Autobranche hält die Hand auf
Die Corona-Pandemie trifft alle Branchen – aber nicht alle gleichermaßen hart. Während der Einzelhandel seine Geschäfte unter Auflagen oder im Internet weiterführen oder inzwischen wieder aufnehmen kann und einige Gastronomiebetriebe auf Lieferdienste oder Speisen für den Straßenverkauf umstellen konnten, müssen andere mit Komplettausfällen kalkulieren.
Irgendwo dazwischen hängt die Automobilbranche. Sie hat ihre Ausnahmeregelung durchgedrückt, wonach Autohäuser – im Gegensatz zu anderen Geschäften mit entsprechend großer Verkaufsfläche – den Betrieb inzwischen wieder aufnehmen durften.
Doch das reicht nicht aus Sicht der einflussreichen Verbandsvertreter. Sie fordern staatliche Subventionen, um Kaufanreize zu schaffen und damit den Absatz und Umsatz wieder anzukurbeln. Diskutiert wird beispielsweise über eine Abwrackprämie wie zu Zeiten der Finanzkrise vor rund zehn Jahren.
Prioritäten sind anders gelagert
Damals bekamen Kunden finanzielle Zuschüsse vom Staat, wenn sie sich für den Kauf eines Neuwagens unter Abgabe ihres vorherigen Fahrzeugs entschieden. Die Situation im Jahr 2020 gestaltet sich allerdings komplizierter.
Denn die allermeisten Beschäftigten befinden sich in Kurzarbeit, fürchten um die Zukunft ihrer Jobs oder wurden bereits entlassen. In einer solchen Situation denken die meisten wohl eher darüber nach, wie sie in den kommenden Monaten ihre Mieten oder Kredite bezahlen sollen als über die Anschaffung eines Neuwagens, selbst wenn dieser mit einigen tausend Euro subventioniert werden würde.
Schlüsselindustrie verweist auf ihre Bedeutung
Dennoch lässt die Branche nicht locker. Sie verweist auf die hohen Investitionen im Bereich Forschung und Entwicklung, auf die Schlüsselrolle der Automobilindustrie für den Wirtschaftsstandort und das Bruttoinlandsprodukt der Exportnation Deutschland und auf die Vielzahl an Arbeitsplätzen, die mit diesem Sektor direkt oder indirekt verknüpft sind.
Dabei ist es kein Geheimnis, dass Daimler längst den Abbau von mehreren tausend Arbeitsplätzen angekündigt hat und diese Maßnahmen zur Einsparung von Personalkosten wohl noch ausweiten dürfte.
Konzerne wollen an Dividendenzahlung festhalten
Was kritischen Beobachtern jedoch sauer aufstößt an den derzeit laufenden Verhandlungen ist die Weigerung der Automobilkonzerne, auf die Auszahlung einer Dividende zu verzichten. Die Anleger müssten bei der Stange gehalten werden, um langfristig eine gewisse Kapitalbasis abzusichern, so die Argumentation.
Doch kann das in der aktuellen Ausnahmesituation tatsächlich greifen? Normalerweise obliegt es den Unternehmen selbst, zu entscheiden, ob und in welcher Höhe die Anleger eine Gewinnbeteiligung erhalten sollen. Wenn sich die wirtschaftliche Lage aber derartig zuspitzt, dass offen über staatliche Hilfen nachgedacht werden muss – kann man dann noch von Unternehmenserfolgen sprechen, an denen Aktionäre beteiligt werden sollten?
Altmaier: Staatliche Hilfen nur bei Aussetzung von Dividenden
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier jedenfalls hat vor einigen Tagen bereits durchblicken lassen, was er von einem solchen Vorgehen hält: nichts. Wer staatliche Hilfen in Anspruch nehme, müsse währenddessen auf die Auszahlung einer Dividende verzichten und auch bei den Managerboni den Rotstift ansetzen, so der Minister.
Aber was für Konzerne im Allgemeinen gilt, muss deswegen noch lange nicht für die deutschen Autobauer gelten. Ihre Lobby ist stark, eine der mächtigsten im Lande. Wie die Gespräche ausgehen, ist dementsprechend völlig offen.