich in Frankreich immer wieder höre, sowohl von links als auch von rechts. Die Befürchtung ist: Wenn es auch Macron nicht schafft, den Reformstau in Frankreich zu lösen, wird Le Pen in fünf Jahren endgültig an die Macht kommen.
Dann steht der Dax aber vielleicht schon bei über 20.000 Punkten und kann ruhig noch einmal korrigieren.