Chemie-Aktie: Vollkatastrophe? Nicht wirklich!

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Gleich vorneweg: Dass der Chemiegigant BASF angesichts der Krisen auch im ersten Quartal 2023 keinen leichten Stand haben wird, war am Markt längst erwartet worden. Doch die vorläufigen Zahlen, die der Dax-Konzern nun vorlegte, waren gar nicht so dramatisch schlecht. Vor allem beim Ergebnis offenbarten die Ludwigshafener eine beachtliche Krisenresistenz.

Vorläufige Zahlen zu Q1 2023: Warum der Umsatz einbrach

Beginnen wir mit dem Negativen. Vielleicht haben Sie es auch schon in den Medien gelesen: Die BASF hat zwischen Anfang Januar und Ende März 19,9 Milliarden Euro umgesetzt und damit 13,4 Prozent weniger als im Vorjahresquartal. Das Problem: Im Auftrag von BASF befragte Analysten (VARA Research) hatten einen Rückgang von nur 5,4 Prozent auf 21,8 Milliarden Euro in Aussicht gestellt.

Der Chemiekonzern begründete das doch stärkere Minus mit insgesamt deutlich niedrigeren Absatzmengen. Details hierzu gab das Management im Rahmen der vorläufigen Zahlen indes nicht preis. Bereits im letzten Jahr hatte die BASF in einigen Konzernbereichen sinkende Verkaufsvolumina einräumen müssen – etwa im Geschäft mit chemischen Rohstoffen für Farben, Bauchemikalien, Klebstoffen, Papier, Verpackungsprodukten und Kunststoffen.

Offenbar waren nun auch in Q1 2023 einige Industriekunden wegen der gestiegenen Preise für solche Chemievorprodukte deutlich zurückhaltender. Die schwächelnde Konjunktur zeigt also Wirkung. Inwieweit sich der neue Absatzrückgang auf die einzelnen Regionen verteilt, blieb ebenfalls unklar. Die BASF hatte im letzten Jahr vor allem in Europa und China mit Absatzproblemen zu kämpfen.

Hoffnung auf China

Zumindest in Sachen China hatte der Konzern aber für 2023 optimistische Signale gesendet, wegen des Endes der dortigen No-Covid-Politik. Ohnehin hatte BASF-Boss Martin Brudermüller höhere Investitionen in der Volksrepublik angekündigt – etwa für einen neuen milliardenschweren Verbundstandort in Zhanjiang.

Das Kalkül: Brudermüller will die Schwächephase in Europa mit neuem Wachstumspotenzial in China kompensieren, trotz Kritik aus der Politik.

Agrar-Sparte als Krisenschutz: Ergebnis in Q1 besser als erwartet

Die Belastungen in Q1 waren zweifelsohne enorm. Doch beim Ergebnis schaffte die BASF eine positive Überraschung. So fiel der um Sondereffekte bereinigte operative Gewinn (bereinigtes EBIT) zwar um satte 31,5 Prozent auf rund 1,9 Milliarden Euro ab. Das Ergebnis blieb demnach aber deutlich über den Erwartungen der Analysten. Diese hatten laut BASF mit einem bereinigten EBIT von nur 1,6 Milliarden Euro gerechnet.

Der Chemiekonzern konnte also die Preise stärker erhöhen, als der Markt erwartet hatte. Insbesondere im Segment „Agricultural Solutions“ übertraf der Konzern die Ergebnisprognosen signifikant. Die BASF bietet über die Sparte unter anderem Herbizide, Insektizide und Fungizide, die die Landwirtschaft braucht, um ihre Ernteeffizienz zu verbessern. Bereits 2022 hatte Agricultural Solutions sowohl Umsatz als auch Ergebnis im Unterschied zu den meisten anderen Konzernbereichen merklich steigern können.

Der Grund: Die hohen Lebensmittelpreise haben die Landwirtschaft angeregt, ihren Output zu erhöhen. Deshalb stieg die Nachfrage nach Pflanzenschutzmitteln, was der BASF wiederum die Möglichkeit verschafft, die Preise in diesem Segment deutlicher nach oben zu schrauben.

