BP-Aktie: Energiewende adieu? Wie geht es jetzt weiter?

Inhaltsverzeichnis

Haben Sie sich das auch schon gefragt: Wo geht die Reise für die großen Ölkonzerne eigentlich hin? Wird Big Oil sein Geschäft mit den fossilen Brennstoffen zugunsten der Energiewende aufgeben – oder werden die Mega-Konzerne einfach weitermachen wie bisher? Nun gibt es in dieser Sache ein Update, und zwar vom britischen Branchenvertreter BP.

BP im Spannungsfeld zwischen Fossilen und Öko-Wende

Dessen CEO Murray Auchincloss rückt derzeit im Unterschied zu seinem Vorgänger Bernard Looney die kurzfristigen Aktionärsrenditen in den Fokus und akzentuiert damit die Bedeutung des traditionellen BP-Geschäfts. Heißt: Auchincloss forciert mehr Wachstum bei den fossilen Energieträgern, die immer noch das profitabelste Standbein des Konzerns sind, und kürzt deshalb die Ausgaben rund um die ökologischen Technologien.

Hintergrund: Noch 2020 hatte BP das bis dahin ambitionierteste Dekarbonisierungs-Programm der großen Ölkonzerne vorgelegt. Damals hatte Looney betont, die Produktion im fossilen Geschäft bis 2030 um 40 % gegenüber 2019 zu reduzieren und die Erneuerbaren schnell auszubauen. Im Februar 2023 kürzte das Management das Reduktionsziel dann auf 25 % gegenüber 2019. BP würde somit bis Ende der 20er-Jahre noch 2 Millionen Barrel Öläquivalent pro Tag produzieren.

Öl und Gas: Auchincloss streicht Reduktionsziel offenbar komplett

Nun berichtet die Nachrichtenagentur Reuters, dass der seit Januar amtierende, neue Konzernchef Auchincloss auch diese bereits reduzierte Zielsetzung über Bord geworfen hat. Demnach hat das Management kürzlich das Ziel, die Öl- und Gasproduktion zu drosseln, vollständig zu den Akten gelegt. Reuters beruft sich hierbei auf Insiderangaben. Und: Statt bei den Fossilen auf die Bremse zu drücken, will Auchincloss das Wachstum offenbar noch weiter ausbauen.

BP strebt laut Reuters mehrere Neuinvestitionen im Golf von Mexiko und im Nahen Osten an. Das allgemeine Klimaziel, bis 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen, soll allerdings bestehen bleiben. Die Richtung des Konzern sei die gleiche, so ein Sprecher. Jedoch werde BP künftig als einfacheres, zielstrebigeres und höherwertigeres Unternehmen liefern.

BP-Aktie im Vergleich zur Konkurrenz eher schwach

Der Sprecher spielt damit möglicherweise auf die zuletzt eher unterdurchschnittliche Aktienentwicklung an. Zwar hat die BP-Aktie kürzlich von der Eskalation des Nahost-Konflikts profitiert, blieb auf 3-Jahres-Sicht aber deutlich hinter der Konkurrenz zurück. Im Chart sehen Sie den Zuwachs der BP-Aktie seit Anfang Oktober 2021 (Stand: 07.10.2024, 10:00 Uhr, Börse Stuttgart):

Quelle: www.aktienscreener.com

Zum Vergleich: Die anderen vier großen westlichen Öl-Player legten in dem Zeitraum allesamt deutlich stärker zu. Shell steht zum oben genannten Zeitpunkt mit 55 % im Plus, TotalEnergies mit 46 %, Chevron mit 50 % und der US-Primus ExxonMobil gar mit 116 %.

Nun soll eine stärkere Hinwendung in Richtung fossiler Brennstoffe diesen Renditeabstand verringern. Ob das gelingen wird, bleibt zunächst aber fraglich. Trotz der enormen Eskalation im Nahen Osten blieb der Ölpreis bis Montagvormittag einigermaßen stabil. Es gab zwar Zuwächse, diese blieben im Vergleich zu vergangenen Eskalationsphasen in der Region aber eher gering.

Experten erwarten, dass selbst ein möglicher Wegfalls des Irans als Öllieferant den Weltmarkt nicht ins Chaos stürzen würde, sondern die anderen Akteure – allen voran Saudi-Arabien und die USA – dann ihren Output einfach noch mehr steigern würden als ohnehin schon geplant. Die Saudis etwa wollen trotz der Konjunktursorgen in einigen Volkswirtschaften ihre Ölförderung wieder steigern, um Marktanteile auf Kosten der Gewinnmargen zu generieren. Gut möglich, dass Saudi-Arabien dadurch wieder näher an die USA heranrücken will, die zuletzt zum größten Ölproduzent der Welt aufgestiegen sind.

Das sind die neuen Öl-Investitionen von BP

Die Preisperspektive für BP ist also durchaus von Unsicherheiten geprägt. Der Konzern jedenfalls will ungeachtet der politischen Querelen investieren, und zwar auch im Nahen Osten. Nach Reuters-Angaben führt das Management aktuell Gespräche über drei neue Projekte im Irak. BP ist in dem Land traditionell stark engagiert. Zudem erörtert BP aktuell die Sanierung von Ölfeldern in Kuwait.

Im Golf von Mexiko forciert der Konzern weiterhin sein Kaskida-Projekt. Zu der geplanten Offshore-Plattform, die das sechste Drehkreuz von BP im Golf von Mexiko sein soll, hat das Management erst im Juli eine finale Investitionsentscheidung getroffen. Zu dem ebenfalls dort befindlichen Projekt Tiber soll es im kommenden Jahr eine Investitionsentscheidung geben.

Laut Reuters fasst BP zudem Investitionen im Perm-Schieferbecken in den USA ins Auge. Dort hatte es zuletzt mehrere Übernahmen und Deals anderer Player gegeben. BP könnte in dem öl- und gasreichen Gebiet nun offenbar ebenfalls Vermögenswerte zukaufen, um sein US-Onshore-Geschäft zu erweitern.

Mein Fazit für Sie

Ähnlich wie es aktuell auch in anderen Sektoren zu beobachten ist, gehen die großen Ölkonzerne die Energiewende inzwischen deutlich langsamer an. Vor BP hatten bereits auch die anderen großen europäischen Konkurrenten angekündigt, kleinere Brötchen in Sachen Dekarbonisierung zu backen. Dass BP nun nachzieht, ist deshalb kaum verwunderlich und aus Wettbewerbssicht bzw. mit Blick auf den relativ schwachen Aktienkurs wohl auch dringend geboten.

Trotz der Widerstände im Öl- und Gasbereich sind die Fossilen immer noch deutlich gewinnträchtiger als die ökologischen Technologien, deren hoher Investitionsaufwand durch gestiegene Kosten und Zinssätze zuletzt massiv an der Rentabilität nagte.

Die Strategie von CEO Auchincloss könnte den Aktienkurs von BP somit meiner Meinung nach durchaus beleben – zumindest auf kurz- bis mittelfristige Sicht. Inwieweit hingegen eine Verlangsamung der Öko-Engagements die langfristige Zukunftsfähigkeit des Konzerns beeinträchtigt, wird die Zeit zeigen. Als Anleger sollten Sie dieses Thema definitiv auf dem Schirm behalten.