Bayer-Aktie im Kurskeller: Die neuen Zahlen in der Analyse

Bayer-Aktie im Kurskeller: Die neuen Zahlen in der Analyse
Bruno Coelho / stock.adobe.com
Inhaltsverzeichnis

Schauen Sie sich einmal diesen Chart an (Stand: 06.08.2024, 9:30 Uhr, Börse Stuttgart):

Ein Bild, das Screenshot, Text, Grafiksoftware enthält.Automatisch generierte Beschreibung

Quelle: www.aktienscreener.com

Sie sehen die Entwicklung der Bayer-Aktie seit Anfang 2022. Seither hat der Dax-Titel satte 44 % an Wert eingebüßt. Es ist ein ganzes Sammelsurium an Problemen, das den Aktienkurs des Leverkusener Pharma- und Agrarchemiekonzerns in den letzten Jahren in Richtung Keller rauschen ließ.

Bayer-Aktie: Wo drückt der Schuh?

Insbesondere die milliardenschwere Übernahme des US-Saatgutkonzerns Monsanto inklusive dessen juristische Altlasten nagen schwer an der Substanz des deutschen Traditionskonzerns. Bayer ist wegen des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat immer noch mit Tausenden Forderungen in den USA konfrontiert. Der Konzern hatte rund 16 Milliarden US-Dollar zur Beilegung der entsprechenden Klagen zurückgestellt. Ende Mai 2024 waren 10 Milliarden dieser Rücklagen bereits ausgegeben.

Hinzu kommt, dass die Pharmasparte derzeit wenig Fantasie freisetzen kann. Experten und Investoren hatten immer wieder moniert, dass der Konzern kaum ein neues umsatzstarkes Medikament in seiner Pipeline habe. Im letzten Herbst hatte Bayer gar eine Studie zu dem eigentlich vielversprechenden Gerinnungshemmer Asundexian wegen mangelnder Wirksamkeit abbrechen müssen. Der Aktienkurs krachte damals innerhalb eines Tages um knapp 20 % ein.

Bayer legt neue Zahlen vor

Angesichts der großen Probleme hat die Börse diese Woche umso gespannter auf das neue Zahlenwerk gewartet. Am Dienstagvormittag war es nun so weit. Kurzum: Der ganz große Wurf gelang Bayer nicht. Die Aktie legte nach den Zahlen gerade einmal um 0,72 % auf 27,14 Euro zu (Stand: 06.08.2024, 9:30 Uhr, Börse Stuttgart).

Bayer steigerte im zweiten Quartal 2024 seinen Umsatz konzernweit um 3,1 % auf 11,14 Milliarden Euro. Damit lag der Leverkusener Dax-Gigant über dem Analystenkonsens (10,85 Mrd. €). Im Agrargeschäft verbesserte sich der Umsatz leicht um 1,1 % auf 4,98 Milliarden Euro. Das Management konstatierte Umsatzsteigerungen bei glyphosathaltigen Herbiziden, vor allem in Nordamerika. Außerdem meldete Bayer ein gut laufendes Geschäft bei Sojabohnensaatgut und Insektiziden. Schwächer lief es hingegen bei den Fungiziden und beim Maissaatgut – bedingt durch Mengen- und Preisrückgänge sowie rückläufige Anbauflächen.

Fallende Preise beim Getreide und Saatgut: Agrar-Sparte leidet unter mangelnder Profitabilität

Apropos Preisrückgänge: Der bereinigte operative Gewinn der Agrarsparte krachte im zweiten Quartal um knapp 28 % ein. Das Management führt die Gewinn-Schlappe auf einen nachteiligen Produktmix zurück. Heißt: Bayer hat mehr Produkte mit niedrigeren Preisen verkauft.

Der Markt rund um Saatgut steckt seit einigen Monaten in der Krise. Auch andere Anbieter haben zuletzt auf die Flaute hinweisen müssen. Hintergrund sind die gefallenen Preise für Getreide, gerade in den USA und Russland. Erst vor wenigen Tagen meldete die Terminbörse Chicago Board of Trade (CBOT), dass einige wichtige Mais-Futures auf den niedrigsten Stand seit Ende 2020 gefallen sind.

