Der „Handelskrieg“ – alle Hintergründe
Das Thema „Handelskrieg“ (das Wort halte ich für die Übertreibung des Jahres) belastete gestern die Börsen besonders stark. Dass die Kursabschläge durchaus dem Handelskonflikt USA vs. China geschuldet sein dürften, zeigen die an US Börsen gelisteten chinesischen Aktien wie Alibaba, Baidu, Netease etc., die die Kursverliererliste anführten.
Der „Handelskrieg“ – die Hintergründe
Den USA wird ja von vielen Medien derzeit vorgeworfen, mit ihren geplanten Zöllen den freien Welthandel zu gefährden. Ein Blick auf die Fakten offenbart jedoch, dass sich die Vereinigten Staaten bei vielen Zolltarifen tatsächlich im Nachteil befinden.
Nehmen wir die EU. Diese erhebt bekanntlich 10 % Zoll auf die Einfuhr von Autos, die USA ihrerseits aber nur 2,5 %. Im Falle Chinas sieht die Sache noch viel dramatischer aus.
China erhebt 25% Zoll auf Auto-Importe, die USA ebenfalls nur 2,5% auf chinesische Autos. China öffnet zudem seinen Markt nur für Unternehmen, die mit chinesischen Firmen kooperieren, und gelangt so in den Besitz von Hochtechnologie. Der Aufkauf von sensibler Technologie durch Peking soll in Zukunft unterbunden werden.
Auch wenn Sie die durchschnittlichen Zölle aller Handelssparten vergleichen, langt die EU mit 5,2 % mehr zu als die USA mit 3,5 %. Wie wollen Sie diese tatsächlichen Nachteile wegargumentieren? Die Frage ist natürlich, wie man künftig damit umgeht.
Trump will eigentlich verhandeln
Und da hat sich US-Präsident Trump zuletzt in eine ziemlich vorteilhafte Verhandlungsposition gebracht. Die Angst vor Strafzöllen hat die EU windelweich gemacht. Das erleichtert die Neuverhandlung von Handelsabkommen enorm.
Dass Trump eigentlich keinen „Handelskrieg“ will, dass hat er gestern bewiesen, als er die eigentlich für heute geplanten höheren US-Zölle auf Stahl und Aluminium aus der EU sowie sechs weiteren Staaten zunächst aussetzte.
Nun können Verhandlungen geführt werden. Trump will gleiche Regeln/ Zölle für alle. Diese positive Nachricht ging allerdings im allgemeinen Börsen-Blues ziemlich unter.
Für China braucht es mehr Druck
Mit China (und auch Japan) meint es Trump dagegen (momentan) nicht so gut. So hat er zuletzt Strafzölle gegen China im Umfang von bis zu 60 Milliarden Dollar auf den Weg gebracht, um die USA für unfaire Handelspraktiken und den umfangreichen Diebstahl von geistigem Eigentum zu entschädigen.
Er betrachte Peking als einen Freund, aber die Zeiten der ungleichen Behandlung seien vorbei.
Ein Sprecher des Weißen Hauses sagte, man habe mehr als ein Jahr lang ohne Erfolg mit Peking verhandelt. Ebenso die Vorgänger-Regierungen – insgesamt 15 Jahre lang ergebnislos. Immer nur Reden werde zu teuer.
China will nun mit Handelsstrafen gegen Washington antworten. Geplant seien vorerst Zölle im Umfang von 3 Milliarden Dollar. Stahlrohre sollen mit 15 % verzollt werden, Schweinefleisch und recyceltes Aluminium mit 25 %.
Peking signalisiert Verhandlungsbereitschaft
Das ist milde im Vergleich zu den 60 Milliarden Dollar an neuen US-Zöllen und stellt eher einen Warnschuss an die USA dar als eine echte Gegenwehr. Es signalisiert die Verhandlungsbereitschaft Pekings.
Auch will das Handelsministerium Chinas die USA zu Gesprächen auffordern, um den Handelskonflikt noch zu lösen. Vielleicht brauchte es wirklich erst den Bugschuss massiver US-Zölle, um China von manchen seiner unfairen Handelspraktiken abzubringen.
Ein echter Handelskonflikt mit China kann auch hier nicht im Interesse der USA liegen. Vor allem die Mais- und Sojabohnenfarmer in den USA würden etwa höhere chinesische Zölle auf US-Agrarprodukte hart treffen.
Viele von ihnen haben Trump gewählt. Bis jetzt sind die Preise für Agrarprodukte in diesem Jahr gestiegen. Doch wenn China Zölle verhängen würde, würden diese Preise kollabieren – und ein Teil der US-Agrarindustrie gleich mit.
Trump sollte es nicht zu weit treiben
Trump lehnt sich daher besser nicht zu weit aus dem Fenster. Die Lösung könnte darin bestehen, dass der starke Mann Chinas (Xi) ihm einige kleinere Zugeständnisse macht, damit Trump seien Sieg erklären kann. Ansonsten bleibt aber alles beim Alten.
Es wäre auch die beste Lösung für die Börsen, wenn sich die Parteien in den kommenden Wochen auf Kompromisse einigen. Denn viel Spielraum haben die Bullen nicht mehr, um ihren Aufwärtstrend zu verteidigen. Der Dow Jones etwa ist nur noch drei Prozent von seiner trendführenden 200-Tage-Linie entfernt.
Dow Jones Industrials: Können die Bullen die 200-Tage-Linie verteidigen?
Die gestrige Sitzung hat vor allem im späten Handel in den USA Schaden angerichtet, der heute früh durch die Verkäufe aus Asien weiter vergrößert wurde. Doch die aktuelle vorbörsliche Erholung in Europa zeigt, dass sich das Blatt noch zum Positiven wenden kann.
Offenlegung gemäß §34b WpHG wegen möglicher Interessenkonflikte: Der Autor ist in den besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten dieser Ausgabe investiert.