Dealmaking-Boom beim Kupfer: Aber was ist mit Rio Tinto?

Kupfer
Adobe Stock - photocrew
Inhaltsverzeichnis

Nachdem BHP kürzlich mit seinem Übernahmeversuch bei Anglo American gescheitert war, greift der Bergbaukonzern gemeinsam mit seinem Partner Lundin Mining nun beim Explorationsunternehmen Filo Corp. zu, um sich ordentlich Wachstumspotenzial rund um Kupfer ins Portfolio zu holen.

Heute soll es aber nicht primär um BHP gehen, sondern um dessen im wahrsten Sinne des Wortes Erzrivalen: Rio Tinto. Im Mittelpunkt steht die Frage: Wie reagiert Rio eigentlich auf den Kupfer-Wachstumsrausch des Konkurrenten? Konzernboss Jakob Stausholm hat sich am Mittwoch im Rahmen der Halbjahresbilanz zu diesem Thema geäußert und die Marschrichtung abermals akzentuiert.

Kupfer-Boom: Rio Tinto ist auf der Suche, achtet aber auf den Preis

Demnach ist Rio – ähnlich wie BHP – durchaus darum bemüht, beim wichtigen Energiewendemetall Kupfer, das überdies auch für die Rüstung und den KI-Boom eine wichtige Rolle spielt, aufs Gaspedal zu drücken. „Es gibt definitiv die Möglichkeit, weiter zu wachsen“, betonte Stausholm auf der Pressekonferenz am Mittwoch. Das Management sei ständig auf der Suche nach interessanten Assets.

Allerdings: Der Rio-Chef wies auf den zuletzt heiß gelaufenen Kupfermarkt hin. Stausholm spielt damit auf die etlichen Konsolidierungs- und Übernahmeaktivitäten in der Branche an. In der Folge steigen die Bewertungen für Kupfer-Assets – auch für jene, die noch gar nicht betriebsfähig sind.

BHP und Lundin etwa legen für den Explorateur Filo Corp. und dessen hochgradiges Kupfer-Flaggschiffprojekt Filo del Sol 33 CAD pro Aktie auf den Tisch. Zum Vergleich: Der Anteilsschein des kanadischen Minen-Explorateurs hatte vor den Medienberichten zur Übernahme bei rund 26 CAD notiert. Der Aufpreis liegt also bei 23 % – und das für eine Aktie, die in den letzten Jahren ohnehin schon stark aufgewertet hatte. Noch Anfang 2021 hatte Filo lediglich 1,6 CAD pro Anteilsschein auf die Waage gebracht.

Schielt Rio auf Teck Resources?

Rio Tinto sei nicht bereit, jeden Preis zu bezahlen, um sich neue Kupfer-Assets ins Haus zu holen, betonte nun CEO Stausholm. Gleichwohl gibt es seit einiger Zeit Gerüchte um eine mögliche Übernahme des kanadischen Akteurs Teck Resources. Teck bietet attraktive Kupferaktiva. Die Kanadier wollen ihren Output von aktuell knapp 300.000 Tonnen langfristig auf mehr als 600.000 Tonnen verdoppeln.

Zum Vergleich: Rio Tinto hatte im letzten Jahr rund 562.000 Tonnen Kupfer gefördert. Noch ist unklar, wie viel Geld Rio für eine Übernahme von Teck bieten würde. Da offenbar aber auch andere große Bergbau-Player wie Glencore und Vale ein Auge auf die Kanadier geworfen haben, könnte es zu einem teuren Bieterwettstreit kommen. Die Marktkapitalisierung von Teck Resources liegt aktuell bei umgerechnet 22,5 Milliarden Euro, die von Rio Tinto bei 73,7 Milliarden Euro (Stand: 31.07.2024, 14:00 Uhr). Für Rio wäre die Akquisition also durchaus eine Herkulesaufgabe.

Untertageausbau bei Oyo Tolgoi: Aber reicht das aus?

Immerhin: Rio Tinto hat das Potenzial, auch aus seinen eigenen Betrieben heraus zu wachsen. Vor allem der Untertageausbau der Mine Oyu Tolgoi in der Mongolei setzt enormes Wachstum frei. Der Standort, an dem Rio 66 % hält, könnte durch den Ausbau zur viertgrößten Kupfermine der Welt avancieren. Allein im zweiten Quartal 2024 stieg der Output der Mine um 23 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Weitere Wachstumsschübe stehen im Zuge des Untertageausbaus bevor. Die entsprechenden Bauarbeiten, auch bezüglich der Konzentratoren, sollen Ende 2025 abgeschlossen sein.

Um in die Sphären der ganz großen Kupfer-Player zu kommen, würde das aber längst nicht ausreichen. Unternehmen wie BHP, Freeport-McMoRan oder Codelco produzieren derzeit im Schnitt rund dreimal mehr Kupfer als Rio Tinto. Und all diese Akteure bauen ebenfalls ihre bereits vorhandenen Standorte aus.

Mein Fazit für Sie

Auch wenn der Kupferpreis zuletzt (temporäre) Schwäche gezeigt hat, ist die langfristige Perspektive rund um dieses wichtige Zukunftsmetall meiner Meinung nach immer noch höchst intakt. Heißt: Kupfer dürfte in den nächsten Jahren angesichts der übergeordneten Nachfragetrends (Energiewende, Rüstung, Elektronik, Digitalisierung, KI-Rechenzentren etc.) und des im Vergleich dazu eher schmalen Angebots hohe Wertsteigerungen erfahren.

Der Kupfermarkt läuft also auf eine prekäre und für die Sie als Anleger umso lukrativere Unterversorgung zu. Hierzu ein interessantes Diagramm: Laut dem Finanzdienstleister S&P Global könnte sich der weltweite Bedarf bis 2035 auf rund 50 Millionen Tonnen verdoppeln. Je nach Angebotsszenario könnte das Defizit zur Mitte der 30er Jahre laut S&P bei bis zu 9,9 Millionen Tonnen liegen:[1]

Quelle: S&P (https://www.spglobal.com/commodityinsights/en/market-insights/latest-news/energy-transition/071422-world-copper-deficit-could-hit-record-demand-seen-doubling-by-2035-s-p-global)

Kein Wunder also, dass die großen Bergbau-Akteure derzeit Ausschau halten nach interessanten Zukäufen – auch weil die Exploration, Entwicklung und der Bau eigener Minen sehr viele Jahre in Anspruch nimmt, was die allgemeine Angebotslage indes zusätzlich verschärft. Die Big Player wiederum können dadurch relativ schnell und natürlich gegen einen hohen Obolus bereits in Betrieb befindliche oder fortgeschrittene Projekte an Land ziehen. Es bleibt nun abzuwarten, inwieweit sich Rio Tinto an diesem Dealmaking-Trend beteiligen wird und vor allem wie viel Geld das Unternehmen bereit wäre, für die Kupfer-Fantasie auf den Tisch zu legen.