Experten machen insbesondere das günstige Wetter in den USA (eher kühl und viel Regen) für den Preisverfall verantwortlich, da die Ernte dadurch üppig ausfällt, wodurch es ein Überangebot gibt. Das wirkt sich auch negativ auf den Weltmarktpreis etwa von Mais und Gersten aus. In der Folge schrauben die Landwirte z.B. auch in Deutschland ihre Aktivitäten für die kommende Saison wieder zurück und fragen weniger Agrarchemikalien nach, weshalb auch deren Preise fallen.

Und wie sieht es in der Pharma-Sparte aus?

Bayer meldet für den Bereich Pharmaceuticals (rezeptpflichtige Medikamente) und für Consumer Health (rezeptfreie Medikamente) ein Umsatzwachstum von 4,5 % bzw. von 5,3 %. Das Management betonte vor allem das Wachstum beim Krebsmedikament Nubeqa und beim Mittel gegen Nierenschwäche, Kerendia. Bayer steigerte die Erlöse rund um die diese beiden Arzneimittel im zweiten Quartal um satte 90 % bzw. 73 %. Zusammen kamen Nubeqa und Kerendia auf einen Umsatz von etwa 3 Milliarden Euro und waren somit für 65 % der Pharmaceuticals-Erlöse verantwortlich.

Für Bayer ist ein Erfolg bei den rezeptpflichtigen Medikamenten auch allerhöchste Eisenbahn. Da die Patente beim bisher erfolgreichen Gerinnungshemmer Xarelto auslaufen, werden in den kommenden Monaten mehr und mehr Generika auf den Markt kommen. Diese Nachahmerprodukte werden in der Regel deutlich günstiger angeboten, was den Umsatz von Bayer belastet. Im zweiten Quartal ging es bei Xarelto bereits um 10,6 % nach unten.

Weniger Führungskräfte: CEO Anderson forciert neue Organisationsstruktur

Derweil setzt Konzernboss Bill Anderson seine Umstrukturierungspläne fort. Zwar will der Manager den Bayer-Konzern nicht aufspalten, wie einige Investoren lautstark fordern. Anderson forciert aber ein umfassendes Effizienzprogramm, in dessen Folge Zehntausende Stellen gestrichen werden. Im ersten Halbjahr 2024 seien weitere 3.200 Vollzeitstellen abgebaut worden, so Bayer am Dienstag. Damit hat der Konzern seine Entlassungswelle im Vergleich zum ersten Jahresviertel etwas beschleunigt. Ende Juni setzte sich die Belegschaft von Bayer noch aus 96.500 Mitarbeitern zusammen.

CEO Anderson will vor allem Führungspositionen streichen und damit eine neue Organisationsstruktur einführen, die wesentlich weniger leitendes Personal erfordern soll. Das Credo lautet: mehr Eigenverantwortung für die Mitarbeiter in den Teams und gleichzeitig weniger Führungskräfte, die künftig eher als eine Art Coach und Motivationstrainer fungieren sollen. Dadurch soll auch das umständliche Micromanagement reduziert werden, das Projekte oftmals ausbremst.

Mein Fazit für Sie

Die Krise bei Bayer ist meiner Meinung nach längst noch nicht gelöst. Noch immer drohen in den USA teure juristische Niederlagen. Und noch immer ist der Schuldenberg des Traditionskonzerns gigantisch. Hinzu kommt das zyklische und oftmals wenig ertragreiche Geschäft im Agrarbereich sowie das vergleichsweise doch eher schmale Wachstum bei den Medikamenten.

CEO Anderson muss nun den Mittelweg finden – zwischen Schuldenabbau und Wachstumsinvestitionen. Dabei muss der Manager die verschiedenen Interessen der Investoren, die teils kurzfristigen Renditen, aber auch langfristige Perspektiven einfordern, berücksichtigen. Ein Kinderspiel jedenfalls dürfte das nicht werden. Anleger von Bayer müssen sich daher zunächst weiterhin auf einen volatilen Aktienkurs einstellen. Wann ein nachhaltiger Ausbruch nach oben erfolgen kann, ist aus aktueller Sicht kaum abschätzbar.