Aktiencrashs: Was bringen Ihnen Stop-Loss-Marken?

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Kurz vor der US-Wahl zucken die Aktienkurse unentschlossen hin und her. Wer gewinnt die Wahl, und wie reagiert die Börse auf den Wahlausgang? Ich muss ganz offen sagen: Wer die Wahl gewinnt und wie die ersten Reaktionen ausfallen, kann Ihnen heute noch niemand sagen.

Aber: Kurzfristig können die Kursschwankungen zunehmen. Daher stellen sich einige Anleger die Frage: Sollte man sich jetzt noch mit Stop-Loss-Marken gegen einen möglichen Mini-Crash nach der US-Wahl absichern? Zuletzt brachte diese Absicherungsstrategie schlechte Ergebnisse.

Noch nicht einmal drei Monate sind seit dem Mini-Aktiencrash Anfang August vergangen. Und kurze Zeit später präsentierte sich die Börse wieder, als wäre alles in bester Ordnung. Die großen Indizes wie Dax und Dow Jones haben jetzt im Herbst sogar neue Allzeithochs erreicht. Es geht in der Tendenz wieder aufwärts, und die Börsianer atmen auf.

Einige Anleger dürften sich aktuell allerdings ziemlich ärgern. Sprich, diejenigen, die ihre Aktien mithilfe von Stop-Loss-Orders „abgesichert“ haben. Denn: Deren Aktien dürften im August zum Tiefpunkt verkauft worden sein; und folglich profitierten die ehemaligen Besitzer im Herbst nicht mehr von der Erholung. Stop-Loss-Orders sind daher mit Vorsicht zu genießen. Lesen Sie im Folgenden, was Stop-Loss-Orders sind und warum sie die gewünschte Absicherung oft nicht bieten.

Was Stop-Loss-Orders sind

Stop-Loss-Orders sind Verkaufsorders, die erst ausgeführt werden, wenn eine bestimmte Bedingung erfüllt ist. Diese Bedingung lautet: „Verkaufe das Wertpapier, sobald die von mir eingegebene Stop-Loss-Marke erreicht oder unterschritten ist.“

Die Stop-Loss-Marke definiert also der Anleger selbst. Sie soll 10 bis 30 Prozent unterhalb des aktuellen Börsenkurses liegen, so lautet eine gängige Empfehlung. Solange der Aktienkurs steigt, seitwärts tendiert oder allenfalls leicht sinkt, passiert nichts. Nur bei starken Kursverlusten wird die betreffende Aktie verkauft. Als Eingabe erlaubt ist ein fester Kurs, beispielsweise 85 Euro bei einem aktuellen Aktienkurs von 100 Euro. Möglich ist oft aber auch eine Prozentzahl, also Verkauf bei 15 Prozent Kursverlust, was in diesem Beispiel auf dasselbe hinausläuft.

Bei klassischen Stop-Loss-Orders muss die eingegebene Verkaufs-Schwelle von Zeit zu Zeit an das gestiegene Kursniveau angepasst werden. Die Alternative lautet Trailing-Stop-Loss-Order. Da kümmert sich die Depot-Bank beziehungsweise Börse automatisch um eine Anpassung an gestiegene Kurse.

Gedacht sind beide Formen von Stop-Loss-Orders als Absicherung: Fallen die Märkte, soll ein rechtzeitiger Verkauf verhindern, dass die Aktie noch weitere Verluste erleidet. Leider aber funktioniert das in der Praxis häufig nicht – und schuld daran ist auch ein verbreitetes Missverständnis unter Anlegern.

Stop-Loss-Schwelle ist keine Preisuntergrenze

Jüngst rief mich ein Leser in der Sprechstunde an. Er war ziemlich sauer: Eine seiner Aktien sei aufgrund seiner Stop-Loss-Order verkauft worden. Der Verkaufspreis habe allerdings weit unter der von ihm gesetzten Stop-Loss-Schwelle gelegen. Wie das denn angehen könne. Er sei drauf und dran, sich bei der Handelsüberwachungsstelle zu beschweren.

Ich musste ihm abraten. Das würde nichts bringen, denn die Börse hat alles richtig gemacht. Er hatte falsche Erwartungen. Der eingegebene Stop-Loss-Kurs definiert lediglich, wann eine Verkaufsorder ausgelöst wird: just dann, wenn der Börsenkurs der betreffenden Aktie erreicht oder unterschritten wird. Der Stop-Loss-Kurs ist aber keine Preisuntergrenze. Verkauft wird ganz einfach zur nächsten festgestellten Kursnotierung an der Börse. Ab dem Auslösezeitpunkt verwandelt sich die schwebende Stop-Loss-Order in eine ganz normale Verkaufs-Order mit dem Orderzusatz „Bestens“. Der Verkaufskurs kann bei kurzfristigen Crashs schon weit darunter liegen.

Mein Rat: Mentale Stop-Loss-Marken sind besser

Noch ein zweites Problem haben Stop-Loss-Orders: Sie fragen bei Kursstürzen nicht nach dem Warum. Sie verkaufen allein aufgrund der gefallenen Kurse. Fallen Aktienkurse aber lediglich aufgrund einer allgemeinen Marktschwäche, würde ich nicht verkaufen. Die Wahrscheinlichkeit ist extrem groß, dass sie sich wieder erholen. Das ist jüngst auch binnen kürzester Zeit geschehen.

Ich rate Ihnen stattdessen: Legen Sie für Ihre Aktien mentale Stop-Loss-Schwellen fest. Auch diese sollten, je nach Schwankungsanfälligkeit des Titels, 10 bis 30 Prozent unter dem aktuellen Kurs liegen. Überprüfen Sie regelmäßig, ob eine Ihrer Aktien darunter gefallen ist. Falls ja, prüfen Sie den Grund: Schwächelt der Gesamtmarkt oder ein Marktsegment (aktuell zum Beispiel Nebenwerte), gibt es keinen Grund für einen sofortigen Verkauf, wenn die fundamentalen Daten des Unternehmens noch gut sind.

Schwächelt aber die einzelne Aktie oder die zugehörige Branche, suchen Sie nach der Erklärung: Haben sich die Aussichten dauerhaft eingetrübt oder gibt es massive Risiken, dann verkaufen Sie. Falls nicht, lohnt es sich, auf eine Kurserholung zu warten.