CO2 als Rohstoff? Dieser deutsche Konzern macht Hoffnung!
Ganz ehrlich: An was denken Sie als erstes, wenn Sie den Begriff CO2 hören? Viele Menschen jedenfalls sehen in Kohlendioxid inzwischen eine gefährliche Bedrohung für unseren Planeten – kein Wunder, ist das Treibhausgas doch hauptverantwortlich für den menschengemachten Klimawandel.
Doch heute ist es an der Zeit, das CO2 einmal aus einem positiveren Blickwinkel zu betrachten. Die chemische Verbindung aus Kohlenstoff und Sauerstoff ist nämlich längst nicht nur eine Gefahr für das Klima, sie kann auch echte Vorteile bewirken. Etwas, das in der aktuellen Debatte oftmals untergeht.
„PlasCO2“: Evonik und Partner wollen CO2 als Rohstoff nutzbar machen
Ein großer deutscher Chemiekonzern will sich diesem Thema nun annehmen und CO2 als Rohstoff nutzen. Im Mittelpunkt steht das Essener Unternehmen Evonik, das sich auf Spezialchemie und Hochleistungsmaterialien spezialisiert hat.
Vor wenigen Tagen hat Deutschlands drittgrößter Chemie-Player (nach Umsatz 2021) eine ambitionierte Kooperation betont. Demnach arbeitet Evonik mit drei Verbundpartnern schon länger an einem Verfahren zur Nutzung von CO2 mittels Plasma-Reaktoren. Das Projekt hört auf den Namen „PlasCO2“ und wird vom Bundesforschungsministerium mit mehr als 1,8 Millionen Euro gefördert.
„PlasCO2“ steht für „Plasmainduzierte Generierung von Kohlenmonoxid aus Kohlendioxid und dessen chemische Verwertung.“ Konkret arbeiten die Forscher daran, mit einem neu entwickelten Verfahren Synthesegas aus Kohlendioxid und Wasserstoff mittels eines Plasma-Reaktors zu gewinnen. Das auf diese Weise hergestellte Gas soll dann für die Herstellung von Chemieprodukten eingesetzt werden. Darunter Weichmacher oder petrochemische Erzeugnisse.
Neben Evonik sind das Leibniz Institut für Katalyse (LIKAT), das Leibniz Institut für Plasmaforschung (INP) und die Rafflenbeul Anlagen Bau GmbH beteiligt. Das Projekt umfasst also die hierfür wichtigsten Kompetenzen – angefangen bei der Katalyse über die Plasmaforschung bis hin zum Anlagenbau.
Plasma-Reaktor bringt CO2 energieeffizient auf Trab
Zunächst: CO2 als chemischen Rohstoff zu nutzen, ist alles andere als einfach. Denn das Kohlendioxid ist ausgesprochen reaktionsträge. So werden beispielsweise für die thermische Spaltung von CO2 Temperaturen von 3.000 bis 4.000 Grad Celsius benötigt, was in einem hohen Energieverbauch resultiert.
Hier kommt der Plasma-Reaktor ins Spiel. In diesen Maschinen werden Gase einem elektrischen Feld ausgesetzt. Die elektrische Spannung reißt aus den Gasmolekülen Elektronen heraus, die mit anderen Molekülen kollidieren. In der Folge bildet sich ein reaktionsfreudiges Gemisch aus Elektronen, Ionen und Molekülbruchstücken, die sich zu neuen Molekülen zusammenfinden.
Der erste Clou: Gibt man Kohlendioxid und Wasserstoff in einen solchen Reaktor, lässt sich daraus laut Evonik Kohlenmonoxid (CO) herstellen. Das Kohlenmonoxid wiederum ist als Gas ein wichtiger Grundstoff für die Synthese höherwertiger Kohlenwasserstoffe, die für die Chemieproduktion ausschlaggebend sind.
Der zweite Clou: Der chemische Prozess in einem Plasma-Reaktor erfordert wesentlich geringere Mengen an Energie im Vergleich etwa zur thermischen Spaltung. Kohlendioxid lässt sich so also ziemlich effizient verwerten.
Zum Wohle des Klimas
Das Ganze bietet jedenfalls enorme Klimavorteile. Erstens: Das hierfür nötige CO2 soll zum Beispiel aus Industriebetrieben stammen, die das Kohlendioxid abscheiden, bevor es in die Atmosphäre gelangt. Zweitens: Der Wasserstoff soll vor der Prozedur im Plasma-Reaktor in einem Elektrolyseverfahren aus erneuerbarem Strom erzeugt werden. Drittens: Der Betrieb des Plasma-Reaktors selbst soll ebenfalls mit Öko-Strom erfolgen.
Das Verfahren bietet also die Möglichkeit, die Synthesegasproduktion von den fossilen Rohstoffen abzukoppeln. Bislang wurde das wichtige chemische Vorprodukt vor allem mit Erdgas erzeugt.
„Wenn es uns gelingt, Kohlendioxid als Rohstoff zu erschließen, würden wir nicht nur einen erheblichen Beitrag zur Verminderung des CO2-Fußabdrucks leisten, sondern wir würden uns auch eine völlig neue Art der Chemie zunutze machen“, betonte Professor Dr. Robert Frank, Evonik-Forscher und Koordinator des Projekts „PlasCO2“.
Bislang haben Evonik und seine Partner den Plasma-Prozess in kleinem Maßstab im Labor getestet und dabei Erfolge erzielt. Die Grundlagenforschung soll perspektivisch ausgeweitet werden. In rund vier Jahren wollen die Partner eine große Pilotanlage bauen. Dabei soll ein besonderes Augenmerk auf die Berechnung der Ökoeffizienz und Wirtschaftlichkeit gelegt werden.
Mein Fazit für Sie
Evonik könnte hier an etwas ganz Großem dran sein. Sollte sich CO2 tatsächlich auch unter ökonomischen Gesichtspunkten als Rohstoff für die Chemiebranche eignen und bewähren, wäre das eine der wohl wichtigsten Errungenschaften dieses Industriesektors seit Jahrzehnten.
Die Voraussetzungen jedenfalls sind gegeben. Immer mehr Industriekonzerne wollen ihre Abgase einsammeln und das CO2 abscheiden. Bislang war vorgesehen, das Kohlendioxid dann unter der Erde endzulagern. Sollte Evonik Erfolg haben, könnte dem abgeschiedenen CO2 endlich ein echter Sinn gegeben werden.
Die langfristige Perspektive der Evonik-Aktie hat sich durch das Projekt „PlasCO2“ meiner Meinung nach deutlich verbessert. Natürlich sollten Sie als Anleger berücksichtigen, dass das Ganze noch in den Kinderschuhen steckt und scheitern könnte.