Bayer Aktie: Alle Hoffnung ruht auf Anderson

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Es würde noch einmal schlimm werden. Darauf immerhin hatte Bayer seine Anleger vorab schon einmal eingestimmt – und einen Quartalsverlust von 2 Milliarden Euro in Aussicht gestellt.

Neuer CEO soll Ruder herumreißen

Das Erwartungsmanagement hat funktioniert, zumindest insoweit, als der tatsächliche Verlust im Zeitraum von April bis Ende Juni sich auf „nur“ 1,88 Milliarden Euro beläuft und damit etwas geringer ausfiel als zuletzt befürchtet. Im Vorjahresquartal hatte Bayer ebenfalls Verluste eingefahren, diese waren mit 298 Millionen Euro aber wesentlich kleiner ausgefallen.

Der Leverkusener Chemie- und Pharmakonzern bereitet mit seiner Q2-Bilanz den Boden für den neuen Chef: Alle möglichen Verluste und Abschreibungen wurden in dieses Zahlenwerk geschoben, um Bill Anderson zu ermöglichen, alsbald zumindest auf dem Papier Verbesserungen zu verkünden. Der ehemalige CEO des Schweizer Konkurrenten Roche hat im Frühjahr das Ruder bei Bayer übernommen – und damit eine Mammutaufgabe.

Bayer ächzt weiter unter Monsanto-Übernahme

Denn seit der umstrittenen Übernahme des US-Herstellers Monsanto kommen die Leverkusener aus der Schieflage nicht mehr so recht heraus. Der Unkrautvernichter Glyphosat aus dem Hause Monsanto stand bereits vor der Übernahme durch Bayer immer wieder in den Schlagzeilen. Das Mittel steht im Verdacht, krebserregend zu sein. Zigtausende US-Amerikaner haben in den vergangenen Jahren entsprechende Klagen eingereicht, nicht wenige davon führten zum Erfolg und hohen Schadenersatz- und Schmerzensgeldzahlungen.

Für die muss nunmehr Bayer geradestehen, und auch 5 Jahre nach der 60 Milliarden Euro schweren Übernahme sind die Probleme weiterhin gewaltig. So sind in den Vereinigten Staaten noch immer zahlreiche juristische Verfahren offen. Hinzu kamen in Q2 nun erhebliche Abschreibungen im Agrargeschäft. Zudem sind wegen sinkender Nachfrage und zunehmender Konkurrenzprodukte die Preise für Glyphosat gefallen, das Geschäft wirft also weniger ab, verursacht aber weiterhin hohe Kosten mit Blick auf die laufenden und möglicherweise künftigen Gerichtsverfahren.

Jahresprognose gekappt – auch im Pharmageschäft

Der Umsatz wird in der jüngsten Zwischenbilanz mit gut 11 Milliarden Euro ausgewiesen und liegt damit knapp 14 Prozent unter dem Vorjahreswert. Der bereinigte operative Gewinn ging um fast ein Viertel zurück auf nunmehr gut 2,5 Milliarden Euro.

Nachdem der Konzern seine Jahresprognose bereits im Juli nach unten korrigiert hatte, folgten im Zuge der Bilanzpräsentation dazu nun weitere Details. Besonders besorgniserregend: Nicht nur im Agrargeschäft, wo man es wegen der Glyphosat-Problematik ohnehin erwartet hatte, sondern auch im Pharmageschäft wird Bayer pessimistischer.

Umsatz- und Gewinnwarnung für laufendes Jahr

Im Bereich Agrarchemie und Saatgut, das als Division CropScience geführt wird, geht Bayer für das laufende Jahr von einem währungsbereinigten Umsatzrückgang um 5 Prozent aus. Zuvor hatten die Leverkusener noch ein kleines Plus von 3 Prozent angenommen. Im Pharmageschäft, bei dem man ursprünglich von geringfügigem Wachstum ausgegangen war, rechnet der Dax-Konzern nun mit einer Stagnation.

Beim bereinigten Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) hat Bayer seine Jahresziele ebenfalls gekappt. Ohne die Berücksichtigung von Währungseffekten sollen vom Umsatz im Bereich CropScience rund 21 Prozent vom Umsatz als Gewinn verbucht werden, im Pharmageschäft wird die operative Gewinnmarge nun mit rund 28 Prozent angegeben. In der vorherigen Prognose waren die Leverkusener noch von 25 bis 26 Prozent für das Agrargeschäft und gut 29 Prozent im Pharmageschäft ausgegangen.

Bayer Aktie kaum verändert: Schlechte Nachrichten schon eingepreist

In konkreten Zahlen erwartet Bayer einen um Wechselkurseffekte bereinigten Gesamtumsatz zwischen 48,5 und 49,5 Milliarden Euro, nachdem man noch bis Juli von 51 bis 52 Milliarden Euro ausgegangen war. Das Ebitda wird ohne Währungseffekte mit 11,3 bis 11,8 Milliarden Euro beziffert, hier hatte Bayer zuvor 12,5 bis 13 Milliarden Euro angepeilt.

Anleger hatten die schlechten Nachrichten bereits im Zuge der vorläufigen Zahlen und der Gewinnwarnung im Juli weitgehend eingepreist. Nach längerer Richtungssuche schloss die Bayer Aktie am Dienstag mit geringfügigen Verlusten.

Analysten hoffen auf Anderson – und bescheinigen Kurspotenzial

Alle Hoffnung ruht nun auf Anderson, der sich bislang noch bedeckt hält mit Äußerungen zur künftigen Konzernstrategie. Der neue Chef verschafft sich zunächst einen Überblick und betont dabei, „ergebnisoffen“ zu prüfen und alle Optionen in Erwägung zu ziehen, die sich positiv auf das Unternehmen auswirken. Mit der Präsentation einer mittelfristigen Strategie wird rund um den Jahreswechsel gerechnet. Auch eine Aufspaltung des Konzerns ist dabei nicht ausgeschlossen.

Analysten zeigten sich von der Konkretisierung der Zahlen und Prognosen in ersten Reaktionen recht unbeeindruckt und bestätigten weitgehend ihre vorherigen Einschätzungen. Dabei wird die Bayer Aktie meist mit einer Kaufempfehlung garniert, die Kursziele bewegten sich dabei häufig zwischen 68 Euro (Jefferies) und 92 Euro (UBS).

Auch darin zeichnet sich die Hoffnung auf Anderson ab, der den Laden nach jahrelanger Flaute wieder auf Kurs bringen soll, um das angenommene Kurspotenzial zu rechtfertigen. Zuletzt war das Papier für gut 52 Euro zu haben.