China profitiert von Russland-Rückzug westlicher Firmen
Seit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine haben sich die meisten westlichen Firmen aus Russland zurückgezogen. Milliardenschwere Abschreibungen schlugen sich in den Bilanzen nieder, dennoch war für die meisten Unternehmen der Abschied vom Russland-Geschäft vergleichsweise gut verschmerzbar. Andere Märkte wie Europa, China, Brasilien oder Nordamerika sind wesentlich wichtiger für Absatz und Umsatz.
Russischer Automarkt bricht ein – 60 Prozent weniger Neuzulassungen
Ein besonders drastisches Beispiel zeigt sich am Automobilmarkt. Die Zahl der Neuzulassungen von Fahrzeugen in Russland gingen im vergangenen Jahr um satte 60 Prozent zurück – weil viele Hersteller dem Land nach dem 24. Februar den Rücken gekehrt haben und zudem Exportverbote und weitere Wirtschaftssanktionen in Kraft traten, etwa von Seiten der Europäischen Union oder der USA.
Andere Länder dagegen unterhalten weiterhin florierende Handelsbeziehungen mit Russland – und haben sich auch politisch bislang nicht oder nur zaghaft gegen den Kreml und Machthaber Wladimir Putin gestellt. Allen voran Indien und China, die beiden bevölkerungsreichsten Staaten der Erde, zählen zu den Profiteuren der Entfremdung Russlands vom Westen.
Chinesische Hersteller bauen Marktanteil aus
Beide freuen sich über russische Energielieferungen, die sie nun besonders günstig bekommen – denn Russland ist froh, überhaupt noch Abnehmer zu finden. Zugleich haben sich chinesische Autohersteller den russischen Absatzmarkt erschlossen – und ihre Marktanteile dort zuletzt kräftig ausgebaut.
Insgesamt kommen Fahrzeuge chinesischer Hersteller im vergangenen Jahr auf einen Marktanteil von 17 Prozent in Russland – mit steigender Tendenz, wie der Blick auf die Januarzahlen von diesem Jahr belegen. Inzwischen liegt ihr Anteil bei 38 Prozent.
Lücke längst nicht geschlossen
Die Lücke, die westliche, koreanische und japanische Hersteller mit ihrem Rückzug hinterlassen haben, konnten die chinesischen Anbieter bislang jedoch bei weitem nicht schließen. Auch im Januar lag die Zahl der Neuzulassungen von Fahrzeugen in Russland noch rund 63 Prozent unter dem Wert des Vergleichszeitraums im Vorjahr.
Der Automobilsektor ist nur ein Beispiel unter vielen, wie insbesondere China versucht, Nutzen aus der Krise zu ziehen. Während man sich in Europa kaum eine Rückkehr zum Status quo ante in den Geschäftsbeziehungen mit Russland vorstellen kann, gibt man sich in Peking betont Kreml-freundlich.
China hat keine Angst vor Sanktionen
Mit Sanktionen aus Europa braucht man im Reich der Mitte auch erst einmal nicht zu rechnen. Zwar mehren sich die Stimmen, die vor einer allzu starken wirtschaftlichen Abhängigkeit warnen – doch für einen Rückzug aus China sind europäische und vor allem deutsche Firmen dort längst viel zu verflochten. Allein die deutschen Autobauer machen längst rund ein Drittel ihrer Umsätze in Fernost.
Was in Russland noch gut verschmerzbar und in ein bis zwei Quartalsbilanzen ausgestanden war, hätte im Falle von China eine ganz andere Dimension. Dementsprechend inständig hoffen Unternehmensvorstände wie Spitzenpolitiker hierzulande, dass China mit Taiwan nicht eines Tages ähnlich verfährt wie Russland mit der Ukraine.