Der Kanzlereffekt und die Aktienmärkte

Inhaltsverzeichnis

Am Sonntag werden wir wieder unser Kreuz auf dem Wahlzettel machen. Deutschland wählt einen neuen Bundestag. Beobachter und Experten wetten im Vorfeld der Wahl auf einen CDU/CSU-Sieg. Doch wie verhält es sich aus Investorensicht? Was wäre der beste Wahlausgang für uns Anleger?

Genau dieser Frage ist Dr. Christian Funke, Vorstand des unabhängigen Vermögensverwalters Source For Alpha (S4A) mit Sitz in Frankfurt, nachgegangen.

Funke hat untersucht, wie sich der Markt in den verschiedenen Regierungsphasen der letzten 50 Jahre verhalten hat. Glaubt man seinen Untersuchungen, sind konservative Regierungen besser für die Marktentwicklung – aus Anlegersicht wären also vier weitere Merkel-Jahre wünschenswert.

Konservative Regierungen sind die Lieblinge der Aktienmärkte

Erster Anhaltspunkt für Funkes Analyse war der Zusammenhang zwischen Kapitalmarktrendite und Regierungspartei.

Konservative Regierungen gelten allgemein als Liebling der Aktienmärkte während den Sozialdemokraten eine Tendenz zu höheren Sozialausgaben und mehr Bürokratie zugeschrieben wird. Für viele Marktteilnehmer geben indes Parteien wie die CDU/CSU ein wirtschaftsliberaleres und unternehmensfreundlicheres Bild ab.

Schauen Sie sich einmal die folgende Grafik an. Hier wird die durchschnittliche Rendite in der Amtsperiode des jeweiligen Kanzlers (p.a.) dargestellt, basierend auf der Indexentwicklung des DAX-30 im Zeitraum von September 1969 bis August 2017:

Historische Aktienmarktrenditen.jpg Quelle: Thomson Reuters Datastream/ S4A-Berechnungen

Was lässt sich in der Abbildung erkennen? Zunächst einmal scheint sich die oben erwähnte Vermutung zu bestätigen: Die SPD-geführten Regierungen unter Brandt und Schmidt fielen im Hinblick auf die Kapitalmarktrenditen in den jeweiligen Amtsperioden in eine sehr schwache Börsenphase. Einzige Ausnahme ist die letzte Regierungszeit von Helmut Schmidt.

In der Regierungsperiode von Helmut Kohl konnte der DAX durchschnittlich mehr als 10% pro Jahr draufsatteln, ausgenommen seiner zweiten Amtsperiode von 1987 bis 1990.

Der weltweite Börsencrash im Oktober 1987, welcher den DAX in wenigen Tagen um mehr als 20 Prozentpunkte nach unten absacken ließ, verhinderte, dass der deutsche Leitindex auch hier eine zweistellige Rendite pro Jahr aufweisen konnte.

Merkel-Ära brachte bisher stets positive Renditen

Interessant ist auch die Amtsperiode von Gerhardt Schröder, die stark zweigeteilt war. Während der DAX in der ersten Regierungsphase Schröders durchschnittlich knapp zehn Prozentpunkte pro Jahr einbüßte, Grund hierfür war zum Großteil das Platzen der Technologieblase zur Jahrtausendwende, verzeichnete Deutschlands wichtigstes Börsenbarometer in seiner zweiten Amtszeit hingegen im Durchschnitt zweistellige Zuwächse pro Jahr.

„Pikant hierbei: Ein großer Teil der Rendite erfolgte im Sommer 2005 im Nachgang an die verlorene Landtagswahl in NRW und der damit verbundenen überraschenden Ankündigung von vorgezogenen Neuwahlen. Es könnte sein, dass der Markt v.a. von der Hoffnung auf einen etwaigen Regierungswechsel nach oben getrieben wurde“, hebt Dr. Christian Funke hervor.

Und nun wird es besonders interessant, kommen wir zu der Ära von Angela Merkel. Sie sehen in der Grafik, der DAX brachte bisher in jeder ihrer Amtsperioden eine positive Rendite hervor – sogar während der ersten großen Koalition, die stark von den Auswirkungen der großen Finanzkrise geprägt war. In den Jahren 2009 bis 2013, die Regierungszeit von Schwarz/Gelb, konnte der Index der 30 deutschen Top-Konzerne sogar zweistellige Renditen pro Jahr aufweisen.

Schwarz schlägt Rot

Auch in der nächsten Abbildung schlägt nach Berechnungen von Source For Alpha die CDU/CSU die SPD um Längen. Sie sehen hier die durchschnittlichen annualisierten Renditen getrennt nach Jahren einer roten und schwarzen Amtszeit auf Grundlage des DAX-30-Index von September 1969 bis August 2017:

DAX 30 Performance.jpg Quelle: Thomson Reuters Datastream/ S4A-Berechnungen

Während der DAX in Zeiten einer CDU/CSU-geführten Regierung jährlich durchschnittlich 11,3% draufsatteln konnte, belief sich der Zuwachs unter einem sozialdemokratischen Kanzler lediglich auf 1,7% pro Jahr. Eine deutlich positivere Marktentwicklung gab es also unter CDU/CSU-geführten Regierungen.

Fassen wir noch einmal kurz zusammen. Dr. Christian Funke kam bei seinen Untersuchungen zu dem Schluss, dass es historisch durchaus von Bedeutung für die Märkte war, wer im Kanzleramt das Sagen hatte.

Dabei wiesen nach Funkes Ergebnissen die Aktienmärkte höhere Renditen unter CDU/CSU-Regierungen auf als unter sozialdemokratischen Kanzlern. Wie die Analyse von Funke aufzeigt, erzielte der DAX in keiner Amtsperiode einer CDU/CSU-geführten Regierung eine negative Rendite.

Dr. Christian Funke erklärt dazu: Dieses Ergebnis muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass sozialdemokratische Kanzler eine schlechtere Wirtschaftspolitik machen. Es könnte auch daran liegen, dass in Krisenzeiten zufällig häufiger Sozialdemokraten an der Macht waren. Direkt nach der Wahl von SPD-Kanzlern reagiert allerdings der DAX im Durchschnitt bereits sehr negativ. Dies spricht dafür, dass die Marktteilnehmer befürchten, dass eine sozialdemokratisch geführte Regierung negative Auswirkungen auf die Aktienmärkte haben wird.“