„Car-Tell“: Wie gefährlich sind die Vorwürfe für Daimler, BMW und VW?
Beherrschendes Thema der Woche, ganz klar, war der Verdacht der Kartellbildung der heimischen Autobauer. Unsere Autoindustrie – die Vorzeigeindustrie Deutschlands – ist nach dem Dieseldesaster bei VW (VW Aktienlage) vor einiger Zeit nun erneut in den medialen Fokus geraten. Genauer gesagt geht es offenbar um eine Art von Kartellbildung seit den 90er Jahren zwischen den drei großen deutschen Auto-Giganten BMW, VW und Daimler (BMW Aktienlage).
Im Autosektor investierte Anleger bekommen jetzt zurecht zittrige Knie und fragen sich, was den Autobauern nun blühen könnte. Kartellstrafen? Kundenklagen? Imageschäden? Verliert unsere Vorzeigeindustrie „Made in Germany“ an Ansehen?
Analysten kommen nicht umhin, die Skandale rund um die deutschen Automobilhersteller, die einfach nicht abreißen wollen, börsentechnisch einzuordnen. Immerhin haben wir es bei Daimler, BMW und Volkswagen gleich mit drei DAX-Schwergewichten zu tun, die den deutschen Leitindex gleich mal zu Wochenbeginn ordentlich ausgebremst haben.
Was auf die Autobranche jetzt zukommt und wie Sie sich insbesondere als Privatanleger bei den Aktien der Autobauer verhalten sollten, können Sie in den von mir ausgewählten Artikeln aus renommierten Börsenpublikationen lesen. Erfahren Sie, wie die Börsenexperten die Sachlage einschätzen und bilden Sie sich – wie immer – Ihre eigene Meinung.
Das meinen die Experten
Der Aktionärsbrief
Vom 26. Juli 2017
Autowerte als Blackbox
„Die Autowerte werden eine große Chance, aber jetzt noch nicht. Auf der einen Seite stehen die Abgasskandale und nun auch der Verdacht der Preisabsprachen nebst Einbeziehung der Autozulieferer. Dazu kommt die Unsicherheit in Sachen Investitionskosten für die Entwicklung für die neuen Elektroautos. An Dramatik ist das kaum zu überbieten. Auf der anderen Seite zeigen aber alle Absatzzahlen der deutschen Hersteller trotz allem weiter nach oben. Gemessen an den Gewinnbewertungen gibt es keinen Sektor, der aktuell niedriger bewertet ist. Den mit Abstand tiefsten Bewertungsansatz liefert dabei VW. Wer in den Autosektor investiert, braucht einen langen Atem. Sie können nicht mit schnellen Erfolgen rechnen, sondern müssen einen Anlagehorizont bis 2020 einplanen. Ratsam ist zudem, nicht gleich in die Vollen zu gehen. Wir raten dazu, in zwei bis drei Staffeln zu kaufen. Die nächsten Monate mit dem aktuellen Nachrichtenhintergrund im Autosektor sind geradezu dafür prädestiniert, dass es zu weiteren Unfällen kommt. Derzeit gleicht alles einer Art Blackbox.“
Zürcher Finanzbrief
Vom 25. Juli 2017
Deutscher Autobau auf dem Boden der Tatsachen gelandet
„Insbesondere der DAX wird als Performance-Index gerne für Tagesspekulationen verwendet, indem der Index gespielt wird und alle DAX-Aktien mathematisch daran hängen, obwohl sie selbst keine individuelle Rolle spielen. Denn Performance bedeutet, dass die Volatilität wesentlich größer ist als im Falle eines Kurs-Index. Zwei Sektoren stehen sich gegenüber: Die bedeutende Chemie mit den größten Gewinnen der letzten Wochen gegenüber der Auto-Industrie mit dem schlechtesten Ergebnis. Der neue Auto-Skandal treibt das Ganze auf die Spitze. Unterscheiden Sie zwischen Schlagzeilen in den Medien und der juristischen Sachlage, analog zum Fall VW ab 2015. Diesem Ausverkauf folgt anschließend das Gegenteil. In BMW und VW bestehen die erheblichsten Short-Positionen im DAX, nach ProSiebenSat.1 aus anderem Grund. Sie wurden im Juni aufgebaut und unterstellen eine deutliche Negativ-Korrektur.