Nachsteuerergebnis: Vergleich zu 2022 hinkt

Interessant: Unterm Strich (Ergebnis nach Steuern und nicht beherrschenden Anteilen) schaffte der Dax-Konzern laut vorläufigen Zahlen in Q1 sogar ein Plus gegenüber dem Vorjahresquartal – um immerhin 28 Prozent auf 1,56 Milliarden Euro. Auch hier lag man deutlich über den Analystenschätzungen (1,08 Mrd. €).

Allerdings ist der Profitsprung mit Vorsicht zu genießen. Denn: Im Vorjahresquartal hatte eine Wertberichtigung auf die Beteiligung an Wintershall DEA das Nachsteuerergebnis massiv belastet. Der Erdgas- und Ölproduzent Wintershall DEA war jahrzehntelang in Russland aktiv und dort ein gefragter Partner. Wegen des Ukraine-Kriegs erklärte das Unternehmen nun den Ausstieg aus dem Russlandgeschäft, was mit massiven Abschreibungen einhergeht und der BASF hohe Buchverluste bescherte.

Entsprechend ist der Vergleich zu Q1 2022 von Sondereffekten geprägt. Gegenüber Q1 2021 (1,7 Mrd. €) fiel das Nachsteuerergebnis im letzten Jahresviertel indes um 9 Prozent – wenngleich auch das kein dramatischer Rückgang ist.

Wie geht es 2023 weiter?

Die BASF hat im Rahmen der vorläufigen Zahlen keine neue Prognose veröffentlicht. Im Februar hatte das Management für 2023 einen Umsatz zwischen 84 und 87 Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Das wäre im besten Falle eine Stagnation gegenüber 2022 (87 Mrd. €). Beim operativen Ergebnis (bereinigtes EBIT) erwartet der Konzern eine Spanne von 4,8 bis 5,4 Milliarden Euro. Das wären bis zu 30 Prozent weniger als im Vorjahr.

Immerhin, und das sollte man der BASF zugutehalten: Bereits im ersten Quartal 2023 konnte der Konzern 37,25 Prozent der mittleren EBIT-Prognose (5,1 Mrd. €) erfüllen. Dabei hatte das Management noch im Februar vor allem für das erste Halbjahr 2023 immense Belastungen in Aussicht gestellt. Dass man nun mehr als ein Drittel des Ergebnisziels bereits in den ersten drei Monaten erreichen konnte, spricht für das Unternehmen – und möglicherweise für eine Prognoseanpassung nach oben.

Mein Fazit für Sie

Die große Katastrophe bei der BASF blieb in Q1 also weitestgehend aus. Natürlich sind die Krisen und Belastungsfaktoren für den stark konjunkturabhängigen Konzern nicht zu unterschätzen. Den Teufel an die Wand malen, sollte man jetzt aber nicht.

Die Börse reagierte übrigens mit einem leichten Aufschlag auf die am Nachmittag des 12. Aprils veröffentlichten, vorläufigen Zahlen. Die Aktie blieb trotzdem weit unter dem Niveau von Anfang 2022, wie Sie im Chart[1] sehen können (Stand: 13.04.2023, 10:30 Uhr).

Die Aktie ist meiner Meinung nach immer noch ein interessantes Investment – und relativ günstig bewertet. Und auch die für 2023 erwartete Dividendenrendite liegt mit knapp 7 Prozent auf einem durchaus lukrativen Niveau (via Marketscreener).

Achten Sie als Anleger jetzt unbedingt auf den 27. April. Dann nämlich will die BASF ihre vollständigen Zahlen zum Auftaktquartal veröffentlichen. Interessant dürfte dann vor allem sein, ob das Unternehmen angesichts der besser als erwarteten Q1-Zahlen seine Ergebnisprognose nach oben geschraubt hat.


[1] Quelle: www.aktienscreener.com