Aktienkauf ab 7:30 Uhr: Warum hier Vorsicht geboten ist
Sind Sie Frühaufsteher? Dann klingt die Botschaft der Börsen Düsseldorf und Gettex, des elektronischen Ablegers der Bayerischen Börse AG, zunächst erfreulich für Sie. Beide bieten seit Anfang März erweiterte Handelszeiten an.
Aktien und andere Wertpapiere können Sie dort jetzt bereits ab 7:30 Uhr ordern. Doch Achtung, das bringt Ihnen nicht unbedingt nur Vorteile. Denn bei manchen Aktien zahlen Sie einen hohen Preis, wenn Sie die erweiterten Handelszeiten in Anspruch nehmen.
Öffnungszeiten der kleineren Börsen teils sehr lange
Es ist schon auffallend: Ausgerechnet der umsatzstärkste und größte Börsen-Handelsplatz in Deutschland, die elektronische Börse Xetra, hat die kürzesten Öffnungszeiten. Der Handel dort findet montags bis freitags von 9:00 bis 17:30 Uhr statt. Das ist nicht gerade lang.
Betrachten wir zum Vergleich die verschiedenen Regionalbörsen und ihre elektronischen Ableger: Quotrix und Gettex starten um 7:30 Uhr und ermöglichen einen Handel ist bis 22 bzw. 23 Uhr. Die ebenfalls elektronische Börse Tradegate ist von 8:00 bis 22:00 Uhr geöffnet, das gilt auch für die Regionalbörsen Frankfurt, Stuttgart, Hamburg, Hannover und Berlin. Die Börse München bietet einen Handel von 8:00 bis 20:00 Uhr an.
Manche dieser Börsen bieten für bestimmte Wertpapiere, zum Beispiel Anleihen oder Derivate (Optionsscheine, Zertifikate) abweichende Handelszeiten an. Aber bleiben wir der Einfachheit halber heute bei den erweiterten Handelszeiten für Aktien und der Frage, warum es nicht immer ratsam ist, sie auszuschöpfen.
Achten Sie auf die Kursstellung
Beim Kauf oder Verkauf von Aktien möchten Sie einen guten Kurs bekommen. Also einen möglichst niedrigen Preis beim Kauf und einen möglichst hohen Preis beim Verkauf.
Die Börsen sorgen dafür, dass Ihre Order während der Öffnungszeiten schnell ausgeführt wird. Dazu werden alle vorliegenden Orders miteinander abgeglichen. Liegen viele (gegenläufige) Orders vor, führt das zu einem guten, sprich marktnahen Kurs. Doch manchmal fehlt es an den passenden Gegenorders.
In solchen Fällen springt ein Börsenmakler ein, der Ihnen auf eigenes Risiko die jeweiligen Aktien ver- oder abkauft. Bei elektronischen Handelssystemen wie Xetra, Quotrix oder Tradegate bekommen Sie auf digitalem Wege ein passendes Angebot.
Versetzen Sie sich einmal in die Lage eines Börsenmaklers: Fehlt das Gegenangebot eines Anlegers zu Ihrer Order, muss er sie ausführen. Denn das ist sein Job, am Markt für Liquidität (jederzeitige Handelbarkeit) zu sorgen.
Er muss aber das Risiko zunächst auf eigene Kappe nehmen. Er weiß dann aber nicht, zu welchem Kurs er die Aktien, die er gerade an Sie (leer)verkauft hat, später wieder kaufen kann. Auch weiß er nicht, welchen Preis ein Abnehmer zahlen wird, der ihm die gerade von Ihnen gekauften Papiere später wieder abkauft.
Die größte Sicherheit und eine laufende Kursstellung hat er, wenn die umsatzstärksten Börsen (Referenzbörsen) geöffnet haben und fortlaufend neue Orders für marktnahe Preise sorgen. Doch außerhalb dieser Zeiten besteht für ihn ein erhebliches Risiko, dass sich die Kurse zwischenzeitlich ändern. Das kann er nur reduzieren, indem er einen Zuschlag verlangt.
Er wird also den Kaufkurs Ihrer Aktie herauf bzw. den Verkaufskurs herabsetzen. In der Fachsprache ist hier von „erweiterten Spreads“ die Rede, sprich von einem größeren Abstand zwischen Bid und Ask. Damit können ihm schnelle Kursänderung nicht so schnell Verluste bescheren.
Fazit: Es ist nicht egal, wann Sie welche Aktien handeln
Zu Zeiten, in denen Aktien kaum gehandelt werden, sind die Spreads teils erheblich ausgeweitet. Entscheidend sind die Referenzbörsen, also diejenigen Börsen, an denen der größte Umsatz mit den entsprechenden Aktien stattfindet.
Deutsche und europäische Aktien sollten Sie daher vorzugsweise während der Xetra-Kernhandelszeiten kaufen, also zwischen 9:00 Uhr und 17:30 Uhr. Für US-amerikanische Aktien sind die Öffnungszeiten der New Yorker Börse NYSE maßgeblich. Sie startet aufgrund der Zeitverschiebung erst um 15:30 Uhr nachmittags und endet um 22 Uhr mitteleuropäischer Zeit (MEZ). Mit den entscheidenden Handelsplätzen in Asien, etwa der Börse Tokio oder Shanghai gab es in Deutschland bislang keine Überschneidung. Der Handel startet um 2:00 Uhr bzw. 2:30 Uhr nachts dauert bis 8:00 Uhr morgens.
Durch die erweiterten Handelszeiten bei Gettex und Quotrix haben Sie jetzt aber ein halbstündiges Fenster am Morgen, an dem einige Referenzbörsen für asiatische Werte geöffnet haben. Dafür können Sie den frühmorgendlichen Handel nutzen.
Falls Sie keinen Handlungsdruck haben, sondern nur eine ohnehin geplante Order ausführen wollen, sieht meine Empfehlung wie folgt aus: Kaufen Sie vor 9:00 Uhr keine deutschen oder europäischen Aktien, sonst bekommen Sie womöglich einen schlechten Kurs. Das lässt sich allenfalls verhindern, indem Sie ein Limit setzen, also einen Höchstpreis (beim Kauf) oder einen Mindestpreis (beim Verkauf) vorgeben. Dann aber kann es durchaus sein, dass Ihre Order erst weitaus später ausgeführt wird.