Versicherer rechnen mit hohen Belastungen
Erst Corona, jetzt Klima: Es sind teure Zeiten für Versicherer wie Provinzial, Allianz oder den Rückversicherer Münchener Rück.
Im vergangenen Jahr waren es vor allem die Lockdown-Maßnahmen, die bei vielen Versicherungsnehmern dazu führten, dass sie ihre Police in Anspruch nehmen mussten. In diesem Sommer hat die verheerende Flutkatastrophe in Teilen Westdeutschlands und Belgiens für Schäden in Milliardenhöhe gesorgt. Gleichzeitig leiden die Mittelmeerregion sowie weite Teile im Nordwesten der USA unter beispiellosen Hitzewellen, die zu gewaltigen Flächenbränden führen und ebenfalls immense Schäden verursachen.
Provinzial rechnet mit höchster Schadenssumme der Firmengeschichte
Die Provinzial hat bereits verkündet, dass allein die Hochwasserschäden sich wohl auf die größte Schadenssumme der Firmengeschichte aufaddieren werden. Genaue Zahlen sind zwar bislang nicht abschätzbar, doch bereits jetzt geht die Provinzial von versicherten Schäden in Höhe von mehr als 760 Millionen Euro aus.
Gut 33.000 Kunden hatten bis Anfang vergangener Woche hochwasserbedingte Schäden gemeldet, die meisten davon entfielen auf Wohngebäude- und Hausratversicherungen, ein geringerer Anteil auf Kfz-Versicherungen.
Allianz: Flutschäden wohl über halbe Milliarde Euro
Ein ähnliches Bild zeichnet sich auch bei Deutschlands größtem Versicherungskonzern, der Allianz, ab. Auch hier gab es rund 30.000 Sachschäden sowie etwa 5.000 Meldungen aus dem Bereich der Kfz-Versicherung. Die Kosten summieren sich nach Schätzungen der Allianz auf mehr als eine halbe Milliarde Euro. Allerdings: Ein nicht unerheblicher Teil der Schadenssummen wird direkt weitergereicht an Rückversicherer, sodass die Belastungen für die Bilanz der Allianz im Rahmen bleiben dürften.
Erheblich stärker betroffen sind demgegenüber Rückversicherer wie die ebenfalls im Dax gelistete Münchener Rück. Man rechnet mit Belastungen im mittleren dreistelligen Millionenbereich, wie der Konzern mitteilte. Der kleinere Konkurrent Hannover Rück geht von einer Schadenssumme im Kontext der Hochwasserkatastrophe in Höhe von 200 bis 250 Millionen Euro für sich aus.
Kaum Großschäden im ersten Halbjahr
Das zurückliegende erste Halbjahr lief unterdessen glänzend für die Versicherungsbranche. Hier gab es nur relativ geringe Belastungen, größere Unwetterschäden oder sonstige Katastrophen blieben aus.
So verzeichnete die Münchener Rück im abgelaufenen zweiten Quartal einen Nettogewinn von 1,1 Milliarden Euro und damit fast doppelt soviel wie im Vorjahreszeitraum, als der Gewinn noch bei 579 Millionen Euro gelegen hatte. Das operative Ergebnis konnte von 755 Millionen auf 1,55 Milliarden Euro gesteigert werden. Sowohl die Bruttoprämien als auch das Kapitalanlageergebnis zogen im Vergleich zum Vorjahresquartal an.
Münchener Rück bestätigt Jahresausblick
Für das Gesamtjahr rechnet der Konzern mit einem Nettogewinn von 2,8 Milliarden Euro und bestätigte damit seinen Ausblick. Im Vorjahr hatte der Jahresgewinn unterm Strich noch bei 1,2 Milliarden Euro gelegen nach Belastungen durch die Corona-Pandemie.
Analysten bewerteten die Halbjahresbilanz sowie die Jahresprognose positiv und verwiesen dabei nicht zuletzt darauf, dass die Vorhersage trotz der Umweltkatastrophen im dritten Quartal beibehalten wurde. Anleger honorierten die Zahlen ebenfalls: Die Aktie der Münchener Rück legte auf Wochensicht fast 10 Prozentpunkte zu.
Allianz: Probleme mit Investmenttochter in den USA
Etwas unsicherer erscheint demgegenüber die Lage bei der Allianz – allerdings nicht wegen der unwetterbedingten Schadensummen, sondern wegen juristischer Schwierigkeiten in den USA. Die Investmenttochter Allianz Global Investors (AGI) hatte mit Hedgefonds im vergangenen Jahr hohe Verluste eingefahren und sieht sich nun mit Klagen von institutionellen Anlegern konfrontiert. Zuletzt hatten sich auch US-Ermittlungsbehörden in den Fall eingeschaltet, was die Allianz Aktie zeitweise arg in Bedrängnis gebracht hat.
Die Vorkommnisse in den USA wiegen umso schwerer, da sie im schlimmsten Fall zu Zahlungen in Milliardenhöhe führen können – und die Allianz dafür bislang noch gar keine Rückstellungen gebildet hat. Stattdessen zeigt man sich großzügig und will noch in diesem Jahr ein großangelegtes Aktienrückkaufprogramm starten.
Allianz Aktie fängt sich nach tiefem Kursrutsch
Doch all das hatte im ersten Halbjahr noch keine Auswirkungen. Während der ersten sechs Monate des Jahres konnte die Allianz ihren operativen Gewinn um 7,8 Prozent auf gut 1,1 Milliarden Euro steigern. Das Nettoergebnis legte um 54 Prozent zu auf 838 Millionen Euro.
Die Allianz Aktie war wegen der juristischen Auseinandersetzungen in den Vereinigten Staaten dramatisch eingebrochen, hat sich aber inzwischen wieder fangen können und notierte zuletzt wieder oberhalb der Marke von 200 Euro.