Dax: Rekorddividenden trotz Krisen – das steckt dahinter!
Ukraine-Krieg, Energiekrise, grassierende Inflation, steigende Zinsen, Konjunkturängste, geopolitische Konflikte: Die makroökonomischen Belastungsfaktoren sind nicht von der Hand zu weisen. Doch die Börse scheint sich davon nur relativ wenig beeindrucken zu lassen, wie Sie anhand der Kursentwicklung des Dax sehen können (Stand: 21.04.2023, 10:00 Uhr):
Quelle: www.aktienscreener.com
Seit Anfang Oktober 2022 hat der deutsche Leitindex trotz aller Krisenstörfeuer in eine Gegenbewegung gewechselt und um beachtliche 32 Prozent zugelegt. Und tatsächlich: Die anlaufende Berichtssaison zeigt immer mehr, dass sich die großen deutschen Konzerne auch operativ durchaus behaupten können. Gerade den Big Playern kommt deren enorme Marktmacht zugute, die ihnen eine gewisse Flexibilität bei der Preissetzung ermöglicht, was trotz hoher Kosten teils in stark steigenden Gewinnen resultiert.
DSW-Studie: Dividendenreigen bei deutschen Börsenkonzernen
Für Sie als Anleger ist das prinzipiell eine gute Nachricht. Denn auch in diesen Krisenzeiten haben die Großkonzerne die Spendierhosen an, wie nun die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) in einer neuen Studie konstatiert.
Schauen Sie: Laut der DSW werden die Aktiengesellschaften Deutschlands im laufenden Jahr beachtliche rund 75 Milliarden Euro an Dividenden an ihre Aktionäre ausschütten. Das ist nicht nur beachtlich, sondern auch ein neuer Rekordwert.
Am großzügigsten sind freilich die 40 Dax-Konzerne, die kumuliert auf Ausschüttungen in Höhe von 52,5 Milliarden Euro kommen. DSW zufolge heben zwei von drei Dax-Unternehmen ihre Dividenden an. An die Dax-Spitze haben sich indes die drei großen Autoaktien manövriert.
So wollen allein Mercedes-Benz, BMW und Volkswagen zusammen rund 15,5 Milliarden Euro auszahlen. Die drei Autowerte sind also für rund 30 Prozent der Dax-Dividenden verantwortlich. Mercedes etwa konnte in Q1 2023 dank hoher Preise und mehr Absatz eine höhere Umsatzrendite erzielen, als der Markt erwartet hatte. Das Geld scheint also trotz Krisen kräftig zu fließen.
MDax und SDax insgesamt zurückhaltender
Bei den kleineren Unternehmen zieht das Ganze bisweilen aber etwas anders aus. Laut der DSW-Studie will im MDax und SDax jede fünfte Firma ihre Dividenden kürzen oder gar streichen. Vor allem die zinsabhängige Immobilienbranche erweist sich als wenig krisenresistent. Der MDax-Wert TAG Immobilien etwa hatte 2022 einen Ergebnisrückgang hinnehmen müssen, die Dividende gestrichen und auch für 2023 auf hohe Belastungen hingewiesen.
Auf der anderen Seite gibt es laut DSW auch Firmen aus den Nebenindizes, die sich dividendentechnisch behaupten können. So wollen Fuchs Petrolub (Schmierstoffe u.a. für Autobranche und Maschinenbauer) und Stratec (Analysesysteme für Medizinbranche) ihre Ausschüttungen erhöhen – und das zum 21. bzw. 20. Mal in Folge.
Und der neue Dividenden-Primus ist …
Interessant: Der deutsche Konzern mit der höchsten Ausschüttungssumme ist aufgrund seines geringen Streubesitzanteils in gar keinem Index gelistet: Hapag-Lloyd. Die Mega-Reederei will laut DSW insgesamt 11,1 Milliarden Euro ausschütten.
Der Konzern hatte 2022 massiv von der Corona-Erholung der Containerschifffahrt profitiert und einen Rekordgewinn von satten 17,5 Milliarden Euro erzielt. Das wird unter anderem der Stadt Hamburg zugutekommen, die als Aktionärin allein 1,5 Milliarden Euro einstreicht.
Wo jetzt Schmalhans Küchenmeister angesagt ist
Doch wo es Licht gibt, gibt es auch Schatten. Die neue DSW-Studie offenbart auch einige Verlierer der Krisenzeiten – darunter so manches Schwergewicht aus dem Dax. So wollen der Autozulieferer Continental, der Immobilienkonzern Vonovia und der Sportartikelgigant Adidas ihre Dividenden teils massiv kürzen.
Allein bei Adidas liegt das Dividendenminus bei knapp 79 Prozent. Adidas kämpft derzeit nicht nur mit der Zurückhaltung der Verbraucher, sondern auch mit fehlgeschlagenen Kooperationen (Stichwort: Kanye West) und mit einer Flaute im China-Geschäft.
Noch schlimmer sieht es indes beim Chemiekonzern Covestro und beim Energietechnikspezialisten Siemens Energy aus, die beide ihre Dividenden komplett gestrichen haben. Covestro hatte zuletzt mit den hohen Energiekosten zu hadern und Siemens Energy abermals mit Problemen bei der Windkraft-Tochter Gamesa.
Mein Fazit für Sie
Alles in allem haben sich die deutschen Börsenkonzerne zuletzt wacker geschlagen. Das sorgt prinzipiell für Vertrauen in den Aktienmarkt, was Ihnen als Anleger zugutekommt. Trotzdem sollte man jetzt nicht in blinde Euphorie verfallen. Denn die Herausforderungen und Risikofaktoren bleiben immens. Erst im Laufe des Jahres wird sich zeigen, ob sich die ersten positiven Signale verfestigen können.
Auf langfristige Sicht drohen dem deutschen Aktienmarkt indes weitere Probleme – vor allem mit Blick auf China. Gerade die bis dato so erfolgreichen deutschen Autokonzerne gehen mit ihren China-Engagements ein hohes politisches Risiko ein, sollte die Kommunistische Partei ihren Widerstand gegen ausländische Akteure erhöhen, was viele Experten als wahrscheinlich erachten. Hier könnte es für die Auto-Titel in einigen Jahren meiner Meinung nach ein böses Erwachen geben.