Bieterwettstreit um Spirent: Keysight überbietet Viavi

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Am Gründonnerstag (28.03.2024) gab der britische Anbieter von Prüf- und Messtechnik für Kommunikationsnetze, Spirent Communications plc, bekannt, dass das Unternehmen eine Übernahmevereinbarung mit dem US-amerikanischen Mitbewerber Keysight Technologies unterzeichnet hat.

Gleichzeitig teilte das Spirent-Direktorium mit, dass es seine zuvor gemachte Empfehlung für ein Übernahmeangebot der US-amerikanischen Viavi Solutions zurückziehe. Der Grund für diesen Rückzieher liegt auf der Hand: Keysight Technologies hat für die Spirent-Übernahme deutlich mehr geboten als Viavi Solutions.

Bevor ich jedoch auf weitere Details des Bieterwettstreits eingehe, möchte ich Ihnen die hierzulande nur in Insiderkreisen bekannten Unternehmen vorstellen.

Die beteiligten Unternehmen im Fokus

Die im südenglischen Crawley (45 km südlich von London) ansässige Spirent Gruppe ist ein weltweit führender Anbieter von automatisierten Test- und Sicherungslösungen für

Telekommunikationsnetzwerke, Cybersicherheit und Ortung. Spirent beschäftigt weltweit mehr als 1.500 Mitarbeiter und hat etwa 1.100 Kunden in über 50 Ländern.

Im Geschäftsjahr 2023 erwirtschaftete das Unternehmen einen Umsatz von 474 Mio. US-Dollar (USD). Der operative Gewinn (EBIT) lag bei 23,8 Mio. USD.

Die im kalifornischen Santa Rosa (80 km nördlich von San Francisco) beheimatete Keysight Technologies, Inc. ist ein führender Anbieter von elektronischen Design- und Testlösungen, die u.a. in den Bereichen Kommunikation, Netzwerke sowie Luft- und Raumfahrt Anwendung finden.

Das weltweit tätige Unternehmen beschäftigt etwa 15.500 Mitarbeiter, die im Geschäftsjahr 2023 einen Umsatz von 5,46 Mrd. USD erwirtschaftet haben. Das EBIT lag bei etwa 1,44 Mrd. USD. Keysight hat auch mehrere Niederlassungen in Deutschland.

Die 1923 gegründete in Viavi Solutions Inc. ist in Chandler, Arizona (Großraum Phoenix) ansässig. Das Unternehmen zählt laut eigenen Angaben zu den weltweit führenden Anbietern von Prüf- und Messtechnik für Kommunikationsnetze sowie von optischen Technologien.

Viavi beschäftigt mehr als 3.600 Mitarbeiter, die im Geschäftsjahr 2023 einen Umsatz von 1,1 Mrd. USD erzielt haben. Das EBIT lag bei 85,3 Mio. USD. Auch Viavi hat mehrere Tochtergesellschaften in Deutschland.

Viavi Solutions bietet 1 Mrd. Pfund für Spirent

Am 05.03.2024 gab Viavi Solutions bekannt, dass es eine Übernahmevereinbarung mit Spirent Communications unterzeichnet hat. Danach bietet Viavi 172,5 britische Pence (GBp) in bar zzgl. einer Sonderdividende von 2,5 GBp je Spirent-Aktie. Die Offerte bewertet Spirent mit 1,005 Mrd. britischen Pfund (GBP – etwa 1,17 Mrd. Euro).

Keysight bietet deutlich mehr

Am 28.03.2024 teilte Keysight Technologies mit, dass es ein Übernahmeangebot für Spirent unterbreitet hat, dass deutlich höher als das Viavi-Angebot ausgefallen ist. Konkret bietet Keysight den Spirent-Aktionären 199 britische Pence (GBp) in bar zzgl. einer Sonderdividende von 2,5 GBp je Spirent-Aktie. Unter dem Strich bietet Keysight somit 26,5 GBp bzw. 15% mehr für die Spirent-Aktie als Viavi.

Insgesamt bewertet das Keysight-Angebot Spirent mit 1,158 Mrd. GBP (etwa 1,35 Mrd. Euro). Die Keysight-Offerte beinhaltet eine stolze Übernahmeprämie von 85,9% bezogen auf den Kurs der Spirent-Aktie vom 04.03.2024, dem letzten Börsentag vor Bekanntgabe des Viavi-Angebots.

Spirent gibt Keysight den Zuschlag

Spirent erklärte am 28.03.2024 in einer Pressemitteilung, dass das Unternehmen eine Übernahmevereinbarung mit Keysight unterzeichnet hat und die neue Übernahmeofferte unterstütze. Gleichzeitig erklärten die Spirent-Direktoren, dass sie die zuvor getätigte Empfehlung für die Viavi-Offerte zurückgezogen haben.

Viavi reagiert mit Enttäuschung

Die ausgebootete Viavi Solutions Inc. reagierte prompt und teilte in einer kurzen Pressemitteilung am Karfreitag (29.03.2024) mit, dass sie das Konkurrenz-Angebot von Keysight und die Reaktion von Spirent zur Kenntnis nehme.

Durch den geplanten Zusammenschluss würde in vielen Segmenten eine Monopolsituation entstehen, die sich zum Nachteil der Kunden auswirken werde, so Viavi weiter. Von einer denkbaren Nachbesserung des eigenen Angebots war in der Viavi-Pressenotiz jedoch keine Rede.

So reagierte die Börse

Am Gründonnerstag, dem Tag der Bekanntgabe des Keysight-Angebots, sprang der Kurs der Spirent-Papiere an der Londoner Börse (LSE) um 11,7% in die Höhe. Bei Börsenschluss lag der Kurs bei stolzen 200 GBp und damit nur minimal unter den von Keysight gebotenen 201,5 GBp. Die Anleger sind offensichtlich der Meinung, dass die Keysight-Offerte ohne Probleme umgesetzt werden wird.

Der Keysight-Kurs blieb an der New Yorker Börse NYSE nahezu unverändert. Ganz anders sah es allerdings bei dem Verlierer des Bieterwettstreits Viavi aus. Der Kurs des abgewiesenen Übernahmekandidaten fiel am 28.03.2024 an der Nasdaq um 5,11% auf 9,09 USD.

So soll es weitergehen

Die Transaktion ist unter anderem abhängig von der Zustimmung der erforderlichen Mehrheit der Spirent-Aktionäre bei der demnächst stattfindenden Gerichtsversammlung und der Spirent-Hauptversammlung. Die Mindestannahmeschwelle wurde auf 75% des stimmberechtigten Stammkapitals festgelegt.

Zusätzlich bedarf die Transaktion noch der Zustimmung der Aufsichtsbehörden in den Vereinigten Staaten, dem Vereinigten Königreich, Frankreich und Deutschland. Darüber, wann die Übernahme abgeschlossen werden wird, haben die Unternehmen keine Angaben gemacht.