Atos: Französischer IT-Riese regt Kaufinteresse
Die Entwicklung der Atos-Aktie ist ein Trauerspiel. Mussten Anleger im Oktober 2017 für einen Anteilschein noch über 130 Euro auf den Tisch legen, ist die Aktie momentan für rund 2 Euro zu haben. Daran ändert auch das Interesse mehrere Kaufinteressenten für den hochverschuldeten französischen IT-Konzern wenig. Die Aktie konnte bislang nur kurzfristig von der bevorstehenden geplanten Übernahme profitieren.
Wer hinter dem Atos-Konzern steckt
Bevor wir auf das aktuelle Übernahmeinteresse im Detail kommen, möchte ich Ihnen erst einmal das Objekt der Begierde näher vorstellen: Die Atos SE ist ein weltweit führender Anbieter von Technologien rund um die Cloud, dem digitalen Arbeitsplatz, der digitalen Sicherheit sowie Dekarbonisierung.
Das Angebot umfasst im Einzelnen Kommunikationsdienste (Festnetz- und Mobilfunk für Verbraucher und Unternehmen), Geräte (PCs und Tablets, Mobiltelefone und Drucker), Unternehmenssoftware (einschließlich Sicherheitssoftware), Systeme für Rechenzentren (incl. Server, externe controllerbasierte Speicher, Netzwerk Ausrüstung und Unified Communications) und IT-Dienstleistungen.
Die Geschäfte schwächeln…
Operativ lief es zuletzt alles andere als geschmiert. Nach einem Umsatzrückgang im ersten Quartal um 11% auf 2,48 Milliarden Euro hat Atos kürzlich auch seine Aussichten für das Gesamtjahr nach unten geschraubt. Statt 9,9 Milliarden Euro erwarten die Franzosen nur noch einen Umsatz von 9,8 Milliarden Euro. Das entspricht einem organischen Umsatzrückgang von 3,3%. Abstriche macht die Konzernführung auch bei der operativen Gewinnmarge. Statt 4,3% peilt das Management nur noch 2,9% beziehungsweise 300 Millionen Euro an.
….und die hohe Verschuldung sorgt für Gegenwind
Auch ein Blick in die Bilanz fällt durchwachsen aus. Nach mehreren Zukäufen ist das einzige Vorzeigeunternehmen mit 112.000 Beschäftigten in Schieflage geraten und benötigt dringend liquide Mittel. Atos braucht für die Finanzierung des Geschäfts in den nächsten zwei Jahren 1,1 Milliarden Euro an Bargeld sowie zusätzlich 300 Millionen an neuen Krediten und 300 Millionen Euro an Bankgarantien. Gleichzeitig müssen Schulden abgebaut werden: Ende März betrug die Nettoverschuldung 3,9 Milliarden Euro.
Potenzielle Investoren geben Angebote ab
Nun haben potenzielle Käufer die Zeit genutzt, um Offerten bei Atos zu platzieren. Darunter ein Konsortium aus Atos’ Hausbanken, der größte Atos-Aktionär One Point und der tschechische Milliardär Daniel Kretinsky mit Attestor Limited. Eine Offerte des US-Finanzinvestors Bain Capital habe die Führung des französischen Konzerns derweil verworfen. Parallel dazu verhandele man weiter mit der französischen Regierung über einen Verkauf strategisch wichtiger Geschäftsbereiche wie Cybersicherheit und Supercomputer.
Insgesamt hat Atos vier Angebote erhalten, die den Rahmen für die Diskussionen mit den Stakeholdern über eine Umstrukturierung bilden sollen.
Restrukturierung führt zu starker Verwässerung
Eine Einigung über eine für Finanzgläubiger akzeptable Lösung zur finanziellen Restrukturierung des IT-Dienstleisters ist für den 31. Mai angestrebt. Die endgültige Einigung soll bis Juli 2024 erzielt werden. Der Konzern rechnet durch die Sanierung mit einer starken Verwässerung der Altaktionäre. Die Anleger verfolgen die Situation offenbar erst einmal von der Seitenlinie. Der vorübergehende Kursanstieg ist mittlerweile wieder verpufft. Gestern ging die Aktie mit einem Minus von 2% aus dem Handel.