Die Hintergründe sind unbekannt. Daimler gehörte in ähnlicher Form im April und Mai zu dieser Riege. Doch Sie wissen: Jeder Shorter muss long gehen, wenn entweder seine Erwartung erfüllt und der Kurs ausreichend gesunken ist oder aber er muss schleunigst eindecken, wenn sich die Nachrichtenlage geändert hat. Das ist die Erholungskraft in beiden Kursen in den nächsten Monaten. Die drei deutschen Auto-Konzerne verloren in den vergangenen Jahren rund 38% an Wert, VW teilweise sogar 50%. Die Gewinne stagnierten allerdings auf hohem Niveau und die neuesten Konsensschätzungen liegen rund 12% über dem Vorjahr. Die Bewertung dieser Gewinne erreichte jedoch das tiefste Niveau der letzten zehn Jahre. Damit ist der deutsche Autobau als zweitwichtigste Parade-Industrie der Deutschen wahrlich auf dem Boden der Tatsachen gelandet. Konsequenz aus Sicht der Investoren: Jetzt geht es darum, die tiefsten Einkaufskurse zu erwischen, die man Schnäppchenpreise nennen kann.“
BÖRSENWOCHE
Vom 26. Juli 2017
Unzeit für die Autoindustrie
„Im Juni notierte der DAX zum ersten Mal in diesem Jahr am Monatsende unter dem Stand des Vormonats. Und im Moment sieht es ganz danach aus, dass das im Juli so weitergeht. Der alte Spruch vom Sell in May, in diesem Sommer jedenfalls scheint er zu passen. Ist das nur ein kurzer Sommer-Blues? Oder der Vorbote von größerer Unbill? Möglich, dass der wieder erstarkte Euro manche Prognose obsolet macht. Dazu gesellen sich unternehmensspezifische Themen. Vorneweg ist das mutmaßliche Autokartell zu nennen, das in der vergangenen Woche ans Licht kam. Die Kurse von BMW, Daimler und VW gaben nochmals deutlich nach, obwohl die Autoindustrie an der Börse ohnehin schon lange schlechter läuft als der Gesamtmarkt.
Mögliche Strafzahlungen kämen für die Autobauer zur Unzeit. Sie schlagen sich bereits mit dem Dieselskandal, einem schwächelnden US-Markt und dem Übergang zur Elektromobilität herum. Verschärft sich die Autokrise weiter, wäre das nicht nur im DAX, sondern am gesamten deutschen Aktienmarkt spürbar. Autobauer und Zulieferer stehen für ein knappes Fünftel des handelbaren Aktienvolumens auf dem deutschen Kurszettel. Und dann sitzen viele Aktieninvestoren auf hohen Gewinnen und machen deswegen auch mal Kasse. All das sollten Anleger bedenken. An eine lange Baisse glaube ich dennoch nicht, solange die Wirtschaft weiter moderat wächst und die Geldpolitik locker bleibt. Etwas Skepsis wie im Moment kann den Markt im Gegenteil sogar vor Überhitzung schützen.“
Ernste Lage, großes Potenzial
Dass die Lage am deutschen Automarkt ernst ist, das bestreitet derzeit kein Analyst. Dennoch herrscht auch Einigkeit darüber, dass langfristig gesehen gerade bei unseren heimischen Autobauern riesiges Potenzial liegt. Man denke nur an den Umbruch in Richtung Elektromobilität, der unaufhaltsam voranschreitet, und auf den gerade Daimler und BMW sehr gut vorbereitet sind. Warten wir‘s also ab.