Adidas im Abwärtsstrudel: Negativnachrichten reißen nicht ab
Adidas kommt nicht zur Ruhe. Wenige Wochen vor Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft der Herren im Wüstenstaat Katar reißen die Hiobsbotschaften nicht ab.
Erst Ende Oktober hatte das Unternehmen aus Herzogenaurach seine Anleger mit einer Gewinnwarnung schockiert. Bereits zum dritten Mal in diesem Jahr musste der Sportartikelhersteller seine Jahresprognose nach unten korrigieren. Auf gerade einmal eine halbe Milliarde Euro wird der Gewinn aus fortgeführten Geschäften nunmehr geschätzt – eine ziemlich schwache Bilanz im Vergleich zu früheren Jahren.
Adidas trennt sich von Kanye West
Nun kommt ein weiteres Imageproblem hinzu: Kanye West. Der US-Rapper und (inzwischen ehemalige) Werbepartner von Adidas hat seine Karriere in den vergangenen Wochen selbst demontiert durch äußerst fragwürdige Äußerungen, darunter auch antisemitische Entgleisungen. Gerade Letzteres ist für Adidas ein besonders sensibles Thema, immerhin war Unternehmensgründer Adolf Dassler seinerseits Mitglied der NSDAP.
Doch nicht nur durch judenfeindliche und mutmaßlich rechtsgerichtete Äußerungen fiel Kanye West zuletzt negativ auf. Auch seine Geschäftspartner – neben Adidas etwa das Modelabel Gap – kritisierte er scharf. Während andere Werbepartner früh die Reißleine zogen, zögerte Adidas zunächst und gab die sofortige Beendigung der Zusammenarbeit erst Ende Oktober bekannt.
Kooperations-Aus verschärft Gewinneinbruch
Das dürfte nicht zuletzt daran liegen, dass sich die gemeinsame Marke „Yeezy“ auch für die Herzogenauracher als Gewinnmaschine erwiesen hatte: So erzielte die Marke allein im Jahr 2020 einen Umsatz von 1,7 Milliarden US-Dollar. Die Kooperation zwischen Adidas und West lief bereits seit 2015, damals hatte sich der Rapper aus einem vergleichbaren Geschäft mit Nike zurückgezogen und sich stattdessen mit dem deutschen Konkurrenten zusammengetan.
Nach wochenlangem Zögern ist man nun auch bei Adidas zu der Erkenntnis gelangt, dass eine Fortsetzung der Zusammenarbeit nicht vertretbar ist. Doch für den Sportartikelkonzern bedeutet das auch finanziell einen erneuten herben Rückschlag: Die negativen Auswirkungen auf den Nettogewinn beziffert Adidas in seiner Mitteilung auf bis zu 250 Millionen Euro.
China-Geschäft schwächelt
Neben der Causa Yeezy belastet auch das schwächelnde Chinageschäft die Performance von Adidas. Die Sportartikel gelten im Reich der Mitte als eine der beliebtesten westlichen Marken, Adidas erwirtschaftet seit Jahren einen beträchtlichen Teil seiner Umsätze in China. Umso härter trifft das Unternehmen die dortige Null-Covid-Politik mit wochenlangen strikten Lockdowns.
Allein im zweiten Quartal des laufenden Jahres, als unter anderem ein langer Lockdown in Shanghai weltweit für Schlagzeilen sorgte, brachen die Umsätze, die Adidas in China erzielen konnte, um 35 Prozent ein. Für die zweite Jahreshälfte rechnet das Unternehmen in seinem wichtigen Absatzmarkt ebenfalls mit einem Rückgang im zweistelligen Prozentbereich.
Chefwechsel geplant – Nachfolge ungewiss
Es sind zahlreiche Baustellen, die Kasper Rorsted seinem Nachfolger hinterlässt. Der CEO leitet Adidas nur noch übergangsweise. Im Sommer wurde bekannt, dass sich das Unternehmen vorzeitig von seinem Vorstandsvorsitzenden trennen wird, spätestens im kommenden Jahr ist Schluss für den Dänen, der die Geschicke von Adidas seit 2016 lenkt.
Wie schlimm es finanziell zurzeit tatsächlich um die Herzogenauracher steht, dazu werden Anleger bereits in der kommenden Woche nähere Details erfahren. Für den 9. November wird die Vorlage der jüngsten Quartalsbilanz erwartet. Nach den Hiobsbotschaften der vergangenen Wochen verheißt dieser Termin nichts Gutes.
Adidas Aktie mehr als halbiert
Ohnehin haben Anleger im bisherigen Jahresverlauf wenig Freude an der Adidas Aktie, die sich seit Anfang Januar mehr als halbiert hat. Um fast zwei Drittel ist der Kurs inzwischen eingebrochen, ein Ende der Talfahrt ist nicht in Sicht.
Auch die anstehende WM in Katar dürfte hier nur wenig Einfluss haben. Das Sportevent ist wegen der Umstände seiner Ausrichtung und der Terminierung in den Wintermonaten hochumstritten. Zudem wird die Lust, sich mit neuen Trikots und anderen begleitenden Sportartikeln einzudecken, wohl durch die historisch hohe Inflation abgewürgt, die bereits in den vergangenen Monaten für erhebliche Kaufkraftverluste in der Bevölkerung gesorgt hat.