Adidas-Aktie: Der Tragödie nächster Akt – eine Analyse!
Adidas ist der zweitgrößte Sportartikelhersteller der Welt und derzeit eines der größten Sorgenkinder am deutschen Aktienmarkt. Die Traditionsfirma sieht sich gleich mit mehreren schwerwiegenden Krisen konfrontiert, die die Aktie enorm unter Druck setzen.
Schauen Sie: Zwischen Anfang Januar und dem 24. Oktober verlor das Papier knapp 60 Prozent an Wert. Zum Vergleich: Der Dax gab im gleichen Zeitraum „nur“ um 19 Prozent nach.
Drittes Quartal 2022: Adidas‘ China-Geschäft kracht ein
Vor wenigen Tagen hat Adidas nun das neuste Kapitel seiner Tragödie veröffentlicht: die vorläufigen Zahlen zum dritten Quartal 2022. Beginnen wir mit dem Umsatz. In Q3 verbesserten sich die Erlöse im Jahresvergleich immerhin um 11 Prozent auf 6,4 Milliarden Euro. Das aber ist nicht der operativen Stärke zuzuschreiben, sondern lediglich Wechselkurseffekten.
Dank des schwachen Euros generieren die Auslandseinnahmen des Konzerns rechnerisch höhere Umsätze. Nimmt man diesen Effekt weg, stiegen die Erlöse in Q3 nur um vier Prozent.
Das große Problem ist wieder einmal China: Schon seit vielen Monaten belastet der wichtige chinesische Absatzmarkt das Wachstum von Adidas – vor allem wegen der dortigen Corona-Lockdowns. So krachte der Umsatz in der Volksrepublik im dritten Jahresviertel währungsbereinigt im starken zweistelligen Prozentbereich ein. Wie hoch der Rückgang genau war, ließ Adidas vorerst offen.
Noch eine Gewinnwarnung
China ist die eine Herausforderung – Russland die andere. Wegen hoher Einmaleffekte unter anderem für den Rückzug aus Russland krachte der Gewinn aus fortgeführten Geschäftsbereichen um 63 Prozent auf 179 Millionen ein. Die operative Marge lag gerade einmal bei 8,8 Prozent – ein Rückgang von rund 3 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Adidas bricht also die Profitabilität weg.
Kein Wunder, dass der Konzern seinen Anlegern nun abermals eine Gewinnwarnung unterbreiten musste. So soll der Gewinn aus fortgeführten Geschäften in diesem Jahr nur noch bei 500 Millionen Euro liegen. Zum Vergleich: Bis zur Jahresmitte hatte man hier noch einen Wert zwischen 1,8 und 1,9 Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Ende Juli kappte man dann die Prognose wegen der massiven Probleme in China auf 1,3 Milliarden. Nun musste man den Rotstift noch einmal zücken – und das wesentlich umfangreicher. Der Gewinn würde dadurch um zwei Drittel gegenüber 2021 zurückgehen.
Konsumflaute zwingt Adidas zu hohen Rabatten
Besonders bitter: Adidas spürt nicht nur in China und Russland Gegenwind, sondern auch in den westlichen Märkten. Vor allem die hohe Inflation und die zunehmende Zurückhaltung der Verbraucher erweist sich als teurer Bremsklotz.
So lagen die Lagerbestände zum Ende des dritten Quartals um 63 Prozent höher. Das heißt: Adidas bekommt seine Produkte nicht mehr los. Der Konzern muss nun seine verkaufsfördernden Maßnahmen intensivieren – beispielsweise indem man den Kunden hohe Rabatte gewährt oder mehr Werbung schaltet. Und eben das drückt massiv auf die Profitabilität, und vor allem auf die Perspektive. Denn für einige westliche Märkte erwarten Ökonomen eine Zuspitzung der Konjunkturkrise und gar eine tiefgreifende Rezession.
Hoffnung auf WM in Katar
Beim Umsatz blieb Adidas indes etwas zuversichtlicher. So soll das Wachstum im vierten Quartal im zweistelligen Prozentbereich liegen. Adidas hofft hier auf positive Effekte unter anderem durch die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar, die am 20. November anläuft.
Trotzdem: Auch hierbei dürfte Adidas höhere Rabatte gewähren, was den Profit-Anteil am Umsatz schmälert.
Kostenprogramm soll helfen
Und wie sieht es mit 2023 aus? Adidas betont, dass man derzeit ein Kostenprogramm forciere, um den Inflationsdruck entlang der gesamten Wertschöpfungskette abzumildern. Die Maßnahmen sollen in Q4 zunächst zu Einmalaufwendungen in Höhe von rund 50 Millionen Euro führen. 2023 dann sollen damit Kostennachteile von bis zu 500 Millionen Euro kompensiert werden können.
Um welche konkreten Maßnahmen es sich hierbei handelt, ließ Adidas jedoch zunächst offen. Gut möglich, dass man hierzu schon am 9. November erste Details präsentieren kann. Dann will der deutsche Traditionskonzern seine endgültigen Q3-Zahlen vorlegen.
Adidas-Aktie: Mein Fazit für Sie
Für die Adidas-Aktie ist das Ganze natürlich ein Desaster. Die Anleger straften das Papier nach der Vorlage der vorläufigen Zahlen abermals ab. Die Stimmung ist also auf einem Tiefpunkt – übrigens nicht nur bei Adidas, sondern auch bei anderen Branchentiteln wie Nike.
Auf der anderen Seite könnte die nun deutlich erschwinglichere Aktie bei langfristig orientierten Anlegern auf Interesse stoßen, was den Kurs durchaus stabilisieren könnte. Für einen nachhaltigen Turnaround braucht die Adidas-Aktie nun aber einen richtigen Game-Changer.
Und dieser ist gar nicht mal so unwahrscheinlich. Schauen Sie: Im August hatte das Unternehmen den Rücktritt seines Vorstandschefs Kasper Rorsted bekannt gegeben – offenbar auf Druck von Investoren, die mit der Leistung des Konzernlenkers unzufrieden schienen.
Die Suche nach einem Nachfolger läuft jedenfalls noch (Stand: 24.10.2022, 12:00 Uhr). Die Börse wertet das als eine weitere Hängepartie, die so schnell wie möglich gelöst werden müsse – gerade in diesen Zeiten. Sollte Adidas einen neuen, erfahrenen und vor allem krisenerprobten Vorstandschef vorstellen, der glaubwürdig eine Trendwende symbolisiert, könnte das die Aktie durchaus antreiben.
Unterschätzen sollte man Adidas auf jeden Fall nicht. Dass dessen Geschäft konjunkturanfällig ist, ist seit vielen Jahrzehnten bekannt. Früher oder später wird sich auch die aktuelle Krise auflösen. Spätestens dann kann Adidas wieder aus den Vollen schöpfen. Lediglich das Wann ist hier die große Unbekannte.